Harmonie von Kunstwerken und Räumen -
Wilhelm von Bodes berühmtes Ausstellungskonzept wurde auf der Berliner Museumsinsel neu belebt und fortentwickelt



In der Großen Kuppelhalle reitet der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm, dem die Berliner Museen viel verdanken.



Aus Ravenna stammt ein spätantikes Apsismosaik, das schon 1904 im Kaiser-Friedrich-Museum eingebaut war. (Fotos: Caspar)

Nach siebenjähriger Sanierung und Restaurierung ist vor kurzem das Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel neu eröffnet worden. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt und danach so gut repariert, wie man es gerade konnte, wies der Prachtbau erhebliche Schäden auf. Hinter kaiserzeitlichen Prunk fand man gefährlich feuchte Wände und korrodiertes Eisen. Die besorgniserregenden Schäden wurden in Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt so behoben, dass dem Haus, das wie die anderen Gebäude auf der Museumsinsel auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht, keine Gewalt angetan wurde. In dem über hundert Jahre alten, von Dach bis Keller renovierten und mit neuester Museumstechnik ausgestatteten Kuppelbau präsentieren die Skulpturensammlung, das Museum für Byzantinische Kunst und das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz ihre Schätze. Beteiligt mit einer Auswahl von Meisterwerken von der Gotik bis zum Klassizismus ist auch die Gemäldegalerie. Sie hat ein eigenes Haus am Kulturforum im Bezirk Tiergarten, soll aber in den kommenden Jahren wieder an ihren historischen Standort, die Museumsinsel, zurückkehren.

Als das nach dem früheren Museumsdirektor Wilhelm von Bode (1848-1929) benannte Bode-Museum am 18. Oktober 1904 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. feierlich eingeweiht wurde, hieß es Kaiser-Friedrich-Museum und wurde von der Kunstkritik nicht gerade freundlich aufgenommen. Die Namensgebung war eine Reverenz an den 1888 nach nur 99 Regierungstagen verstorbenen Kaiser Friedrich III., den Vater Wilhelms II. Als Kronprinz hatte Friedrich viel für die Entwicklung der Berliner Museen geleistet, und da ist es nicht verwunderlich, dass sein vergoldetes Porträt neben dem anderer Hohenzollernherrscher die überkuppelte Eingangshalle schmückt. Um die Bezüge zu ihrem Mäzen zu verdeutlichen, erhielt das jetzt neu eröffnete Haus an der Spitze der Museumsinsel den noch ein wenig gewöhnungsbedürftigen Namen „Bode-Museum vormals Kaiser-Friedrich-Museum“.

Die originalgetreue Wiederherstellung der „Schatzkammer der Könige“, wie das palastartig gestaltete Haus mit zwei Kuppeln und fünf Innenhöfen bereits genannt wird, ist eine Reverenz an den kaiserlichen Hofarchitekten Ernst von Ihne (1848-1916), der in Berlin unter anderem die Staatsbibliothek und den Marstall gebaut sowie Teile des Stadtschlosses umgestaltet hat. Diesen mit allen historischen Bauformen bestens vertrauten Künstler kennt kaum jemand, sein Werk wurde über viele Jahrzehnte als ein zu vernachlässigender Stilmischmasch ohne eigenen Wert abgetan. Ihne wurde als verlängerter Arm seines in künstlerischen Dingen dilettierenden kaiserlichen Herrn, Wilhelm II., angesehen. Heute müssen Kritiker der wilhelminischen Staatsarchitektur zugeben, dass sie große Qualitäten besitzt, auch wenn sie Bauten und Dekorationen vor allem der Renaissance und des Barock nachahmt und vor allem den Zweck hatte, den machtvoll in Kunstdinge hinein regierenden Monarchen zu verherrlichen und sein „persönliches Regiment“ zu stützen.

Museumsleute, Architekten, Denkmalpfleger und Restauratoren gehen in unseren Tagen mit weniger Scheuklappen an die baulichen und künstlerischen Hinterlassenschaften der „wilhelminischen Ära“. Noch vor Jahrzehnten waren Zeugnisse dieser Hofkunst als eklektizistische Machwerke verurteilt worden. In der Kaiserzeit, als man den Monarchen nicht direkt kritisieren durfte, wurden die von ihm beauftragten Architekten, Maler und Bildhauer angegriffen, und dazu gehörte auch Ernst von Ihne. Weil man mit dieser kaiserlichen Unkunst, wie man sagte, diesem bombastischen Bauplunder nichts anfangen konnte, gab es nach dem Zweiten Weltkrieg Überlegungen, das stark beschädigte Bodemuseum ganz abzureißen. Zum Glück ließ man es stehen. Sicher ist es ein Segen, dass das Bode-Museum nicht schon vor 15 Jahren saniert und als Kunstgewerbemuseum eingerichtet wurde. Denn damals hätte man sicher zugunsten nüchterner Ausstellungssäle manche inzwischen liebevoll wiederhergestellte Raumdekoration geopfert und damit auf ein Stück Bodescher Ausstellungskonzeption verzichtet.

Das Bode-Museum ist nicht nur Ernst von Ihnes Werk, es ist auch ein Dokument für das Bemühen seines Namensgebers Wilhelm von Bode, Räume und Kunstwerke harmonisch in Einklang und damit zu höherer Geltung zu bringen. Mit diesem Ausstellungskonzept, das die Umgebung eines Kunstwerks wirken lässt, betrat der Museumsdirektor Neuland. Er schuf so genannte Themenräume, in denen er Gemälde, Skulpturen, Möbel und Kunstgewerbe gemeinsam und jedes Stück für sich zum Strahlen brachte. Das beginnt im Bode-Museum mit der überkuppelten Eingangshalle, in der eine Kopie von Schlüters Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm steht, führt weiter durch eine florentinische Basilika mit Gemälden, Skulpturen und Möbeln der italienischen Renaissance und mündet in eine zweite, kleinere Kuppelhalle in Formen des friderizianischen Rokoko, in der marmorne Generalsfiguren der Armee Friedrichs II., des Großen, aufgestellt sind. Eine elegante Treppe führt direkt zu dem Preußenkönig, der wie der Große Kurfürst ein bedeutender Sammler und Kunstförderer war.

Die Collage von Raum und Kunstwerken wird in den oberen Stilsälen mit dem Wechselspiel von Skulpturen, Gemälden, Gobelins, Möbeln und anderen Gegenständen fortgesetzt. Alles stimmt - die auf Sockeln gestellten oder an den farbig gestrichenen Wänden befestigten Kunstwerke, die immer wieder anders gestalteten Decken, die seitliche Beleuchtung, die nach alten Vorlagen wiederhergestellten Fußböden, die historischen Türeinfassungen. Wenn man Fotos von Museumsräumen aus der Kaiserzeit mit denen von heute vergleicht, dann sind letztere sparsamer, man möchte sagen eleganter ausgestattet. Wo es sich einrichten ließ, haben die Ausstellungsmacher auf Glasvitrinen verzichtet, hoffend, dass die Besucher die aufgesockelten Figuren aus Holz, Stein oder Metall nicht berühren und ihnen damit Schaden antun.

Wer durch das Bode-Museum geht, sollte sich Zeit nehmen und die Ausstellungsstücke und die Räume auf sich wirken lassen. Beim Rundgang entdeckt man dann vielleicht auch zwei Bronzebüsten auf einer Empore, von der man einen wunderbaren Blick auf die florentinische Basilika hat. Sie ehren Wilhelm von Bode und einen Zeitgenossen, den Berliner Kunstsammler und Menschenfreund jüdischen Glaubens, James Simon (1851-1932). Beide verbanden enge künstlerische und humanitäre Interessen. Simon war „der“ Mäzen der Berliner Museen schlechthin. Ohne ihn könnte man dort nicht die Büste der ägyptischen Königin Nofretete, das Ischtartor und viele andere hochrangige Zeugnisse der Menschheitsgeschichte bewundern. Wenn das Bode-Museum den Namen des berühmten Museumsmannes trägt, dann ist es nur recht und billig, dass die Staatlichen Museen das neue Eingangsgebäude für die fünf Häuser auf der Museumsinsel mit dem Namen James Simon Galerie auszeichnen. Das Bode-Museum täglich von 10 bis 18 Uhr, am Donnerstag bis 22 Uhr geöffnet, Eintritt 12, ermäßigt 6 Euro.

Helmut Caspar

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