Tücken des Tuffsteins -
Das Charlottenburger Tor wird hinter bunten Werbeplanen bis Jahresende saniert



Andreas Spindler meißelt eine Partie Tuffstein, die verrottetes Material in einer Säule des Charlottenburger Tors ersetzen soll. (Foto: Caspar)

Das Charlottenburger Tor an der Straße des 17. Juni ist noch bis Jahresende eine große Baustelle. Hinter bunten Werbeplanen sind Steinmetze und Restauratoren dabei, den Säulenbau aus empfindlichem Tuffstein zu reinigen und zu sanieren. Mit einem Mikrotrockenstrahlverfahren wird die durch Algen, Flechten, Moos und Straßendreck verunreinigte Oberfläche gesäubert. Unterschiede zwischen den geschwärzten Partien und dem aufgehellten Stein sind schon zu erkennen. Kleine Beschädigungen werden mit einem Spezialmörtel ausgebessert. Größere Partien hingegen werden komplett durch neue Steinbrocken ersetzt, die mit Schlägel und Hammer bearbeitet und dann vorsichtig eingefügt werden.

„Vor hundert Jahren wurde für das Charlottenburger Tor der damals beliebte Ettringer Tuffstein verwendet. Er ließ sich gut verarbeiten und war leichter als Sandstein. Den Steinbruch in der Eifel gibt es noch, und so steht uns das leicht hellgelbe Material mit farbigen Einschlüssen für die Ausbesserung zur Verfügung“, sagt Steinrestaurator Matthias Chronz von der Nüthen Restaurierungen GmbH. „Tuffstein ist vulkanischen Ursprungs und hat leider die unangenehme Eigenschaft, Wasser wie ein Schwamm aufzusaugen. Das führt zu Aufsprengungen bei Frost. Außerdem quillt der eingeschlossene Ton bei Feuchtigkeit auf, und es kommt zu Spannungen zwischen weichen und harten Bestandteilen. Substanzverluste sind die Folge“, beschreibt Chronz die Tücken des Tuffsteins und zeigt auf schalenförmig abplatzende Partien, die ihm wie Sand in den Fingern zerbröseln.

Das Charlottenburger Tor aus der Kaiserzeit wurde schon 1936 im Zusammenhang mit Hitlers Plänen zur Vergrößerung der Ost-West-Achse abgetragen, neu aufgebaut und repariert. In den 1960er Jahren hat man die Kolonnade umfassend von Kriegsschäden befreit und 1986 noch einmal restauriert. „Die Oberfläche wurde vor 20 Jahren mit chemischen Lösungen gefestigt, das war damals das Beste, was man einem Stein antun konnte. Heute wissen wir, daß die ein paar Millimeter tiefe Imprägnierung vor eindringendem Wasser schädlich ist. Denn die Sperrschicht verhindert den Feuchtigkeitsaustausch, der Stein kann nicht mehr atmen“, sagt Chronz. Das führe zu Abschalungen vor allem in jenen Bereichen, in die ungehindert Regen- und Schmelzwasser eindringt. Daher würden diese besonders gefährdeten Partien jetzt durch neue Kupferbleche so abgedeckt, dass Wasser schnell wieder abfließt.

Auftraggeber der Restaurierungsarbeiten am Charlottenburger Tor ist die Stiftung Denkmalschutz Berlin. Ihr Chefrestaurator der Stiftung, Stefan Grell, freut sich schon heute auf das Ergebnis der Mühen um das Charlottenburger Tor, das zuallerletzt einen Anti-Graffiti-Anstrich bekommt. „In einem dreiviertel Jahr wird die Säulenhalle einen ungewohnten Anblick bieten, hell und ohne Makel. Die beiden Königsfiguren aus grün patinierter Bronze, die auf die Siegessäule blicken, werden dann auch gereinigt und durch eine zusätzliche Wachsschicht geschützt sein“, sagt Grell. Doch weiß er, daß bis dahin noch viel Tuffstein bearbeitet und etliche hundert Quadratmeter schützendes Kupferblech verlegt werden müssen.

Helmut Caspar

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