Goldelse wird in bunte Planen gehüllt -
Untersuchung der Siegessäule im Tiergarten soll durch Werbung finanziert werden



An sich stellt die geflügelte Siegesgöttin die römische Victoria dar. Durch den Adlerhelm wird sie zur Borussia, der Personifikation Preußens. Von den Berlinern "Goldelse" genannt, grüßt sie von der Spitze der Siegessäule. (Foto: Caspar)

Die Siegessäule am Großen Stern im Tiergarten soll ab März auf mögliche Bauschäden und Standfestigkeit der Figur obenauf untersucht werden. Nötig sind die Prüfungen, weil sich Risse in dem Schaft zeigten, die genauer untersucht werden müssen. Ausserdem soll geprüft werden, ob die von dem Bildhauer Friedrich Drake modellierte Siegesgöttin, die von den Berlinern auch „Goldelse“ genannt wird, noch sicher in ihren Riesenschuhen steht. Die Maßnahme soll laut Baustadtrat Dirk Lamprecht durch Vermietung von bunten Werbeplanen finanziert werden. Zu vergeben sind vier Flächen, die neun Meter breit und 36 Meter hoch sein sollen. Ob und wie die Siegessäule saniert wird, hänge von den Ergebnissen der Prüfungen ab, die vor der Fußball-WM im Juni abgeschlossen werden sollen.

Das auch „Siegesspargel“ genannte Denkmal, das man innen besteigen kann, um von der Plattform in 50 Metern Höhe einen herrlichen Rundblick zu genießen, erinnert an die preußisch-deutschen Einigungskriege von 1864, 1866 1870/71. Am 2. September 1873, dem dritten Jahrestag der Entscheidungsschlacht von Sedan gegen Frankreich, wurde das nach Plänen von Oberhofbaurat Johann Heinrich Strack errichtete Denkmal mit der 8,32 Meter großen Goldelse obenauf mit großem Zeremoniell auf dem Königsplatz, dem heutigen Platz der Republik, eingeweiht. 1938 wurde das Monument im Zusammenhang mit der geplanten Umgestaltung der Reichshauptstadt in die „Welthauptstadt Germania“ abgebaut und an den Großen Stern versetzt.

Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Monument durch Artilleriebeschuß beschädigt. Die alliierten Besatzungsmächte verlangten seinen Abbruch, weil sie in ihm ein besonders verwerfliches Zeugnis des preußisch-deutschen Militarismus sahen. Vor allem die Franzosen fühlten sich durch die Reliefs provoziert, auf denen Szenen aus dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 dargestellt sind, und verlangten die Sprengung. So stand Goldelses Schicksal auf der Kippe, doch kam es nicht zum Abbruch. Lediglich wurden die beschädigten Sockelreliefs abgebaut und nach Frankreich geschafft. Im Zeichen der deutsch-französischen Versöhnung gab die französische Regierung 1984 die bronzenen Trophäen dem damaligen Regierenden Bürgermeister, Richard von Weizsäcker, zurück, der sie wieder in den Sockel einfügen ließ. In einer Metallwerkstatt hatte man zuvor die Einschüsse ausgebessert, aber auf die Rekonstruktion fehlender Teile verzichtet.

Helmut Caspar

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