Attacke auf legendären Kassenräuber -
Zerkratzter Hauptmann von Köpenick wird in Schöneiche repariert



Wilhelm Voigt, der legendäre Hauptmann von Köpenick, wird in Schöneiche aufgemöbelt und nimmt demnächst wieder seinen Platz vor dem Rathaus ein. (Foto: Caspar)

Das Bronzedenkmal des legendären Hauptmanns von Köpenick vor dem Köpenicker Rathaus ist in den vergangenen Tagen von Unbekannten zerkratzt worden. Das geschah knapp einhundert Jahre nach dem Anschlag des Möchtegernoffiziers mit bürgerlichem Namen Wilhelm Voigt auf die Kasse der damals noch selbständigen Stadt Köpenick. Das Denkmal des zum Volks-, Roman- und Filmhelden avancierten Hauptmanns von Köpenick ist ein Werk des armenischen Bildhauers Spartak Babajan. Hergestellt in der Kunstgießerei Seiler in Schöneiche bei Berlin (Oder-Spree), wurde es 90 Jahre nach jenem frechen Coup vor dem Eingang zum Köpenicker Rathaus gleichsam als Wächterfigur aufgestellt. Jetzt soll das Monument wiederum bei Seiler seine ursprüngliche Schönheit zurückbekommen. „Die Einritzungen müssen mit großer Kraft vorgenommen worden sein, weil sie ziemlich tief sitzen. Deshalb reicht eine oberflächliche Nacharbeit nicht aus. Wir schweißen auf die betreffenden Stellen Bronze mit einer Dicke von etwa einem Millimeter und ziselieren dann mit einem Fräser und Meißel nach. Unterschiede zwischen der ursprünglichen matten Bronze und den Reparaturstellen sollen nicht zu erkennen sein“, beschreibt Metallgießer Jürgen Seiler das Verfahren. Da die Figur sehr fest in ihrer Verankerung stand, musste ein Fuß abgetrennt werden, der wieder angeschweißt werden muss. Wenn die Arbeiten beendet sind, erhält das Denkmal einen Graffitischutz. Seine Neuaufstellung ist für den April geplant.
Vor hundert Jahren aus dem Zuchthaus entlassen, hatte sich der Schuster in Potsdam eine abgelegte Hauptmannsuniform zugelegt. Als Angehöriger des vornehmen Garderegiments verkleidet, kommandierte er unterwegs eine Abteilung Soldaten ab und zwang am 16. Oktober 1906 den Bürgermeister zur Herausgabe der Stadtkasse mit rund 4000 Mark darin. Der Anschlag gelang offenbar nur deshalb, weil der Kommunalbeamte vor der Autorität des von Soldaten begleiteten Offiziers die Hacken zusammenschlug und keine Fragen stellte. Voigt konnte sich entfernen, ohne dass ihn jemand aufgehalten hat, wurde aber sofort zur Fahndung ausgeschrieben und schon bald verhaftet. In einem Sensationsprozess zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt, wurde der Kassenräuber bereits 1908 amnestiert. Er starb 1922 im Großherzogtum Luxemburg. Ohne ihn ist heute in Köpenick kein Umzug und kein Stadtfest vorstellbar.

Helmut Caspar

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