Harte Arbeit am Mahlstein -
Freilichtmuseum im uckermärkischen Neu Kleinow zeigt ungewöhnliche Fundstücke



Wie man Getreide in Mehl verwandelt hat, zeigen die Mahlsteine im Freilichtmuseum Neu Kleinow bei Prenzlau.



Landwirt im Ruhestand Wilhelm Wever ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger mit Leib und Seele. (Fotos: Caspar)

Die Umwandlung von Getreide in Mehl war in alten Zeiten ein langwieriger und kräftezehrender Vorgang, eine harte Arbeit, die zudem wenig Ertrag brachte. Denn bevor es Wind- und Wassermühlen gab, mussten zumeist Frauen in Handarbeit die Körner mühsam zerreiben. Dazu wurde das Getreide auf flache Steine oder in Mörser geschüttet und so lange mit einem zweiten Stein bearbeitet, bis Mehl entstanden war. Die mit Schalen und anderen Rückständen versetzte Masse wurde zum Backen von Brot und Fladen verwendet. Wie die Teigwaren schmeckten, kann heute niemand sagen. Aber sie werden den Hunger der Menschen gestillt haben, und das war damals das Wichtigste.

Wie man sich der Mahlsteine bediente, weiß der frühere Landwirt Wilhelm Wever genau. Im uckermärkischen Dorf Falkenwalde, Ortsteil Neu Kleinow, südöstlich von Prenzlau und nicht weit von der A 11 (Abfahrt Prenzlau) hat er ein Freilichtmuseum geschaffen, in dem er über hundert dieser durch das ewige Reiben ausgehöhlten Steine und andere archäologische Fundstücke präsentiert. Jahrzehntelang hat der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger über 300 Zeugnisse der Vergangenheit in der Region erfasst und dafür den Brandenburgischen Denkmalpflegepreis bekommen. Das zeitliche Spektrum reicht von der Jungsteinzeit über die Eisenzeit bis zum Mittelalter und zur Neuzeit. Zu Wevers spektakulären Entdeckungen gehören unter anderem ein bronzezeitlicher Keramikbrennofen, der Bronzebeschlag eines Schildes aus der römischen Kaiserzeit sowie Pflasterstraßen und gemauerte Entwässerungsgräben, die wichtige Informationen über die Infrastruktur uckermärkischer Dörfer im 19. Jahrhundert liefern. Seinem Einsatz ist auch zu verdanken, dass ein alter Heerweg im Zusammenhang mit dem Neubau der Autobahn 20 durch Errichtung einer neuen Brücke erhalten blieb.

Das kleine Freilichtmuseum neben Wevers Wohnhaus und Garten in Neu Kleinow vereint zur Zeit 110 Mahl- und Mühlsteine. Viele wurden bei Feldarbeiten entdeckt, manche auch in Wohnsiedlungen, wo sie dem Hausbau gedient hatten. Wer möchte, kann sein Glück an einem Nachbau einer steinzeitlichen Bohrmaschine versuchen, durch die man Löcher unter Verwendung von nassem Sand in die harten Steine schnitt. Das war ein langwieriges Unterfangen, bei dem Holzpflöcke durch eine Art Flitzbogen in drehende Bewegung versetzt wurden. Man kann sich vorstellen, dass es lange dauerte, bis man Granit oder anderes Material endlich bearbeitet hatte. Solche Löcher wurden unter anderem gebraucht, um Steine in Ackergeräte oder Waffen umzuarbeiten. „Da das Zerreiben von Getreide auf muldenförmigen Steinen auf Dauer uneffektiv war, ging man in der Römerzeit zu Drehmühlen über. Bei ihnen wurden durchlöcherte Steinscheiben durch Kurbeln in drehende Bewegung versetzt. Damit konnte man die Körner viel schneller zerkleinern, und das wiederum war wichtig, um immer mehr hungrige Mäuler zu stopfen“, sagt Wilhelm Wever. Wenn Schulklassen oder Erwachsene das Freilichtmuseum besuchen, lernen sie auch den Nachbau eines kleinen slawischen Hauses mit Flechtwerkwänden kennen und einen Backofen, bei dem man erleben kann, welcher Mühe es bedurfte, um aus Mehl Brot zu gewinnen.

Übrigens war die Masse, die beim Zermahlen des Getreides gewonnen wurde, nicht gerade gesund, denn das Mehl enthielt auch steinerne Abriebsubstanzen. Da man die winzigen Partikel nicht vom Mehl trennen konnte, musste man sie mitessen. Das wiederum wirkte sich negativ auf den Zustand der Zähne aus. Bei der Untersuchung menschlicher Gebisse sehen die Archäologen, dass die Zähne durch das Zerkauen des mit winzigen Steinpartikeln verunreinigten Mehls starkem Abrieb unterworfen waren.

Adresse des Freilichtmuseums: 17291 Ueckerfelde, Ortsteil Falkenwalde, Neu Kleinow 9, Telefon 039858/8181.

Helmut Caspar

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