Marmorne Frauen halten den Rand -
Das Schillerdenkmal auf dem Gendarmenmarkt wird von Schmutzkrusten und Algenbewuchs befreit



Das ziemlich verschmutzte Schillerdenkmal – hier die grimmig blickende Symbolfigur der Dramatik - wird in den kommenden Wochen restauriert.



Mit feinem Werkzeug beseitigt Steinbildhauer Peter Schnaak an einer der marmornen Allegorien Schmutzpartikel. Nach Schließung von Löchern, Rissen und Fehlstellen erhält das Denkmal einen Graffitischutz und ist damit fit für die kommenden Jahrzehnte, sagt der Mitarbeiter der Weißenseer Restaurierungsfirma "Steinfest". (Fotos: Caspar)

Es ist eines der am meisten fotografierten Monumente Berlins, und eines der schmutzigsten dazu – das Schillerdenkmal auf dem Gendarmenmarkt. In den kommenden Wochen soll das 1871 eingeweihte Standbild gereinigt und restauriert werden. Seit kurzem steht ein Gerüst um das Monument, damit die Steinrestauratoren gut an alle Stellen herankommen. Der carrarische Marmor, aus dem die Figur des Dichters sowie der Sockel und die vier auf Brunnenschalen sitzenden Assistenzfiguren bestehen, ist so stark verschmutzt, dass das Landesdenkmalamt längeres Warten nicht mehr verantworten konnte. Für Algen und Moos ist das empfindliche Material ein gefundenes Fressen. Ihre Ausscheidungsprodukte setzen dem Stein so zu, dass er langsam weich wird und bröselt. Dem soll bei der bis Oktober angesetzten Generalüberholung ein Ende gesetzt werden. Neben der Beseitigung von Schmutzkrusten und Schlieren vor allem auf schlecht zugänglichen Partien wie Falten und Kehlen oder Hohlräumen, in denen sich Wasser ansammelt, sollen Fehlstellen, Risse und Spalten geschlossen und der Marmor durch einen synthetischen Steinfestiger konserviert werden. Außerdem wird das gusseiserne Gitter um das Denkmal entrostet und neu gestrichen.

Das bereits 1936 von den Nazis abgebaute und deponierte Schillerdenkmal wurde Ende 1988 wieder vor dem Schauspielhaus neu aufgestellt. Möglich wurde dies durch einen Kulturgüteraustausch zwischen West- und Ost-Berlin. Die Schillerfigur, die aus dem Westteil der Stadt herangefahren worden war, wurde auf dem Gendarmenmarkt mit den Brunnenfiguren vereint, die bis dahin im Tierpark Friedrichsfelde gelegen hatten und stark beschädigt waren. Nach alten Vorlagen wurde der verloren gegangene Sockel angefertigt, dessen rückseitige Inschrift „Dem Dichterfürsten die Stadt Berlin MDCCCLXIX“ sich auf die Fertigstellung der Skulptur im Jahre 1869, nicht aber auf die Aufstellung bezieht, die erst 1871 im Beisein von Kaiser Wilhelm I. erfolgte.

Bei einer „Concurrenz-Aussschreibung“ des Berliner Magistrats erhielt der erst 33jährige Bildhauer Reinhold Begas den Zuschlag. Während der Dichter in die imaginäre Ferne blickt, schauen die Personifikationen der Lyrik (mit Harfe), Dramatik (mit Dolch), Philosophie (mit Pergamentrolle) und Geschichte (mit Schreibtafel) das Publikum an. Vor allem die in lange Gewänder gehüllten Damen hatten es der Jury angetan: „Diese vier weiblichen Figuren sind von hoher Schönheit und ihre allegorische Bedeutung so tief empfunden, dass niemand, selbst der Ungebildete, nicht zweifeln wird, was der Künstler mit ihnen hat aussprechen wollen.“ Spötter meinten, dass die schweigsamen Brunnenfiguren die einzigen Berlinerinnen seien, die den „Rand“ halten.

Helmut Caspar

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