Mozart wartet noch auf seine Nase -
Restaurierter „Musikerofen“ aus der Kaiserzeit kehrt im Jubiläumsjahr 2006 in den Tiergarten zurück



Frisch gereinigt und getränkt, warten Mozart und seine Musikerkollegen in Stahnsdorf bei Potsdam auf ihre Rückkehr in den Tiergarten. (Foto: Caspar)

Eines der schönsten deutschen Künstlerdenkmäler des frühen 20. Jahrhunderts wartet, in zahlreiche Einzelteile zerlegt, in einer Stahnsdorfer Bildhauerwerkstatt auf seine Rückkehr in den Tiergarten. Von Rudolf Siemering geschaffen und 1904 eingeweiht, ehrt das zehn Meter hohe Monument aus griechischem und Tiroler Marmor drei ganz Große der europäischen Musikgeschichte: Wolfgang Amadeus Mozart, der vor 250 Jahren geboren wurde, weshalb 2006 auch als Mozart-Jahr gefeiert wird, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. Das üppig dekorierte Denkmal hat einen dreieckigen Grundriß und ist pyramidenförmig aufgebaut. Obenauf halten Putten einen Lorbeerkranz über die Komponisten, die als überlebensgroße Halbfiguren in halbrunden Nischen stehen.

Die von der Norm abweichende Form, die der experimentierfreudige Bildhauer für seine Hommage an die drei Großen der Wiener Klassik gewählt hat, verschaffte dem Komponistendenkmal einen ungewöhnlichen Namen. Spottlustige Berliner befanden vor hundert Jahren, das Werk sehe aus wie ein „Musikerofen“. Die augenzwinkernde Schmäh ist nicht ganz unbegründet, waren doch zur Entstehungszeit weiß glasierte Kachelöfen ebenso üppig mit neobarockem Zierrat geschmückt wie Siemerings Werk.

Das desolate Komponistendenkmal direkt an der Entlastungsstraße im Tiergarten wurde im Jahr 2000 abgebaut, eingelagert und in letzter Zeit einer durchgreifenden Restaurierung unterzogen. Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung koordiniert die Berliner Firma „Restaurierung am Oberbaum“ die komplizierten Wiederherstellungsarbeiten. „Das Denkmal besteht aus etwa 145 Einzelteilen aus Marmor, ergänzt durch zahlreiche Verzierungen aus Bronze und Kupfer. Straßendreck und Mikroorganismen haben dem Marmor so stark zugesetzt, dass eine durchgreifende Sanierung nötig war. Außerdem war der Stein durch grüne Kupfersalze verunreinigt, die von den Metallteilen stammen", beschreibt Restaurator Thomas Lucker den damals ziemlich trostlosen Zustand des Monuments. Große Partien seien von Rissen durchzogen geweisen. Die etwa 1,70 Meter hohen Figuren der drei Komponisten hätten Einschüsse aus den letzten Kriegstagen und mutwillige Beschädigungen aufgewiesen, seien aber im Großen und Ganzen gut erhalten erhalten gewesen.

In den vergangenen Jahren wurden die gründlich gereinigten und entfeuchteten Marmorteile in der Ibach Steinkonservierung GmbH Bamberg mit einem dünnflüssigen Acrylharz getränkt. Diese Flüssigkeit füllt die Porenräume zwischen den Kristallen und sorgt für die innere Stabilität des Marmors. Das Verfahren erfolgte unter Vakuumbedingungen, es garantiert, dass das Acrylharz den Stein komplett durchtränkt.

Reinigung der Marmorteile und Figuren, die Entfernung der Kupfersalze und die Schließung der vielen Risse erfolgten sowohl bei der „Restaurierung am Oberbaum“ als auch in der Bildhauerwerkstatt von Heinz-Otto Melior in Stahnsdorf bei Potsdam. Wo es nötig und erwünscht ist, werden jetzt noch kleine Ergänzungen vorgenommen. So bekommt Mozart seine Nasenspitze zurück, und auch das Spitzenjabot auf seiner Brust wird vervollständigt. „Sonst sind wir aber bei Ergänzungen sehr vorsichtig. Das Denkmal hat eine bewegte Geschichte, die nicht kaschiert werden soll“, sagt Melior und betont, dass Kriegs- und Nachkriegsspuren nicht eliminiert werden, von groben Verletzungen abgesehen.

Wann das mit einem Graffitischutz versehene Denkmal an der Entlastungsstraße wieder aufgestellt wird, ist noch nicht ganz klar. Das Berliner Landesdenkmalamt hofft auf den Sommer im Mozartjahr 2006.

Helmut Caspar

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