Auf der Milchstraße zum Affentheater -
Wie aus einer königlichen Menagerie der Berliner Zoo wurde



Zu den besonderen Schaustücken der Ausstellung gehören Tierpräparate wie dieser Braunbär.



Der Wolf fletscht im Ephraimpalais zwar die Zähne, tut aber niemandem etwas. (2 Fotos: Caspar)



Um 1935 warb dieses ausdrucksstarke Plakat für den Besuch des Berliner Zoologischen Gartens. (Foto: Stadtmuseum)

Die Berliner, ihre Tiere und ihr Zoologischer Garten, das ist eine jahrhundertealte enge Freundschaft. Angefangen hatte es im 18. Jahrhundert mit Menagerien, die von Residenz zu Residenz zogen und dem staunenden Publikum exotische Vierbeiner wie Giraffen, Elefanten, Affen, Löwen sowie allerlei seltenes Federvieh vorführten. Kein Wunder, dass sich die preußische Haupt- und Residenzstadt im 19. Jahrhundert einen eigenen Zoologischen Garten zulegte und ihn auf das Prächtigste ausstattete. Vorläufer des von Anfangs war dem berühmten Gartenkünstler Peter Joseph Lenné gestalteten Zoologischen Gartens war eine von Friedrich Wilhelm III. auf der Pfaueninsel angelegte Menagerie, in der Hirsche, Büffel und zunehmend auch allerlei exotische Tiere lebten, die der Monarchen als Staatsgeschenke bekommen hatte oder bei Wandermenagerien und Tierhändlern gekauft worden waren. Der preußische König betrachtete das Tiergehege nicht als Privatzoo, sondern gab dreimal in der Woche dem interessierten Publikum Gelegenheit, noch nie gesehene Vier- und Zweibeiner zu betrachten. Die Berliner und ihre Gäste sollen in hellen Scharen zur Pfaueninsel nahe Potsdam gepilgert sein, um diese sehr gewöhnungsbedürftige Tierwelt zu bestaunen.

Irgendwann platzte die Menagerie auf der Pfaueninsel aus den Nähten, und so war der Bau eines auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Zoologischen Gartens nötig, der 1844 in Charlottenburg, damals noch am Rande Berlins gelegen, von König Friedrich Wilhelm IV. nach einer Konzeption des schon auf der Pfaueninsel tätigen Zoologen Martin Hinrich Lichtenstein und auf Empfehlung des Weltreisenden und Kammerherrn Alexander von Humboldt eröffnet wurde.

Ein Muss für jeden Berlin-Besucher
Recht mühsam war es anfangs, Berlins neueste Attraktion zu erreichen, denn Droschken konnten sich nur Begüterte leisten, während der große Rest per pedes unterwegs war, vorbei an Gastwirtschaften, in denen auch Milch ausgeschenkt wurde, weshalb man den sandigen Weg Milchstraße nannte. Die Mühe lohnte sich aber, und so gehörte der Besuch des Zoologischen Gartens schon bald zum „Muss“ eines jeden Berlin-Besuchers. Dies wohl auch deshalb, weil Tierkarawanen für Kinder im Angebot waren und sonntags ermäßigter Eintritt zu zahlen war. Auf dem Zoogelände veranstalteten Militärkapellen Konzerte, und es wurden in edlem Ambiente auch Pressebälle gegeben, ja es kam sogar in der Kaiserzeit zu einem Treffen befreundeter Monarchen, das in einem Beistandspakt mündete. Wer mochte, konnte in den Restaurants beim Geschrei und Gebrüll der Tiere stimmungsvoll speisen. In einem der Häuser, dem riesigen Kaisersaal, sollen bis zu 10 000 Personen zu Theateraufführungen und Konzerten Platz gefunden haben. 1943 allerdings gingen die in indischem, ägyptischem und anderen Baustilen errichteten Tierhäuser im Bombenhagel unter und wurden, bis auf das in „siamesischen“ Formen erbaute Antilopenhaus, nicht wieder aufgebaut. Obwohl nur 91 Tiere den Zweiten Weltkrieg überlebten und 1945 kaum jemand auf eine Wiedergeburt zu hoffen, gehören heute der Zoologische Garten und das Aquarium zu den weltweit bedeutendsten Einrichtungen dieser Art.

Ausstellung im Ephraimpalais
Die Stiftung Stadtmuseum Berlin dokumentiert in einer neuen Ausstellung im Ephraimpalais (Mitte) „Affentheater und andere Viechereien“ nicht nur die Geschichte des Berliner Zoologischen Gartens, sondern auch die des vor einem halben Jahrhundert gegründeten und von vielen Berlinern mit großen und kleinen Spenden, aber auch im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks in unzähligen Arbeitseinsätzen erbauten Tierparks im ehemaligen Schlosspark Friedrichsfelde (Lichtenberg) und würdigt darin auch seinen Direktor Heinrich Dathe. Unter seiner Leitung entstand auf einer Fläche von 160 Hektar einer der schönsten und größten Landschaftstiergärten mit bisher rund 90 Millionen Besuchern.

Die Schau zeigt zahlreiche Exponate aus der 2002 von der Stiftung Stadtmuseum mit Hilfe der Lottostiftung und weiterer Sponsoren erworbenen Sammlung von Inge und Werner Kourist. Die über Jahrzehnte aufgebaute Kollektion enthält unzählige Tierfotografien sowie Grafiken und Aquarelle mit Tierdarstellungen, dazu Darstellungen von Zoogebäuden und Porträts bekannter Zoodirektoren. Hinzu kommen zum Teil über hundert Jahre alte Plakate und Prospekte, die in bunten Farben für den Besuch des Berliner Zoos und anderer Tiergärten warben. Die bis 25. Februar 2007 laufende Ausstellung mit zahlreichen Tierpräparaten und kostbaren Skulpturen sowie Gemälden und Plakaten ist bis zum 25. Februar 2007 im Ephraimpalais, Poststraße 16, 10178 Berlin, dienstags sowie donnerstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr und mittwochs von 12 bis 20 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 5, ermäßigt 3 Euro, am Mittwoch ist freier Eintritt. Weitere Informationen im Internet unter www.stadtmuseum.de.

Helmut Caspar

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