Akademie auf Theorie und Praxis orientiert - Gottfried Wilhelm Leibniz gewann den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. für Kunst und Wissenschaft



Gottfried Wilhelm Leibniz wird in seiner Heimatstadt Leipzig auf dem Universitätscampus seit 1883 mit einem von Ernst Julius Hähnel geschaffenen Denkmal geehrt. (Foto: Caspar)

Die Förderung von Wissenschaften und Künsten ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wenn man sich mit ihnen schmücken will und auch von ihnen etwas haben möchte, muss man investieren. Der Gründer der Akademien der Künste und der Wissenschaften in Berlin, Brandenburgs Kurfürst Friedrich III., war jedoch der Meinung, Prestigegewinn billig erlangen zu können. Seit 18. Januar 1701 König Friedrich I. "in" Preußen, war er ein von Verschwendungssucht, Eitelkeit und Machtstreben getriebener Herrscher, unter dessen Regentschaft zwischen 1688 und 1713 am Berliner Hof eine unselige und sehr teure Günstlingswirtschaft ihr Unwesen trieb. Dessen ungeachtet ging der Monarch ruhmvoll als Gründer der Universität in Halle (1694) in die Geschichte ein. Der am 11. Juli 1696 ins Leben gerufenen Akademie der Künste folgte am 11. Juli 1700 die Sozietät der Wissenschaften. In beiden Fällen fand die Stiftungen am Geburtstag des Landesherrn statt, was ihnen zusätzliche Bedeutung verlieh.

Der mit der musisch interessierten, geistvollen Hannoveranerin Sophie Charlotte vermählte Kurfürst und König erhoffte sich von seinen Akademiegründungen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung seines armen und rückständigen, dabei zerklüfteten und während des zeitgleich tobenden Nordischen Krieges von allen möglichen Mächten bedrängten und gebeutelten Landes. Die Akademie der Künste, eine Versammlung von Malern, Bildhauern, Literaten und anderen Künstlern, war die erste ihrer Art in Deutschland und nach Rom und Paris die dritte in Europa. "Allgemeine Kunstverbesserung" war ihre wichtigste Aufgabe. Konkret sollte sie sollte den Hof in Kunstdingen beraten und selber Kunstwerke in Auftrag geben. Ferner oblagen der Akademie die Ausbildung von jungen Künstlern, die Präsentation von Ausstellungen, in denen Akademiemitglieder ihre neuesten Werke zeigten, sowie das Sammeln von Informationen über Vorgänge auf kulturellem Gebiet in fernen Ländern. Das 1699 erlassene Statut spricht von "établirung und desto nützlicher Fortpflantzung aller Kuenste und Wissenschaften / in allen Unseren Landen".

Auch die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften war Teil der Bemühungen des Hohenzollernherrschers, der als "Streusandbüchse des Heiligen römischen Reichs deutscher Nation" verlachten Kurmark zu Ansehen und kultureller Blüte zu verhelfen. Der mit Sophie Charlotte befreundete Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz hatte den Landesherren gebeten zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, den Landesuniversitäten und Gymnasien eine Wissenschaftsakademie an die Seite zu stellen. Einer der Gründe für ihre Stiftung war die Kalenderreform von 1700, die den in den evangelischen Ländern des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation schon seit 1582 in den katholischen Ländern geltenden Gregorianische Kalender übernahm. Das machte umfangreiche astronomische Berechnungen und die Herausgabe von Kalendarien nötig. Das Monopol auf solche Druckwerke war eine der wichtigsten Einnahmequellen der Berliner Akademie, die ansonsten finanziell nur kümmerlich ausgestattet war, weil Steuer- und andere Einnahmen anderweitig für höfischen Prunk und kostspielige Bauten ausgegeben wurden oder illegal in die Taschen von drei korrupten Grafen flossen, die man "Dreifaches Weh" nannte.

Leibniz ging es nicht um "pure" Gelehrsamkeit, sondern um die praktische Anwendung erworbenen Wissens. Das war wichtig in einem agrarisch geprägten Land, das über keine besonderen Rohstoffe, dafür aber über einiges "Humankapital", also Menschen, verfügte. "Solche Churfürstliche Sozietät müste nicht auf bloße Curiosität oder Wissens-Begierde und unfruchtbare Experimenta gerichtet seyn, oder bey der bloßen Erfindung nützlicher Dinge, ohne Application oder Anbringung beruhen; sondern man müste gleich anfangs das Werck samt der Wissenschaft auf den Nutzen richten. [...] Wäre demnach der Zweck Theoriam cum praxi zu vereinen. Und nicht allein die Künste und die Wissenschaften, sondern auch Land und Leute, Feld-Bau, Manufacturen und Commercien, und mit einem Wort die Nahrungs-Mittel zu verbessern", schrieb Leibniz an den Kurfürsten. Wie die Akademiegeschichte zeigt, hat man die Mahnung durchaus beherzigt, indem Vorschläge aus der Akademie zum Nutzen des Landes verwirklichte und dies auch heute tut.

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