Gemalte und geschnitzte Schätze auf dem Land - Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ führt zu alten Dorfkirchen







In der Dorfkirche von Ferch (Landkreis Potsdam-Mittelmark) blieb ein barocker Taufengel erhalten. Foto: Caspar



„Fahr ich aus der Weldt Getümel, nimt mier Jesus in den Himel, da schwebe mein Seelichen ohne Leidt, in Himels Glantz u: Herlichkeit“, lautet die Inschrift auf einem Totenschild aus dem Jahr 1781 in der Dorfkirche von Ferch (Landkreis Potsdam-Mittelmark). Foto: Caspar

Fast in jedem Dorf der Region steht eine alte Kirche oder hat es eine gegeben. Angefüllt sind sie mit wertvollen, freilich weitgehend unbekannten Kunstwerken und Erinnerungsstücken - Altäre, Taufsteine, Wandmalereien, Orgeln, Grabmäler. Mit einigen dieser Hinterlassenschaften macht das 77. Heft der Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ bekannt. Peter Schmidt weist eingangs darauf hin, dass Kirchen immer mehr waren als Orte des Gebets und der Verkündigung, denn sie boten den Menschen in Zeiten der Not und Bedrängnis Schutz und waren Mittelpunkt des gesellschaftlichen und sozialen Lebens. Hier hat man Urkunden und Vermögenswerte aufbewahrt, und sie waren Grablege der führenden Familien am Ort. Auch wenn sich die Rolle der Kirchen im Laufe der Jahrhunderte gewandelt hat und neuer Zeitgeist nach neuen Formen und Ausstattungen verlangte, hat man viele Altbauten nicht durch neue ersetzt und auch dem alten Interieur Respekt gezollt. So kommt es, dass sich heute noch viele mittelalterliche Dorfkirchen fast so zeigen wie zur Erbauungszeit, ergänzt natürlich durch Zutaten und Anbauten aus der Renaissance, dem Barock und dem Klassizismus, wie Schmidt an Beispielen aus Briest, Felchow, Kletzke, Reichenow, Ronnebeck, Wilkendorf und anderen Orten zeigt.

Mit den Bilderwelten in märkischen Dorfkirchen befasst sich Peter Knüvener und stellt Reste von ehemals üppigen Wandmalereien sowie mittelalterlichen Glasfenstern vor. Wie die reich figurierten Schnitzaltäre fungierten sie als eine Art Volksbibel, indem sie Ereignisse und Gestalten aus dem Alten und dem Neuen Testament den zumeist des Lesens und Schreibens unkundigen Menschen nahe brachten. Nach der Reformation zu Beginn des 16. Jahrhunderts ging man mit diesen Kunstwerken recht unterschiedlich um. Im besten Fall hat man die Wandbilder übermalt, so dass man sie später freilegen konnte, und bei den Glasfenstern verzichtete man da und dort aus Kostengründen auf Ersatz durch blankes Glas. Da man der geschnitzten, bemalten und gelegentlich reich vergoldeten Altäre irgendwann überdrüssig war, landeten viele von ihnen auf dem Müll oder im Ofen. Zum Glück haben sich im 19. Jahrhundert Kunstfreunde ihrer erbarmt, und so kommt es, dass eindrucksvolle Beispiele Asyl im Märkischen Museum und der Berliner Skulpturensammlung sowie in anderen Museen erhielten. Sorgsam restauriert, können sie in gut temperierten Räumen besichtigt werden. Große Raritäten stellen bestickte und gewebte Priestergewänder, Altarbehänge und Kirchenfahnen dar. Sie schmückten einst in großer Zahl die Gotteshäuser, doch sind nur ganz wenige Stücke erhalten geblieben. Wenn das alles noch existieren würde und in Kirchenräumen versammelt wäre, schließt Peter Knüvener seinen Beitrag ab, wären wir verblüfft über die Vielgestaltigkeit sakraler Kunst und die ehemals reiche Ausstattung sakraler Räume.

Nur selten blieben in Dorfkirchen Totenkronen, Totenkränze und Kronenbretter erhalten, doch auch sie sind der „Mark Brandenburg“ einen Artikel wert. Sylvia Müller-Pfeifruck geht dem Brauch auf den Grund, durch sie das Andenken an früh verstorbene Kinder und insbesondere an Mädchen, denen Ehe und Mutterschaft versagt war, wach zu halten. Für Mädchen niederlegte Totenkronen und Totenkränze galten als Ersatz für die zu Lebzeiten nicht empfangene Brautkrone und als Lohn für Jungfräulichkeit, doch ist mit der Zeit das Wissen um ihre wahre Bedeutung verloren gegangen. Vielfach hat man sie im 19. Jahrhundert aus den Kirchen verbannt, weil man in ihnen nur noch Staubfänger sah. Heute erfreuen sich die reich geschmückten Kronen neuer Aufmerksamkeit und gelten bei der Denkmalpflege als würdig, in die Inventare aufgenommen zu werden. Der Autorin sei gedankt, dass sie auf diese interessanten, oft zu Herzen gehenden Zeugnisse für den Umgang mit Menschen hingewiesen hat, denen nur ein kurzes Leben beschieden war. Eigentlich war die Errichtung von Epitaphien ein Privileg von Adligen, Patriziern und Geistlichen. Mit der Errichtung von Kronenbrettern mit Inschriften und Totenkronen wurde dieses Vorrecht durch die einfache Bevölkerung durchbrochen.

Was die Mark Brandenburg an Altären aus der Renaissance sowie da und dort auch an geschnitzten und bemalten Engeln aus der Barockzeit zu bieten hat, ist Thema von zwei weiteren Beiträgen von Bernd Janowski und Werner Ziems. Ganze Heerscharen von Engeln bevölkern Altäre, Orgelprospekte und Kanzeln, sie schmücken Saaldecken und Emporen, und sie schweben, an Ketten und Stangen befestigt, über Taufsteine. Ziems weist darauf hin, dass sich viele dieser Arbeiten in einem dramatisch schlechten Zustand befinden, weshalb er im Namen des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e. V. um Engel-Patenschaften bittet (Tel. 030/449 3051, Internet www.altekirchen.de).

Die Mark Brandenburg, Heft 77 (Juni 2010), Marika Großer Verlag Berlin, 40 Seiten, 5 Euro, ISSN 0939-3676)

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