Geheimes Staatsarchiv ohne Geheimnisse -
Was man alles in der Dahlemer Archivstraße erfahren kann



Etwa 35 laufende Kilometer Akten und andere schriftliche Hinterlassenschaften aus Brandenburg und Preußen stehen Berufs- und Laienforschern im Geheimen Staatsarchiv an der Archivstraße in Dahlem zur Verfügung. (Foto: Caspar)

Das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in der Archivstraße im still-vornehmen Berliner Ortsteil Dahlem verwaltet umfangreichen schriftlichen Hinterlassenschaften eines Staates, den es seit 1947 nicht mehr gibt. Zwar steht über dem 1924 eröffneten Archivgebäude die Inschrift „Preußisches Geheimes Staatsarchiv“, doch geheim ist hier nichts. Das Kontrollratsgesetz Nummer 40 vom 25. Februar 1947 hatte Preußen den Todesstoß versetzt. Der nach einem kleinen Herzogtum an der Ostsee, in der Nachbarschaft der polnischen Krone und des russischen Zarenreichs, benannte größte deutsche Territorialstaat verschwand indes nicht spurlos in der Versenkung. Viele kulturelle Hinterlassenschaften und Einrichtungen haben ihn überlebt, vor allem die Museen, Bibliotheken und das Geheime Staatsarchiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Seine Anfänge reichen in die Zeit der brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten zurück, die wichtige Staatspapiere gesondert und geheim verwahrten. Im „Gewelbe auf grünen Hut“ des Berliner Schlosses und im Hohen Haus an der Klosterstraße lagen Urkunden, Korrespondenzen, Rechnungen, Gesetzestexte, Testamente und andere wichtige Schriftstücke. Eine weitere frühe Quelle war das 1723 vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. gegründete Geheime Ministerialarchiv, das 1874 mit dem Geheimen Staatsarchiv mit seinen von Königsberg im Osten bis Kleve im Westen reichenden Unterlagen vereinigt wurde.

Für Berufs- und Laienforscher ist es nicht schwer, Nutzer des Geheimen Staatsarchivs zu werden. Anträge müssen ausgefüllt und Aktenwünsche benannt werden. Archivare helfen, anhand der Findbücher und im Computer die Unterlagen rasch bereitzustellen. Um den Zugriff auf die Akten zu erleichtern, bietet das Geheime Staatsarchiv im Internet einen umfangreichen Service an. Unter der Adresse www.gsta.spk-berlin.de kann man sich vorab darüber informieren, was im Haus an der Archivstraße unter welchen Signaturen vorhanden ist. Wer etwa wissen will, wie es am brandenburgischen und preußischen Hof zuging oder wem wann welche Titel oder Orden verliehen wurden, ist hier an der richtigen Adresse. Das gilt auch für Forscher, die sich in alte Finanz-, Grundstücks- und Personalpapiere sowie historische Karten vertiefen oder Staatsverträge sowie Parlaments- Gerichtsakten studieren wollen.

Paradoxerweise sind die ältesten Unterlagen, etwa Pergamenturkunden aus der Zeit der Markgrafen oder kurfürstliche Kanzleischriften aus lumpenhaltigem Material widerstandsfähiger und besser erhalten als jene Industriepapiere, die ab 1850 aus einer holzschliffhaltigen Masse hergestellt wurden. Sie vor Verfall zu bewahren, stellt die Restauratoren im Archiv, aber auch in der Staatsbibliothek und den anderen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und darüber hinaus, vor große Aufgaben, die nur mit erheblichem finanziellen Aufwand bewältigt werden können. Da sich der Zustand der Akten mit den Jahren eher verschlechtern wird, werden die wichtigsten Stücke verfilmt. Den kühl gelagerten Filmstreifen wird eine Haltbarkeit von etwa 150 Jahren zugeschrieben. Sie sind damit langlebiger als heute gebräuchliche Kopierverfahren einschließlich der wenig haltbaren Ablichtungen. Während die Verfilmung voranschreitet, arbeitet das Geheime Staatsarchiv seine Bestände weiter auf, legt neue Findbücher an, stellt bestimmte Gruppen ins Internet und speichert sie auf Datenträger. Findbücher und elektronische Einspeisung sollen Lesern in aller Welt den Zugang zu den Hinterlassenschaften unserer Vorfahren erleichtern. Bei der Arbeit stoßen die Archivare immer wieder auf alte Neuigkeiten, manchmal sogar an ganz abwegigen Stellen. So wurden bei der Durchsicht der Schriftstücke von Friedrich III. die sogenannten Sprechzettel gefunden, mit denen sich der an Kehlkopfkrebs erkrankte so genannten 99-Tage-Kaiser verständlich machte.

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