Innige Liebe, Freundschaft und reine Grundsätze - In Charlottenburg kommt man der vor 200 Jahren verstorbenen Königin Luise von Preupen ganz nahe



Dass eine Büste des russischen Zaren Alexanders I. nach Berlin kommt, war ein ausdrücklicher Wunsch der Königin Luise.



Stoffe, Farben und Hölzer sind im königlichen Schlafzimmer sorgsam aufeinander abgestimmt.



Der Marmorsarkophag mit der wie schlafend dargestellten Königin Luise ist eines der berühmtesten Werke des Bildhauers Christian Daniel Rauch.



In der Gruft unter der Gedächtnishalle sind die eigentlichen Särge aufgestellt, hier der von Wilhelm I. (links) und von Augusta, einer geborenen Prinzessin von Sachsen-Weimar und Eisenach.

Von den preußischen Königinnen blieben eigentlich nur zwei im Gedächtnis haften – Sophie Charlotte, die aus Hannover stammende Namensgeberin von Charlottenburg, und Luise, geborene Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz. Beide verlebten im Schloss Charlottenburg, damals noch vor den Toren Berlins, glückliche Jahre. Als Luise am 19. Juli 1810 in Hohenzieritz mit nur 34 Jahren starb, war die Trauer in ihrer Familie und im Land groß. Und schon begann das Nachleben der Monarchin, über die man in besseren Tagen sang „Lang lebe Luise, denn keine ist wie diese“. Manche Mythen ranken sich um die resolute, mit vielen guten Gaben ausgestattete Monarchin und ihren frühen Tod. Luise wurde während der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 zum Leitstern der preußischen Soldaten hochstilisiert, und als 1910 ihr einhundertster Todestag begangen wurde, kannte die Begeisterung keine Grenzen.

Dieser „preußischen Madonna“ kommt man im Berliner Schloss Charlottenburg, einer der Lieblingsresidenzen des königlichen Paars Friedrich Wilhelm III. und Luise, ganz nahe. Wer beim Durchschreiten der Räume ein wenig Fantasie mitbringt, kann sich vorstellen, wie die Königin gelebt und gewohnt hat, wie sie mit ihren Kindern spielte und ihre Korrespondenz führte. Das Ambiente lässt sich als gehobenes Bürgertum bezeichnen, die sonst in solchen Räumlichkeiten üblichen Herrscherzeichen wie Kronen, Wappen und Monogramme fehlen ganz. Eines der wichtigsten Möbelstücke, das auf einem kleinen Podest stehende Bett der Königin im Schlafzimmer am Ende der Raumfolge besteht aus Birnbaumholz und ist mit Blumengewinden sparsam dekoriert. Auch andere Möbel wie Schreibsekretär, Toilettentisch, Sessel, Stühle, Blumenständer sind von ähnlich bescheidenem, aber elegantem Zuschnitt. Nach den alten Inventaren zu urteilen, müssen in den Zimmern ursprünglich noch mehr Geschirre und Vasen aus Porzellan gestanden haben, als heute zu sehen ist, denn Luise war eine begeisterte Sammlerin des „weißen Goldes“. Dass sie eine Schwäche auch für Süßes hatte, legen verschiedene Zuckerdosen nahe, die ebenfalls aufgelistet wurden und von denen einige Exemplare wieder zu sehen sind.

Beim Rundgang durch die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zum Luisenjubiläum restaurierten und nach den Inventaren von 1801 und 1810 eingerichteten sechs wichtigsten Räumen von Luises Wohnung fällt auf, dass dort nur eine Büste steht – die des russischen Zaren Alexanders I., ein Werk des Bildhauers Louis Marie Guichard aus dem Jahr 1807. Das war jene Zeit, in der Preußen nach dem verlorenen Krieg gegen Frankreich und im Ergebnis des Tilsiter Friedens die Hälfte seines Territoriums und seiner Einwohner an Kaiser Napoleon I. und seine Verbündeten abtreten musste und außerdem zur Zahlung von Kontributionen in Höhe von 140 Millionen Francs verpflichtet wurde. Luise war dem Zaren und Waffenbruder ihres Mannes freundschaftlich zugetan. Dass da mehr war, behauptete die französische Propaganda, um die couragierte Königin in Misskredit zu bringen. Doch da sie eine Frau war, der Tugend und Pflicht über alles ging, konnten ihr solche Gerüchte nichts anhaben. Zeit ihres kurzen Erdendaseins lebte sie nach ihrem um 1793 niedergeschriebenen Grundsatz „Nicht Adel, nicht Reichtum, nicht äußere Vorzüge machen glückliche Ehen. Innige Liebe, Freundschaft, reine Grundsätze“.

Nach Luises Tod ließ der tief betrübte Witwer den in einem ergreifenden Trauerzug vom mecklenburgischen Hohenzieritz nach Berlin gebrachten Sarg zunächst in der Gruft des Berliner Doms aufstellen. Doch schon bald kam er in ein Mausoleum, das nach einer Skizze des Königs zwischen 1810 und 1812 nach Plänen von Heinrich Gentz im Charlottenburger Schlosspark errichtet wurde. Dass einer Monarchin ein eigenes Mausoleum errichtet wird, war zu Beginn des 19. Jahrhunderts neu, denn gemeinhin bestattete man solche Toten in Kirchengrüften und vergaß sie bald. In den folgenden Jahrzehnten wurde der klassizistische Tempel von bescheidenen Dimensionen unter der Leitung von Ludwig Ferdinand Hesse erweitert, mit „vaterländischen“ Granitplatten verkleidet und innen mit verschiedenfarbigem Marmor, Mosaiken und Bibelsprüchen aus vergoldeten Buchstaben geschmückt.

Die oberirdische Gedächtnishalle mit den figürlich gestalteten Sarkophagen der Königin Luise, ihres Mannes Friedrich Wilhelm III. (gestorben 1840) sowie von Kaiser Wilhelm I. (gestorben 1888) und dessen Frau Augusta (gestorben 1890) und der darunter liegende eigentliche Gruftraum wurde im Zusammenhang mit dem Luisenjubiläum saniert und restauriert. Die Sarkophage mit den liegenden Herrscherfiguren gehören zum Besten, was Berliner Bildhauerkunst im 19. Jahrhundert zustande brachte. Über den Körper der wie schlafend liegenden Luise hat der Bildhauer Christian Daniel Rauch, einem Wunsch Friedrich Wilhelms III. folgend, einen faltenreichen Stoff gebreitet. Die teure Tote neigt auf einem Kissen ihren Kopf leicht zur Seite, und die Hände sind über der Brust gekreuzt. Dass hier eine Königin liegt, unterstreichen das Diadem im Haar sowie Wappenschilder von Mecklenburg, woher sie kam, und von Preußen, in dem sie herrschte, auf dem Katafalk. Eine in den Boden eingelassene Schriftenplatte nennt Luises Geburts- und Sterbedaten und zitiert ihr Lebensmotto „Wie der Herr es gewollt, also ist geschehen“. Friedrich Wilhelm III. wurde ebenfalls von Rauch liegend in voller Generalsuniform mit einem Schwert in der Hand und dem Schwarzen Adlerorden auf der Brust dargestellt. Beide Sarkophage dienten dem Bildhauer Erdmann Encke als Vorbilder für die beiden anderen Grabmäler aus Marmor.

Alle vier Marmor-Sarkophage sind leer, die eigentlichen Särge mit den sterblichen Überresten der vier Hohenzollern stehen einige Treppenstufen tiefer im Gruftgewölbe. Sie befinden sich in einem guten Zustand und mussten in den vergangenen Jahren nicht restauriert werden. Das betrifft auch zwei andere Särge, in denen Prinz Albrecht von Preußen, der 1872 verstorbene Sohn von Friedrich Wilhelm III. und Luise, sowie Auguste Fürstin Liegnitz, geborene Gräfin Harrach bestattet sind. Sie war 1824 von dem sich einsam fühlenden Friedrich Wilhelm III. geheiratet worden. Da Auguste nicht fürstlichen Geblüts, sondern „nur“ eine Gräfin war, konnte dies lediglich „zur linken Hand“ geschehen. Der alt gewordene König hielt die Fürstin hoch in Ehren. Sie war ihm eine gute Hausfrau und für die königlichen Kinder eine treu sorgende Ersatzmutter. Doch nie konnte sie den Platz ausfüllen, der durch Luises Tod im Jahr 1810 leer geworden war.

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