Preußisches Arkadien - Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“
würdigt wenig bekannte Baumeister



Eines der bekanntesten Bauten von Ludwig Persius ist das im „maurischen Stil“ gestaltete Dampfmaschinenhaus in Potsdam, das die Brunnen und Fontänen im nahe gelegenen Park von Sanssouci mit Havelwasser speist.



Reliefs an der Fassade des nach Plänen von Martin Gropius und Heino Schmieden zwischen 1877 und 1881 erbauten Martin-Gropius erinnern an die ursprüngliche Bestimmung des Bauwerks als Kunstgewerbemuseum und Ausbildungsstätte für Künstler und Kunsthandwerker, hier sind Münzpräger am Werk. (Fotos: Caspar)

Zu allen Jahreszeiten sehenswert ist das Schlösser- und Gartenreich des Prinzen Carl von Preußen in Glienicke. Der dritte Sohn von König Friedrich Wilhelm III. und seiner Gemahlin Luise schuf sich hier im frühen 19. Jahrhundert ein Reich mit dem nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbauten Schloss im Mittelpunkt. Umgeben von einem Park, den Peter Joseph Lenné anlegte, entstand am Ufer der Havel in Sichtweite von Potsdam ein preußisches Arkadien. Nach Schinkels Tod im Jahr 1841 führten Ludwig Persius und Ferdinand von Arnim die Arbeiten weiter. Beiden Architekten sowie ihren Kollegen Hermann Blankenstein, Heino Schmieden und Franz Heinrich Schwechten eine neue Ausgabe der Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ gewidmet. Bernd Janowski lädt eingangs zum Besuch der auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes gehörenden Glienicker Schlösser- und Parklandschaft ein, macht aber auch mit weniger prominenten Bauten von Ferdinand von Arnim bekannt, darunter Schloss und Kirche Kröchlendorff (Landkreis Uckermark) sowie Villen in Potsdam, in denen sich die ausgeprägte Italiensehnsucht der preußischen Oberschicht manifestierte. Kaum bekannt, besitzt die neogotisch gestaltete Kirche von Kröchlendorff eine hervorragende baugeschichtliche Bedeutung, hebt der Autor hervor und betont, dass bei ihrer Errichtung Portlandzement verwendet wurde, was Mitte des 19. Jahrhunderts geradezu revolutionär war.

Mit Hermann Blankenstein befasst sich Uwe Michas in einem anderen Beitrag. Obwohl in Berlin mit Markthallen, Schulen, Kirchen und Krankenhäusern und anderen Gebäuden vertreten und durch die charakteristischen Klinkerwände sofort erkennbar, gehört auch Blankenstein zu den wenig bekannten Architekten des 19. Jahrhunderts. „Auch wenn unter Blankensteins Bauten vielleicht keine spektakulären Gebäude zu finden sind, so haben diese doch das Bild des kaiserzeitlichen Berlin mitgeprägt“, schreibt Michas. Mit Blankenstein sei die Berliner Backsteintradition der Schinkelschule zu Ende gegangen, viele seiner Bauten haben überlebt und stehen unter Denkmalschutz.

Wichtige Bauten schuf in Potsdam und der Mark Brandenburg Ludwig Persius. Ausgestattet mit dem Titel „Architekt des Königs“, schuf der Schinkelschüler für Friedrich Wilhelm IV. und seine Familie großartige Bauten von bleibender Schönheit. Marcel Piethe erwähnt in seinem Beitrag unter anderem die zum Teil gemeinsam mit Schinkel allein errichteten Schlösser Charlottenhof und Glienicke, ferner die Potsdamer Nikolaikirche und die Friedenskirche im Park von Sanssouci, aber auch die Ende vergangenen Jahres aus langem Dornröschenschlaf erweckte Villa Schöningen nahe der Glienicker Brücke sowie die in exotischen Stilen gestalteten Dampfmaschinenhäuser an der Breiten Straße in Potsdam sowie im Babelsberger Park. Nicht zu vergessen ist die Heilandskirche in Sacrow, wie vor 20 Jahren nach dem Fall der Mauer zu neuem Leben erweckt wurde.

Der vorletzte Beitrag des wie immer liebevoll illustrierten Heftes erinnert an Heino Schmieden, dem wir unter anderem das Schloss Biesdorf, die Heilstätten in Beelitz und – zusammen mit Martin Gropius – das Kunstgewebemuseum in Berlin verdanken, besser bekannt als Martin-Gropius-Bau. Jürgen Walter holt in seiner Würdigung Heino Schmieden, den fast vergessenen Berliner Architekten, wie es in der Unterzeile seines Beitrags heißt, aus der Versenkung und sorgt dafür, dass man mit neuen Augen seine steinernen Hinterlassenschaften wahrnimmt. Ähnlich verhält es sich mit dem von Kaiser Wilhelm II. geförderten Architekten Franz Wilhelm Schwechten, den Erbauer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, des bis auf einen kleinen Rest verschwundenen Anhalter Bahnhofs sowie der Kulturbrauerei im Bezirk Prenzlauer Berg und das Kraftwerk Moabit. Susanne Gloger siedelt Schwechtens etwa 160 Bauten umfassende Werk zwischen Historie und Moderne an. Als er 1924 starb, sandte der Kaiser dem verehrten Toten aus dem holländischen Exil einen schönen Kranz.

Die Mark Brandenburg Heft 76, Marika Großer Verlag Berlin 2010, 40 Seiten, zahlreiche Abb., 5 Euro. ISSN 0939-3676.

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