Neue Zukunft für den Tränenpalast - Haus der Geschichte richtet in ehemaliger Grenzübergangsstelle Gedenkstätte ein



Im Tränenpalast soll mit authentischen Hinterlassenschaften über das DDR-Grenzregime und die komplizierten Beziehungen zwischen Ost und West informiert werden. (Foto: Caspar)

Berlin. Wer kennt noch die Übergangsstelle am Bahnhof Friedrichstraße, durch die in „Mauerzeiten“ tagtäglich unzählige Menschen geschleust wurden, welche den West- oder in den Ostteil Berlins besuchen wollten oder diesen bis Mitternacht verlassen mussten? Wer erinnert sich noch der Gefühle bei der Begrüßung und wenn Abschied genommen werden musste, stets in Erwartung unangenehmer Fragen und Kontrollen? Mit Recht hat die gläserne Halle, in der sich das abspielte, den Namen Tränenpalast bekommen. Wer dort vorbei kommt und durch Scheiben schaut, sieht in einen leer gefegten Raum mit alten Abfertigungsständen, die Uhr im Hintergrund ist stehen geblieben. Doch bald schon soll Leben in die ehemalige Grenzübergangsstelle einziehen. Das Haus der Geschichte in Bonn will hier auf 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche über die wechselvolle Geschichte der deutsch-deutschen Beziehungen berichten und zeigen, was Teilung und Grenze im Alltag unseres Landes und unserer Stadt hüben wie drüben bedeuteten, und welche Rolle dabei die mit so vielen Emotionen belastete Übergangsstelle unweit des Bahnhofs Friedrichstraße spielte.

Das Gebäude besaß, wie sich viele Leser erinnern, im Inneren ein gruseliges Labyrinth von Kontrollstationen der Sicherheits- und Zollorgane des zweiten deutschen Staates. Hier waren zahlreiche Abfertigungsschalter aufgestellt, in der DDR-Grenzer die ihnen vorgelegten Pässe genauestens studierten und deren Fotos mit den Gesichtern der vor ihnen stehenden Personen verglichen, wobei Ohren freizulegen waren. Durch unterirdische Gänge und weitere Visitationspunkte sowie Zahlstellen für den Zwangsumtausch gelangte man auf einen besonders gesicherten Bahnsteig des Bahnhofs Friedrichstraße, von wo aus man die Fahrt in den Westteil der Stadt antreten konnte. Inhaber ausländischer Pässe und von Sondergenehmigungen passierten die Grenzübergangsstelle ohne Zeitverzug durch spezielle Zugänge. Der große Rest musste warten und intensive Personen- und Gepäckkontrollen über sich ergehen lassen.

Ein paar Wochen nach dem Mauerfall am 9. November 1989 hatte der Tränenpalast noch eine kleine Galgenfrist als Übergangsstelle jetzt ohne die intensiven Kontrollen. Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurde er unter Denkmalschutz gestellt, anders als die Mauer, die zeitgleich bis auf wenige Reste abgebaut wurde. Als wichtiger und beliebter Treff der Berliner Kulturszene diente er bis zur Schließung 2006 als Bühne für Kabarett, Lesungen und Konzerte. Hier traten Größen von Rock und Pop auf, aber auch der künstlerische Nachwuchs konnte seine Talente unter Beweis stellen. Eine zweite tragende Säule war der Eventbereich mit Pressekonferenzen, Buch- und Produktpräsentationen, Fernsehaufzeichnungen und Firmenveranstaltungen. Solche Veranstaltungen wird es künftig in der ehemaligen Übergangsstelle nicht mehr geben. Statt dessen will das Haus der Geschichte in Zusammenarbeit mit der Stiftung Berliner Mauer zu Ausstellungen, Lesungen, Führungen und Gesprächen mit Zeitzeugen einladen, in denen über alle Probleme im Zusammenhang mit der deutschen Teilung und über das Grenzregime der DDR informiert wird. Außerdem werden eine ehemalige Abfertigungsbox der Grenzer sowie weitere originale Utensilien aufgebaut. Man kann voraussagen, dass der Tränenpalast, wenn er denn als Gedenkstätte eröffnet ist, wofür es allerdings noch keinen Termin gibt, ein neuer Stern am Berliner Museums- und Veranstaltungshimmel wird. Die besondere Vergangenheit und das eigenartige Flair werden dafür sorgen.

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