Zwar ist die Grundsteinlegung für das Humboldtforum auf dem Schlossplatz
erst für das Frühjahr 2013 geplant, doch die Vorbereitungen für den
Wiederaufbau des Berliner Schlosses sind schon jetzt in vollem Gang. Gestern
eröffnete Andreas Scheuer, Parlamentarischer Staatssekretär im
Bundesbauministerium, auf einem ehemaligen Kasernengelände am Askanierring
in Berlin-Spandau die Bauhütte, in der der Fassadenschmuck ganz im Stil des
barocken Bildhauers und Schlossbaumeisters Andreas Schlüter gefertigt wird.
Als 1950 die Ruine des Hohenzollernpalastes auf Befehl des SED-Chefs Walter
Ulbricht gesprengt und abgetragen wurde, hat man zahlreiche Fotos
angefertigt und Stücke vom reichen Figurenschmuck aus dem frühen 18.
Jahrhundert geborgen. Diese Relikte dienen jetzt als Vorlagen für
originalgetreue Rekonstruktionen, sagt Steinbildhauer Carlo Wloch und hält
bei seiner Arbeit am kurfürstlich-brandenburgischen Wappen inne, das mit
weiteren Verzierungen dieser Art einst die Schlossfassade geschmückt hat und
sie nun wieder zieren soll. Die Bauhütte biete reichlich Raum für die
Aufstellung der Originale und der Modelle aus Gips und Ton, nach denen die
Gesimse und Konsolen, Pilaster und Säulen sowie der figürliche Schmuck aus
sächsischem Sandstein wie vor 300 Jahren millimetergetreu mit Hammer und
Meißel neu geschaffen werden.
„In der Schlossbauhütte finden Bildhauer und Restauratoren ideale
Arbeitsbedingungen, um die originalen Steine aufzuarbeiten und neue Modelle
für die Wiederherstellung des barocken Fassadenschmucks herzustellen“,
stellte beim Rundgang Staatssekretär Scheuer fest und fügte hinzu, dass mit
der Wiedererrichtung des Stadtschlosses eine empfindliche Lücke in der
deutschen Hauptstadt geschlossen wird. „Ich bin überzeugt, dass die
Botschaft, die von der heute eröffneten Schlossbauhütte ausgeht, weitere
Spender und Sponsoren anregen wird, Geld für die Wiederherstellung der
barocken Fassade zu stiften“.
Der Umzug der Werkstatt von der Mitte der Stadt an ihre Peripherie war
notwendig, weil bei der Bildhauerei viel Lärm und Staub entsteht, die den
Anwohnern nicht zugemutet werden konnten. „Die Halle ist so groß, dass dort
Lkw und Tieflager bequem hinein- und herausfahren zu können, um eines Tages
die mächtigen Steinbrocken zum Schlossplatz zu fahren. Zudem gibt es
reichlich Abstand zu den Wohnhäusern in der Nachbarschaft, so dass niemand
belästigt wird“, erklärte Manfred Rettig, Vorstand der Stiftung Berliner
Schloss – Humboldt Forum, und fügte hinzu, die Einrichtung einer
Schlossbauhütte stehe in der Tradition mittelalterlicher Dombauhütten, in
denen Generationen von Architekten, Handwerker und Künstler gemeinsam
mächtige Kathedralen errichtet haben. Die Kosten für die Werkstatt sowie
alle Arbeiten würden durch Spenden finanziert, die der Förderverein Berliner
Schloss e.V. einwirbt. Sponsoren können sich vor Ort nach vorheriger
Anmeldung über den aktuellen Stand der Wiederherstellung der Skulpturen
informieren, und vielleicht wird auch einmal die Berliner Bevölkerung
eingeladen, die Bauhütte zu besichtigen.
In der weitläufigen Anlage werden nach und nach alle noch vorhandenen
Originalteile der Fassade und der Schlossräume sowie alle nach alten Fotos
und Zeichnungen gefertigten Modelle zusammengeführt. Es handelt sich um
Objekte, die sich bisher im Besitz des Fördervereins befanden oder in Depots
der Berliner Denkmalpflege und der Staatlichen Museen zu Berlin verwahrt
wurden. „Eine solche Mustersammlung ist wichtig für unsere Steinbildhauer,
die immer wieder von neuem prüfen müssen, ob ihre Kopien mit den Vorlagen
übereinstimmen“, erklärt Rettig weiter. Der Ersatz des teuren und aufwändig
zu bearbeitenden Sandsteins durch Betonelemente komme aus ästhetischen und
denkmalpflegerischen Gründen nicht infrage. Außerdem seien solche
Betonabgüsse weniger haltbar als Naturstein. Eine von der Stiftung Berliner
Schloss – Humboldtforum eingesetzte Expertenkommission begleite die Arbeiten
wissenschaftlich und nehme die einzelnen Fassadenteile ab. Vertreten seien
in dem Gremium die Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum als Bauherrin,
das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung und der Architekten Stella,
ferner die Staatlichen Museen, das Landesdenkmalamt Berlin, die Stiftung
Preußische Schlösser und Gärten und die Humboldt-Universität Berlin.
Wilhelm von Boddien, der den Wiederaufbau seit den frühen neunziger Jahren
mit Energie und Witz betrieben hat und den Förderverein führt, rechnet mit
80 Millionen Euro für die barocke Fassade, hat aber erst 16 Millionen Euro
beisammen. „Wenn es mit dem Wiederaufbau richtig los geht, wird sich diese
Summe schnell erhöhen. Mit jeder Summe kommen wir unserem Ziel, die
Wiederherstellung von Berlins Mitte, ein Stück näher“, sagt von Boddien und
erinnert an die Humboldtbox am Schlossplatz. Der blau gestrichene
Aussichtsturm werde erst dann demontiert, wenn das Humboldt-Forum fertig
gestellt ist. Dann könne man von oben auch zuschauen, wie der Schlossbau
Fortschritte macht und nach und nach die in der Spandauer Bauhütte
gefertigten Adler, Wappenschilder, allegorischen Reliefs und all die anderen
Architekturelemente in die Fassade eingefügt werden.
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