Mutig den Angriffen der Nazis getrotzt -
Neuer Straßenname und attraktiver Platz erinnern an Bernhard Weiß und Ernst Litfaß



Die Bernhard-Weiss-Straße würdigt einen hohen Polizeibeamten aus der Zeit der Weimarer Republik und mutigen Antifaschisten.



Der Litfaß-Platz unweit des Hackeschen Markts erinnert an den Vater der nach ihm benannten Anschlagsäulen.



Bestattet ist der Berliner Drucker und Verleger Ernst Litfaß (1816-1874) auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof. (Fotos: Caspar)

Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, hat es im Herzen Berlins einen Adressenwechsel gegeben: Ein Teil der nach einem früheren preußischen Ministerpräsidenten benannten Otto-Braun-Straße heißt neuerdings Bernhard-Weiß-Straße. Benannt ist die Straße, an der die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung ihren Sitz hat, nach dem Juristen und Vizepräsidenten der Berliner Polizei, der bis zum Ende der Weimarer Republik üblen Diffamierungen der Nationalsozialisten ausgesetzt war. Vom damaligen Nazigauleiter und späteren Propagandaminister Joseph Goebbels als „Isidor Weiß“ verunglimpft und lächerlich gemacht, floh der jüdische Beamte im März 1933 erst nach Prag und im Januar 1934 nach London, wo er in einem Handlungsgeschäft für Druckereibedarf tätig war. Kurz vor seinem Tod am 29. Juli 1951 erhielt Weiss die lang erwartete Nachricht aus seiner Heimat, dass er die ihm von den Nazis aberkannte deutsche Staatsbürgerschaft zurück bekommt. „Ich kann ruhig sterben, ich bin Deutscher“, soll er gesagt haben. Allerdings war es Weiss nicht mehr vergönnt, die ersehnte Urkunde in Händen zu halten.

Der neue Straßenname ist eine späte, aber nicht zu späte Ehrenrettung für einen Mann, der unerschrocken gegen den aufkommenden Nationalsozialismus gekämpft und seinem Vaterland mit all seinen Kräften gedient hat. Immer wieder in elende Beleidigungsprozesse mit Goebbels verwickelt und dadurch unfreiwillig auch überregional bekannt geworden, verteidigte Weiss unerschrocken seine Ehre und Integrität und ein Land, das sich nach seiner Nationalhymne den Prinzipien von Einigkeit und Recht und Freiheit verpflichtet fühlte, an seinen eigenen Gebrechen dann aber unterging.

Neu im Berliner Straßenatlass ist auch der Litfaß-Platz nicht weit vom Bahnhof Hackerscher Markt entfernt. Er ist benannt nach dem Berliner Druckereibesitzer und Verleger Ernst Theodor Amandus Litfaß, dem wir vor allem die nach ihm benannten Anschlagsäulen verdanken. Auf zahlreichen Auslandsreisen gebildet, ließ er 1850 die ersten runden Plakat- und Zettelsäulen aufstellen. Mit ihrer Installation an zentralen Punkten der preußischen Residenzstadt fand das von der Polizei misstrauisch beäugte, unkontrollierte Anschlagen von Plakaten ein Ende. Einige dieser zunächst einhundert gusseisernen Litfaßsäulen konnten als Toilette benutzt werden, womit ein zusätzliches Bedürfnis befriedigt wurde. Andere Aufsteller dienten als Brunnen.

Die Novität wurde rasch so beliebt, dass schon zehn Jahre nach der Premiere 50 weitere Anschlagsäulen aufgestellt werden mussten. Auch andere Städte waren bei der Übernahme der „großen Dicken“, wie man die Säulen auch nannte, nicht faul. Auf den überlebensgroßen Säulen verbreiteten Magistrat und Polizeibehörden amtliche Verlautbarungen, die bei Litfaß gedruckt wurden. Außerdem warben zahlreiche Unternehmen für ihre Erzeugnisse und Dienstleistungen. Eine dem Original von der Bildhauerin Felicitas Franck geschaffene Litfaßsäule an der Ecke Münzstraße/Almstadtstraße unweit des Alexanderplatzes würdigt in Bild und Schrift das Leben des Unternehmers, der auch als Mäzen und Veranstalter von Benefizkonzerten einen guten Ruf hatte. Bestattet ist Ernst Litfaß auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof neben vielen Prominenten, die sich um Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik verdient gemacht haben.

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