Der Bau der Berliner Rathausbrücke zwischen Nikolaiviertel und Marstall
macht Fortschritte. Für Archäologen ergab sich im Vorfeld die einzigartige
Möglichkeit nachzuschauen, wie die Vorgängerbauten ausgesehen haben. Im
neuen Jahrbuch „Archäologie in Berlin und Brandenburg“ schildert Norbert
Graf, was Bagger aus der Spree ans Tageslicht brachten und aus welcher Zeit
die Hinterlassenschaften stammen. Die Rathausbrücke war ursprünglich eine
Holzkonstruktion, die 1692 bis 1694 durch einen repräsentativen Neubau aus
Stein mit reichem Figurenschmuck ersetzt wurde. Preußens König Friedrich I.
ließ dort 1703 das von seinem Hofbildhauer Andreas Schlüter geschaffene und
von Johann Jacobi in Bronze gegossene Reiterdenkmal seines Vaters, des
Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, aufstellen. Das
Monument schmückt heute im Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses, eine
Kopie steht in der Eingangshalle des Bode-Museums auf der Museumsinsel.
Die Rathausbrücke hieß ursprünglich Lange Brücke oder Kurfürstenbrücke. Als
man die Spree Mitte des 19. Jahrhunderts schiffbar machte, wurde sie durch
einen Neubau ersetzt, der die Passage größerer Fahrzeuge ermöglichte. Ende
des Zweiten Weltkriegs vor der heranrückenden Roten Armee gesprengt,
existierte hier ein Provisorium, das nun durch eine neue Brücke ersetzt
wird. Ob auf der neuen Rathausbrücke, die nach der Rathausstraße benannt
wird, eine Kopie des barocken Kurfürstendenkmals aufgestellt wird, hängt von
Sponsorengeldern ab. Im Zusammenhang mit dem Bau des Humboldt-Forums mit der
Fassade des 1950 abgerissenen Stadtschlosses wird dieser Wunsch immer mal
wieder diskutiert.
Archäologen waren seit Beginn der Abrissarbeiten der alten und dem Bau der
neuen Rathausbrücke dabei und konnten Reste der Steinbrücke aus dem späten
17. Jahrhundert freilegen. Gefunden wurden auch Lorbeerblätter aus Bronze,
die zu allegorischen Figuren gehörten, mit denen vor über 300 Jahren Berlins
erste Steinbrücke geschmückt waren. Friedrich III., der 1688 die Nachfolge
des Großen Kurfürsten antrat und sich König Friedrich I. nannte, war so
stolz auf diese Errungenschaft, dass er sie 1692 auf einer Medaille mit dem
ins Deutsche übersetzten Motto „Zum öffentlichen Nutzen“ verherrlichen ließ.
Im Flussbett haben die Archäologen neben Münzen auch den Rest eines
mittelalterlichen Lichtstocks aus gebranntem Ton entdeckt. Dass man in ihn
brennendes Holz steckte, unterstreichen Russpartikel. Das mit eingeritzten
menschlichen Figuren, die sich vielleicht als Apostel deuten lassen,
versehene Objekt könnte laut Norbert Graf einen Altar beleuchtet haben.
Das neue Jahrbuch „Archäologie in Berlin und Brandenburg“ erschien im Verlag
Konrad Theiss Stuttgart, hat 177 Seiten, ist reich illustriert und kostet
26,59 Euro (ISBN 978-3-8062-2464-1). Es schildert, um nur in Berlin zu
bleiben, Ergebnisse von Grabungen auf dem Petriplatz sowie auf dem
Schlossplatz und vor dem Staatsratsgebäude in Mitte sowie in Köpenick und
Spandau.
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