Bildung und Vernunft für das Volk -
Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ über Schule und Erziehung







Im Schloss Rekahn und dem nahe gelegenen Schulmuseum wird geschildert, wie sich Friedrich Eberhard von Rochow und andere kluge Leute vor über 200 Jahren mühten, das Bildungsniveau vor allem auf Land zu heben und welche Resonanz sie dabei fanden. (Fotos: Caspar)

Friedrich II., der Große, hielt nicht viel davon, dass Bauern Bildung erwerben. Der Herr über das vorwiegend agrarisch geprägte Preußen meinte, wer von der Landbevölkerung lesen, schreiben, rechnen und noch ein wenig mehr kann, gehe in die Stadt und werde Advokat, Händler oder Handwerker, und das sei überhaupt nicht gut für die Monarchie, seine Landwirtschaft und seine Ständegesellschaft. Dieser Auffassung, nach der jeder nur das Seine tun soll, stellten sich weitsichtige Pädagogen, Gelehrte, Geistliche und sogar einige adlige Gutsbesitzer entgegen. Einer war der Schulreformer Friedrich Eberhard von Rochow (1734-1805), Schloss- und Gutsherr in Rekahn. Warum das Dorf im heutigen Landkreis Potsdam-Mittelmark in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine internationale Berühmtheit und Pilgerstätte von Interessenten aus aller Herren Länder war, schildert Hanno Schmitt in der 81. Ausgabe der Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ zum Thema „Kindheit in der Mark“.

In seinem Beitrag über die Bildungsoffensive des Herrn von Rochow stellt Hanno Schmitt das Schloss zu Rekahn und die darin befindliche Ausstellung „Vernunft für das Volk“ vor und geht der Frage nach, was den Guts- und Brandenburger Domherrn bewog, gegen einen allgemeinen Trend Bauernkinder, und zwar Jungen wie Mädchen, eine gediegene Grundausbildung angedeihen zu lassen und welches nationale und internationale Echo er dabei fand. Ein Besucher sah in der 1773 eröffneten Musterschule einen angenehmen Ort für die Kinder, „denen jede Beschäftigung in derselben ihnen zum Vergnügen gereicht. Der größte Theil der Kinder eilt daher wirklich mit Freude zum Unterricht und nimmt mit einem heiteren Gesicht daran Theil“. Der Berliner Gymnasialdirektor und Geograph Anton Friedrich Büsching lobte den auch als Schriftsteller produktiven Kinder- und Menschenfreund Friedrich Eberhard von Rochow als einen seltenen Patrioten, dessen Schulwesen „wegen seiner Vortrefflichkeit würdig wäre, berücksichtigt, gepriesen und nachgeahmet zu werden“.

Gegen Initiativen dieser Art mochte Friedrich der Große nichts unternehmen. Er ermahnte die Eltern minderbemittelter Kinder, sich um deren Erziehung zu kümmern, und stellte, sparsam wie er in solchen Dingen war, ausgemusterte und invalide Soldaten als Schulmeister ein. Dass gute Bildung eine wichtige Ressource darstellt und nur mit ihr ein Staatswesen eine Zukunft hat, war im 18. Jahrhundert nicht einmal im angeblich so aufgeklärten Preußen Allgemeingut. Indem Schmitt für einen Besuch in Rekahn wirbt, fasst er abschließend zusammen, dass die kinderfreundliche Unterrichtsreform auf den Rochowschen Gütern ein notwendiger und gewichtiger Anfang war, „durch den es überhaupt erst möglich wurde, allen Kindern auf dem Lande eine schulische Ausbildung zu vermitteln“.

Die „Die Mark Brandenburg“ macht an anderer Stelle mit historischem Kinderspielzeug bekannt (Autorin: Sonja Michaelis) und geht der Frage nach, wie bei den Hohenzollern die in der Regel nicht sehr menschenfreundliche, ja sogar tyrannische Prinzenerziehung beschaffen war und was Kinder aus den allerhöchsten Kreisen erdulden mussten (Marcel Piethe). In dem wie immer reich illustrierten Heft stellt überdies Peter Schmidt die berühmten Neuruppiner Bilderbogen vor, die auf volkstümliche Weise Informationen über Gott und die Welt sowie Menschen, Tiere und Sensationen verbreiteten und zur Ausstattung vieler „guter Stuben“ und natürlich auch von Kinderzimmern gehörten. Aus dem Dunkel der Geschichte holt Carola Pohlmann den seinerzeit sehr beliebten Schriftsteller und Dramatiker Ernst von Houwald (1778-1845) hervor und würdigt seine für „Kinder gebildeter Stände“ bestimmten Bücher. In der Zeit der deutschen Klassik, der Romantik und des Biedermeier verfasst, bildeten und belehrten sie Kinder und Erwachsene und appellierten an Liebe, Aufrichtigkeit, Toleranz und Mitmenschlichkeit. Houwalds Ziel ist es, seine jungen Leser zu läutern und sie auf das Leben vorzubereiten. Welche Gefahren und Versuchungen es bereit hält, wird ebenso geschildert wie die Wege, diese mit einem durch viel Zuwendung und Verständnis gefestigten Charakter und einer gehörigen Portion Wissen zu meistern.

Die Mark Brandenburg, Heft 81 (Juni 2011), 5 Euro, Marika Großer Verlag Berlin, Tel. 030/6452801, ISBN 978-3-910134-54-6.

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