Als die aus Süddeutschland stammenden Hohenzollern vor 600 Jahren die
Herrschaft in Brandenburg antraten, wurden sie nicht gerade mit offenen
Armen empfangen. Den Fremdlingen stellten sich einflussreiche Adelsfamilien
entgegen, die das bisherige Chaos weiter für eigene Zwecke nutzen wollten
und gegen die Zentralgewalt opponierten. Woher diese Clans kamen, was sie
taten, wo sie lebten und wie sie den Kurfürsten von Brandenburg und Königen
von Preußen dienten, ist Thema einer neuen Ausgabe der Heimatzeitschrift
"Die Mark Brandenburg". Jürgen Walter befasst sich mit der Herkunft der weit
verzweigten Familie von Arnim und ihren Mythen. Der Name wird mit den Grafen
von Arneburg in Verbindung gebracht, die mit dem ersten brandenburgischen
Markgrafengeschlecht verwandt waren. Näher als die mittelalterlichen
Rittersleut liegt uns das Schriftstellerpaar Achim und Bettina von Arnim,
das in Wiepersdorf (Landkreis Teltow-Fläming) und Berlin zuhause war und uns
vor allem durch die Liedsammlung "Des Knaben Wunderhorn" beziehungsweise
durch die sozialkritische Streitschrift "Dies Buch gehört dem König" bekannt
ist. Ob König Friedrich Wilhelm IV., der Romantiker auf dem preußischen
Thron, Bettinas Klagen über das Leben in den Berliner Armenvierteln gelesen
hat, wissen wir nicht. Dass sie aber eine der ganz großen deutschen
Frauengestalten des 19. Jahrhunderts war, ist unbestritten. An sie und ihren
Mann wird im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf erinnert, und auch ein Denkmal
auf dem Arnimplatz in Berlin-Prenzlauer Berg hält die Erinnerung an das
Künstlerpaar aus uraltem märkischem Adel wach.
Theodor Fontane nannte einmal die Bredows die märkischste aller märkischen
Familien, und Marcel Piethe empfiehlt in einem anderen Beitrag des
hervorragend illustrierten Heftes, sich im Havelland auf die Spurensuche
nach ihr zu machen. Der Verfasser betont, dass die Stadt Kremmen (Landkreis
Oberhavel) dieser Familie viel verdankt. Der letzte dieses Namens versuchte
im April 1945, sein Schloss Bredow gegen sowjetische Soldaten zu
verteidigen. In aussichtsloser Lage erschoss er erst seinen Jagdhund und
dann sich selbst. Das alte Herrenhaus ist heute verschwunden wie so viele
andere nach dem Zweiten Weltkrieg aus ideologischen Gründen dem Erdboden
gleich gemachte Landschlösser auch.
Das in der Prignitz ansässige Geschlecht der Gans Edlen Herren zu Putlitz
leitet seinen Namen von der altmärkischen Gänseburg zu Putlitz ab, und daher
führt die Familie bis heute eine Gans im Wappen. Nach 1945 enteignet, gehen
die Gans zu Putlitz und ihre Verwandten heute bürgerlichen Berufen nach.
Überregional bekannt ist die von Bernhard von Barsewisch gegründete
betriebene Augen-Tagesklinik in Groß Pankow (Landkreis Prignitz). Im
Putlitzschen Gutshaus zu Wolfshagen (Landkreis Prignitz) stellt der
Mediziner kostbares Porzellan mit blauer Bemalung aus und zieht damit
zahllose Neugierige an..
Die Historie ging mit der nahe Perleberg ansässigen Familie derer von
Quitzow nicht zimperlich um. Wie Theodor Fontane plädiert auch Uwe Michas in
seinem Beitrag für eine differenzierte Betrachtungsweise ihrer Taten und
Untaten. Zwar lehnten sich die Brüder Johann und Dietrich von Quitzow im 15.
Jahrhundert gegen die Hohenzollern auf, doch sollte diese dunkle Seite der
Familiengeschichte den Blick nicht auf das verstellen, was andere dieses
Namens für ihr Land geleistet haben. Romantische Raubrittergeschichten
helfen wenig, Licht in die Beziehungen des Adelsgeschlechts zur Obrigkeit zu
bringen, und da tut es gut, wenn "Die Mark Brandenburg" bei der Aufklärung
hilft. Dass die Familie derer von Ribbeck aus Ribbeck im Havelland mehr zu
bieten hat als es Fontanes Birnen-Gedicht überliefert, schildert Udo
Geiseler im abschließenden Beitrag. Nach der Wiedervereinigung gelang es der
Familie von Ribbeck nicht, Teile ihrer Güter zurückzubekommen, obwohl einer
aus ihren Reihen, Hans Georg Karl von Ribbeck, als erklärter Nazigegner von
der Gestapo verhaftet wurde und im KZ Sachsenhausen ums Leben kam. Heute
stellen Nachkommen in Ribbeck Birnenessig her, und vergessen sind auch
Ressentiments, die ihnen nach 1990 entgegen gebracht wurden. Niemand wolle
mehr auf die Mitwirkung der Adelsfamilie bei der Entwicklung des Dorfes
verzichten, berichtet der Autor, sie gehöre zum Dorf, als wäre sie nie
abwesend gewesen.
Die Mark Brandenburg Heft 82, Marika Großer Verlag Berlin, 41 Seiten, 5 Euro
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