Zwischen Ohnmacht, Hoffen und Zorn -
Haus der Geschichte erinnert im Berliner Tränenpalast an das Grenzregime der DDR



Im Tränenpalast wird mit authentischen Hinterlassenschaften über das DDR-Grenzregime und die komplizierten Beziehungen zwischen Ost und West informiert.



Die Eingangshalle des Tränenpalastes ist weitgehend authentisch wiederhergestellt.



Was beim Grenzübertritt mitgenommen werden durfte, bestimmten die DDR-Behörden. Eine Auswahl von Koffern zeigt, was der Zoll mit fadenscheinigen Begründungen einbehalten hat.



Diplomaten und andere bevorrechtigte Personen durften den Tränenpalast schnell passieren, der große Rest musste sich in lange Warteschlangen stellen. (Fotos: Caspar)

Berlin hat eine neue Gedenkstätte, und schon in den ersten Tagen nach seiner Eröffnung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel erweist sich der Tränenpalast unweit des Bahnhofs Friedrichstraße als einzigartiger Publikumsmagnet und als Lernort der Extraklasse. Durch die aus Glas, Stahl und Beton gebildete Übergangsstelle wurden in „Mauerzeiten“ tagtäglich unzählige Menschen, die den West- oder in den Ostteil Berlins besuchen wollten, geschleust. Ebenso verabschiedeten sich hier jene DDR-Bewohner von ihren Verwandten und Freunden, denen nach langer schikanöser Antragszeit die „Ausreise“ in den Westen gestattet wurde. „Als sich mein Sohn mit seiner Familie im März 1988 von uns verabschiedete, flossen Tränen. Wir wussten ja nicht, wann wir uns wieder sehen würden, denn wer die DDR per Ausreiseantrag den Rücken kehrte, waren ein Ausgestoßener, ja ein Feind des Arbeiter-und-Bauern-Staates“, erinnert sich Werner Neubert aus Weißensee, den wir vor einer Box trafen, in der DDR-Grenzer die Reisedokumente intensiv prüften und auch die vor ihnen stehenden Leute misstrauisch betrachteten. Eine andere Besucherin, die ab und zu Verwandte in Ostberlin traf, schildert ihre Gefühle damals beim Laufen durch die Katakomben im Bahnhof Friedrichstraße als Zustand zwischen Ohnmacht und Bangen, Hoffen, Freude und Zorn und fügt hinzu, dass das Gott sei Dank nun alles vorbei ist, aber nicht vergessen werden sollte.

Das Haus der Geschichte in Bonn hat im Tränenpalast unter der Überschrift „GrenzErfahrungen – Alltag der deutschen Teilung“ auf 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche eine sehenswerte Ausstellung eingerichtet, deren zeitliches Spektrum vom Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 bis zum Ende des Kalten Kriegs 1989/90 reicht. Einige der zahlreichen Abfertigungsschalter wurden neu aufgestellt und vermitteln eine Ahnung davon, wie es im Tränenpalast zuging, als er noch eine streng gesicherte Übergangsstelle war. Wer Diplomat war oder eine Sondergenehmigung besaß, durfte ohne Anstehen passieren, der große Rest aber musste erniedrigende Prozeduren über sich ergehen lassen, bis er endlich einen besonderen Bahnsteig im Bahnhof Friedrichstraße erreichte.

Die neue Erinnerungsstätte zeigt Utensilien, mit denen die DDR-Grenzer bei der Abfertigung der artig vor ihnen stehenden Menschen hantierten. Anhand von Koffern und Paketen wird dargestellt, was man beim Wechsel von hüben nach drüben mitnehmen durfte und was verboten war und einbehalten wurde. Ebenso lernen Besucher Methoden der Propaganda und Gegenpropaganda anhand von Plakaten und Zeitungsausschnitten, an Hörstationen auch durch Reden und Lieder kennen. Sie sehen, wie nach dem 13. August 1961 die Mauer mit großem finanziellem und technischem Aufwand immer undurchlässiger gemacht wurde, und es wird auch an jene Menschen erinnert, die bei der Flucht Leben und Freiheit verloren haben.

Wie Hans Walter Hütter, der Präsident der Stiftung des Bonner Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bei der Eröffnung erklärte, sei der Tränenpalast wegen der Authentizität des Ortes wie kaum ein anderes Haus geeignet, auch jenen Menschen ein Stück dramatischer Zeitgeschichte nahezubringen, die die deutsche Teilung nicht mehr erlebt haben. Er freut sich, dass besonders viele junge in den Tränenpalast kommen, und er lädt Schulklassen zu Geschichtsstunden der besonderen Art ein.

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