Kleiner Vorgeschmack auf das Schloss -
Die himmelblaue Humboldtbox erfreut sich nach der Eröffnung großen Zuspruchs



Wilhelm von Boddien kämpft seit 20 Jahren für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses und freut sich, dass es damit in zwei Jahren endlich losgeht.



An die futuristisch anmutende Humboldt-Box wird man sich langsam gewöhnen. Sie bleibt stehen, bis das Schloss als Humboldt-Forum fertig gestellt ist.



Von den barocken Verzierungen des Stadtschlosses ist einiges erhalten geblieben. Sie dienen den Bildhauern für Kopien, die dann in die Fassade eingefügt werden sollen.



Wie das im Krieg teilweise zerstörte und 1950 abgerissene Schloss aussah, zeigt ein großes Modell in der Humboldt-Box. (Fotos: Helmut Caspar)

Man sollte schon etwas Zeit mitbringen, wenn man die Ausstellung in Berlins neuestem Ausstellungshaus, der nach Plänen der Architektengemeinschaft Krüger, Schuberth und Vandreike errichtete Humboldt-Box auf dem Schlossplatz, besichtigen will. Der Ansturm auf den nach den Brüdern Wilhelm und Alexander von Humboldt benannten Fünfgeschosser mit Dachcafé wird sich aber legen, und außerdem soll das futuristisch anmutende Haus so lange stehen bleiben, bis das Humboldt-Forum mit der Fassade des 1950 abgerissenen Stadtschlosses fertig gestellt sein wird. Das könnte 2019 der Fall sein. Beim Rundgang erhält man einen kleinen Vorgeschmack auf das, was in dem künftigen Kulturzentrum gezeigt werden soll. Nutzer sind die Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, die hier ihre bisher in Dahlem gezeigten Zeugnisse außereuropäischer Kulturen präsentieren wollen, ferner die Humboldt-Universität mit ihren kostbaren Sammlungen sowie die Landesbibliothek Berlin mit einer Auswahl ihrer schönsten Bücher.

Die Palette der auf 800 Quadratmetern ausgebreiteten Exponate in der himmelblau gefärbten Humboldt-Box reicht von Stadt- und Schlossmodellen, Resten von barocken Skulpturen sowie Bild- und Texttafeln zur wechselvollen Geschichte des Berliner Schlosses und seines Nachfolgebaus, des Palasts der Republik, bis zu Installationen, die mit Schätzen der Staatlichen Museen bekannt machen. Ergänzende Informationen liefern Medienstationen, die die Pläne zum Wiederaufbau und die Vorstellungen der drei Nutzer erläutern.

Die Ausstellung wirkt ein wenig beliebig und bleibt bis auf die Präsentation in der ersten Etage unter den Möglichkeiten, die das geräumige Haus mit Fahrstuhl bietet. Unklar bleiben die Vorstellungen darüber, wie denn der Schlossneubau innen aussehen soll und ob daran gedacht ist, einige der verloren gegangenen Prunkräume zu rekonstruieren und wie diese denn mit historischen Möbeln, Gemälden und Gobelins geschmückt werden sollen, wie es Schloss-Freunde wünschen. Über das „Ob“ des Wiederaufbaus mit modern-funktionalem Innenleben gibt es, so erfährt man vor Ort, nach den Beschlüssen des Deutschen Bundestages keinen Streit. Nur das „Wie“ und das „Womit“ sind noch nicht ganz geklärt. Denn die Kosten schnellen nach neuen Berechnungen noch einmal in die Höhe. Es kann daher sein, dass vorerst aus Kostengründen auf den Bau der riesigen Schlosskuppel aus dem 19. Jahrhundert verzichtet wird. Doch soll dieses die Silhouette der Stadt prägende Merkmal auf alle Fälle gebaut werden, wenn nicht in den kommenden Jahren, dann irgendwann später, wenn die Bezahlung geklärt ist, heißt es im Förderverein Berliner Schloss e. V. Die eingeplanten 590 Millionen Euro werden vermutlich nicht ganz ausreichen. Es werden wohl noch weitere 30 Millionen Euro benötigt, wenn das reicht.

Wilhelm von Boddien, der den Wiederaufbau seit den frühen neunziger Jahren mit Witz und Energie betrieben hat, rechnet mit 80 Millionen Euro allein für die Wiederherstellung der barocken Fassade, hat aber diese aus Spenden gespeiste Summe noch lange nicht beisammen. An gut sichtbarer Stelle steht daher in der Agora in der ersten Etage ein Automat, in den man wie bei einer Parkuhr Spendengeld zum Schlossaufbau einwerfen kann. „Die Quittung über Beträge zwischen zehn Cent und unendlich kann beim Finanzamt eingereicht werden, mit jeder Summe kommen wir unserem Ziel, die Wiederherstellung von Berlins Mitte, ein Stück näher“, sagt von Boddien und zieht gleich einen solchen Beleg.

Wenn man Besucher im Café auf der Aussichtsplattform nach dem Sinn und der Realisierbarkeit des Schlossneubaus fragt, erhält man unterschiedliche Antworten. Die einen hoffen, dass 2013 wie versprochen der Grundstein gelegt wird und es dann mit dem Bau zügig vorangeht. Andere sind skeptisch und glauben, dass das ganze Projekt angesichts knapper öffentlicher Kassen um weitere Jahre verschoben wird, weil kaum jemandem außerhalb Berlins zu vermitteln sei, dass sich die deutsche Hauptstadt ein solch kostspieliges Prestigeobjekt leistet, wo andernorts das Nötigste für die Sanierung von Schulen, Krankenhäusern und Theatern fehlt.

Die Humboldt-Box wird erst dann demontiert, wenn das Humboldt-Forum fertig gestellt ist. Dann kann man von oben zuschauen, wie der Schlossbau Fortschritte macht. Schon jetzt kann man von oben beobachten, wie Archäologen alte Gewölbe und andere Originalteile des Schlosses freilegen. Einige dieser Hinterlassenschaften sollen in das Humboldt-Forum einbezogen werden. Die Humboldt-Box ist täglich von 10 bis 18 Uhr, am Donnerstag bis 22 Uhr geöffnet. Im Buch- und Souvenirshop liegt reichlich Informations- und Anschauungsmaterial aus.

Zurück zur Themenübersicht "Berlin und das Land Brandenburg"