Man sollte schon etwas Zeit mitbringen, wenn man die Ausstellung in Berlins
neuestem Ausstellungshaus, der nach Plänen der Architektengemeinschaft
Krüger, Schuberth und Vandreike errichtete Humboldt-Box auf dem
Schlossplatz, besichtigen will. Der Ansturm auf den nach den Brüdern Wilhelm
und Alexander von Humboldt benannten Fünfgeschosser mit Dachcafé wird sich
aber legen, und außerdem soll das futuristisch anmutende Haus so lange
stehen bleiben, bis das Humboldt-Forum mit der Fassade des 1950 abgerissenen
Stadtschlosses fertig gestellt sein wird. Das könnte 2019 der Fall sein.
Beim Rundgang erhält man einen kleinen Vorgeschmack auf das, was in dem
künftigen Kulturzentrum gezeigt werden soll. Nutzer sind die Staatlichen
Museen Preußischer Kulturbesitz, die hier ihre bisher in Dahlem gezeigten
Zeugnisse außereuropäischer Kulturen präsentieren wollen, ferner die
Humboldt-Universität mit ihren kostbaren Sammlungen sowie die
Landesbibliothek Berlin mit einer Auswahl ihrer schönsten Bücher.
Die Palette der auf 800 Quadratmetern ausgebreiteten Exponate in der
himmelblau gefärbten Humboldt-Box reicht von Stadt- und Schlossmodellen,
Resten von barocken Skulpturen sowie Bild- und Texttafeln zur wechselvollen
Geschichte des Berliner Schlosses und seines Nachfolgebaus, des Palasts der
Republik, bis zu Installationen, die mit Schätzen der Staatlichen Museen
bekannt machen. Ergänzende Informationen liefern Medienstationen, die die
Pläne zum Wiederaufbau und die Vorstellungen der drei Nutzer erläutern.
Die Ausstellung wirkt ein wenig beliebig und bleibt bis auf die Präsentation
in der ersten Etage unter den Möglichkeiten, die das geräumige Haus mit
Fahrstuhl bietet. Unklar bleiben die Vorstellungen darüber, wie denn der
Schlossneubau innen aussehen soll und ob daran gedacht ist, einige der
verloren gegangenen Prunkräume zu rekonstruieren und wie diese denn mit
historischen Möbeln, Gemälden und Gobelins geschmückt werden sollen, wie es
Schloss-Freunde wünschen. Über das „Ob“ des Wiederaufbaus mit
modern-funktionalem Innenleben gibt es, so erfährt man vor Ort, nach den
Beschlüssen des Deutschen Bundestages keinen Streit. Nur das „Wie“ und das
„Womit“ sind noch nicht ganz geklärt. Denn die Kosten schnellen nach neuen
Berechnungen noch einmal in die Höhe. Es kann daher sein, dass vorerst aus
Kostengründen auf den Bau der riesigen Schlosskuppel aus dem 19. Jahrhundert
verzichtet wird. Doch soll dieses die Silhouette der Stadt prägende Merkmal
auf alle Fälle gebaut werden, wenn nicht in den kommenden Jahren, dann
irgendwann später, wenn die Bezahlung geklärt ist, heißt es im Förderverein
Berliner Schloss e. V. Die eingeplanten 590 Millionen Euro werden vermutlich
nicht ganz ausreichen. Es werden wohl noch weitere 30 Millionen Euro
benötigt, wenn das reicht.
Wilhelm von Boddien, der den Wiederaufbau seit den frühen neunziger Jahren
mit Witz und Energie betrieben hat, rechnet mit 80 Millionen Euro allein für
die Wiederherstellung der barocken Fassade, hat aber diese aus Spenden
gespeiste Summe noch lange nicht beisammen. An gut sichtbarer Stelle steht
daher in der Agora in der ersten Etage ein Automat, in den man wie bei einer
Parkuhr Spendengeld zum Schlossaufbau einwerfen kann. „Die Quittung über
Beträge zwischen zehn Cent und unendlich kann beim Finanzamt eingereicht
werden, mit jeder Summe kommen wir unserem Ziel, die Wiederherstellung von
Berlins Mitte, ein Stück näher“, sagt von Boddien und zieht gleich einen
solchen Beleg.
Wenn man Besucher im Café auf der Aussichtsplattform nach dem Sinn und der
Realisierbarkeit des Schlossneubaus fragt, erhält man unterschiedliche
Antworten. Die einen hoffen, dass 2013 wie versprochen der Grundstein gelegt
wird und es dann mit dem Bau zügig vorangeht. Andere sind skeptisch und
glauben, dass das ganze Projekt angesichts knapper öffentlicher Kassen um
weitere Jahre verschoben wird, weil kaum jemandem außerhalb Berlins zu
vermitteln sei, dass sich die deutsche Hauptstadt ein solch kostspieliges
Prestigeobjekt leistet, wo andernorts das Nötigste für die Sanierung von
Schulen, Krankenhäusern und Theatern fehlt.
Die Humboldt-Box wird erst dann demontiert, wenn das Humboldt-Forum fertig
gestellt ist. Dann kann man von oben zuschauen, wie der Schlossbau
Fortschritte macht. Schon jetzt kann man von oben beobachten, wie
Archäologen alte Gewölbe und andere Originalteile des Schlosses freilegen.
Einige dieser Hinterlassenschaften sollen in das Humboldt-Forum einbezogen
werden. Die Humboldt-Box ist täglich von 10 bis 18 Uhr, am Donnerstag bis 22
Uhr geöffnet. Im Buch- und Souvenirshop liegt reichlich Informations- und
Anschauungsmaterial aus.
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