Die Welt ist voller Morden - Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz dokumentiert Propaganda und Gegenpropaganda im Ersten Weltkrieg



In ihrer Propaganda sprangen die beiden Kriegsparteien wenig zimperlich miteinander um. Die eine Seite verunglimpfte die andere als mordlüsterne Unholde und Vergewaltiger.



Obwohl der Krieg nicht gewonnen war und auch nicht gewonnen werden konnte, machten sich ein patriotischer Künstler Gedanken über ein Siegesmal direkt vor dem Brandenburger Tor in Berlin.



Kaiser Wilhelm II. als Besitzer von 50 Schlössern weiß nach seiner Entmachtung nicht, wo er schlafen soll. Doch so verheerend ging der Erste Weltkrieg zumindest für das Reichsoberhaupt nicht aus; seine Untertanen traf es weitaus schlimmer. (Fotos: Caspar)

In der Ausstellung „Die Welt ist voller Morden“ zeigt das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz an der Archivstraße in Berlin-Dahlem regierungsamtliche, aber auch private Zeugnisse aus dem Ersten Weltkrieg wie kaiserliche Proklamationen, Plakate, Feldpostbriefe sowie Tagebücher, aus denen die anfängliche Hoffnung auf ein schnelles Ende des Krieges in die Furcht vor einem furchtbaren Erwachen hervor geht. Die in mehreren Vitrinen vor dem großen Lesesaal des Archivs ausliegenden Bildpostkarten und Karikaturen zeigen, wie die Kriegsparteien massiv gegeneinander gehetzt, aber sich auch gegenseitig lächerlich und klein gemacht haben, wohl auch um sich selber stärker erscheinen zu lassen und sich Mut zu machen. Um den Gegner zu verunglimpfen und zugleich die Kriegsmoral der eigenen Leute auf den Schlachtfeldern und an der langsam bröckelnden Heimatfront zu stärken, war jedes Mittel der Lüge und Übertreibung recht. Für die Hersteller waren die bunten Karten ein wunderbares Geschäft. Manchen Leuten ging die blutrünstige Kriegspropaganda allerdings so auf die Nerven, dass sie forderten, den Gegner nicht als Massenmörder und Vergewaltiger abzuqualifizieren, sondern ihm ein Stück Würde zu belassen.

Es versteht sich, dass nach dem Ende des Krieges der ins holländische Exil geflüchtete Kaiser Wilhelm II. ein besonderes Ziel der Karikaturisten im In- und Ausland war. Sorgsam im Geheimen Staatsarchiv eingeordnet, lassen die Spottbilder den Hohenzollernherrscher auf sein ganz normales Maß schrumpfen, doch sie zeigen auch, wie er und seine Gemahlin sich schnell noch mit wunderbaren Lebensmitteln eindecken und die hungernden Untertanen im Stich lassen. Ausgelegt sind so genannte Huldtelegramme, in denen stramm national gesonnene Männer und Frauen ihrem Kaiser unbedingte Treue bis in den Tod versprechen. „Bravo veröffentlichen!“ schrieb der Kaiser unter ein Telegramm, in dem der Deutsche Frauenbund 1917 dem Reichsoberhaupt mit Blick auf eine Friedensinitiative des amerikanischen Präsidenten Wilson versicherte: „wilsons taeppischer griff in die volksseele weckt uns. hellauf flammt von neuem der geist von 1914 und millionen haende heben sich zu neuem treueschwur auch wir halten durch“.

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