"Poesie aus Sandstein"
Neue deutsche Zwei-Euro-Münze 2016 würdigt den Dresdner Zwinger und sein Kronentor


Stanislaw Tillich, Angela Merkel und Jens Spahn freuen sich über den Zuwachs in der Serie der vor zehn Jahren eröffneten deutschen Länderserie.



Die neue Zwei-Euro-Münze mit dem Dresdner Zwinger wurde in allen deutschen Prägeanstalten in einer Gesamtauflage von 30 Millionen Exemplaren hergestellt.



Das Kronentor ist ein markantes Dresdner Wahrzeichen und erinnert an den Traum Augusts des Starken vor 300 Jahren, eines Tages die römisch-deutsche Kaiserkrone zu erlangen.



In der DDR wurden der Dresdner Zwinger und die Ruine der Frauenkirche auf Fünf-Mark-Stücken von 1985 dargestellt. (Fotos: Caspar)


Vor zehn Jahren kam die erste Ausgabe einer Serie von Zwei-Euro-Münzen heraus, mit der sich die 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland nach und nach mit herausragenden Bau- und Kunstdenkmalen vorstellen. Die erste Münze bildete 2006 das Lübecker Holstentor als Symbol für das Bundesland Schleswig-Holstein ab, die Ausgabe von 2016 ist mit dem Kronentor des Dresdner Zwingers geschmückt. Jens Spahn, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, übergab am 1. Februar 2016 im Bundeskanzleramt die neue Münze der Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem sächsischen Ministerpräsidenten und amtierenden Präsidenten des Deutschen Bundesrat Stanislaw Tillich.

Die Bundeskanzlerin lobte den von Jordi Truxa geschaffenen Entwurf für die neue Ländermünze als exzellent gelungen und als schönen Beweis für die kulturelle Vielfalt in unserem Land, die durch die neue Umlaufmünze und weitere Ausgaben auch in andere Staaten strahlt. Da die Münze überall im Euroland gilt und umläuft, sei ihr, wie auch den anderen Ländermünzen, als ansehnlicher Werbeträger weite Verbreitung sicher, sagte Merkel. Ministerpräsident Tillich erinnerte in der kleinen Feierstunde daran, dass auch die Rohlinge für die Bundesmünzen aus Sachsen stammen sowie aktuelle Euro-Geldscheine bei Giesecke & Devrient in Leipzig gedruckt werden. Die mit dem Kürzel JT des Münzdesigners Jordi Truxa sowie dem Münzbuchstaben der jeweiligen Prägeanstalt signierte Bimetallmünze trägt die Randschrift "Einigkeit und Recht und Freiheit" und wird in einer Gesamtauflage von 30 Millionen Exemplaren in den fünf deutschen Geldfabriken hergestellt und kann für einen Aufpreis auch in der Qualität Spiegelglanz und als fünfteiliges Set bei der Verkaufsstelle für Sammlermünzen der Bundesrepublik Deutschland im Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, DGZ-Ring 12, 13086 Berlin bezogen werden.

Der sächsische Kurfürst und polnischen König Friedrich August I./August II., genannt August der Starke, hatte den auch als "Poesie aus Sandstein" bezeichneten Zwinger zwischen 1710 und 1732 von seinem Hofbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann errichten lassen. Wie die "Sixtinische Madonna" in der Dresdner Gemäldegalerie und die wieder aufgebaute Frauenkirche ist auch der Zwinger ein Wahrzeichen der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Seine Entstehung verdankt der Zwinger dem Besuch des dänischen Königs 1709 in Dresden. Um den in der Nähe des Schlosses gelegenen Festplatz für Turniere, Maskeraden, Tierjagden, Feuerwerk und andere Lustbarkeiten wurden zunächst vergängliche Bauten aus Holz und Stuck errichtet. Allerdings ließ August der Starke dieses als Vorhof für einen nie verwirklichten Schlossneubau gedachte Provisorium nur wenige Jahre stehen und beauftragte Pöppelmann mit dem Bau von Steingebäuden mit reichem figürlichem Sandsteinschmuck. Der Architekt begann sein Werk mit dem Wallpavillon, in dem der Monarch exotische Pflanzen winterfest unterstellen ließ. Diese Orangerie war der Ausgangspunkt für weitere prächtig ausgestaltete Pavillons und Galerien. Als August der Starke 1733 in Warschau starb, hinterließ er den Zwinger als Torso, denn die vierte Seite zur Elbe hin blieb offen. Sie wurde erst im 19. Jahrhundert nach Plänen von Gottfried Semper durch Errichtung eines in den Formen der italienischen Hochrenaissance gestalteten Galeriegebäudes geschlossen. Der Gegensatz zwischen der barocken Leichtigkeit, die Pöppelmann entwickelte, und der Schwere von Sempers Bildergalerie ist kaum zu übersehen.

Der überreich mit Skulpturen von Balthasar Permoser und anderen Bildhauern geschmückte Zwinger galt schon wenige Jahrzehnte nach einer Entstehung, als man antiker Baukunst huldigte, als stilistisch überholt und wurde auch wegen des üppigen Barockzierrats wenig geliebt. Höfische Feierlichkeiten fanden nicht mehr auf dem weiten Festplatz Augusts des Starken statt, sondern eher bescheiden in kurfürstlichen und königlichen Lustschlössern und Gärten außerhalb der Residenzstadt. So kam es, dass der Zwinger mit der Zeit verödete, doch ließ man die bereits vom Zahn der Zeit gezeichneten Bauten stehen, weil man sie für die Aufnahme der landesherrlichen Sammlungen benötigte. Bis heute werden im Zwinger Schaustücke der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wie kostbares Porzellan sowie wissenschaftliche Geräte präsentiert. Nach wie vor ist der Innenhof mit seinen malerischen Wasserbecken und Fontänen, die auf der neue Münze vor dem Kronentor zu sehen sind, ein beliebter Ort für Open-Air-Konzerte. Bei Restaurierungen ging man im 19. Jahrhundert mit dem Zwinger wenig sorgfältig um, beschädigte seinen figürlichen Schmuck durch Ölfarbenanstriche und Ausbesserungen mit Zement, der sich mit dem weichen Sandstein nicht verträgt. Damit sorgte man ungewollt dafür, dass sich der Zerfall des Sandsteins weiter beschleunigte.

Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert entdeckten Kunst- und Bauhistoriker den Zwinger als herausragendes, ja einmaliges Zeugnis barocker Schlossbaukunst. Der berühmte Kunsthistoriker Georg Dehio, der sich um die Erneuerung der Denkmalpflege große Verdienste erwarb und das nach ihm benannte "Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler" begründete, schrieb: "Man darf am Zwinger nicht die bezaubernde Fülle und den romantischen Übermut der Einzelform als das allein Wesentliche sehen, ebenso ist es die Klarheit und Größe des Grundrisses. Es liegt hier nicht nur ein dekoratives, sondern auch ein architektonisches Meisterwerk vor".

Beim anglo-amerikanischen Bombenangriff vom 13. und 14. Februar 1945 auf Dresden wurde der Zwinger stark beschädigt, doch blieben die Außenmauern der Pavillons und Galerien stehen, die in den Jahren zuvor unter der Leitung von Hubert Ermisch und in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Georg Wrba durchgreifend restauriert worden waren. Relativ unbeschädigt war nur das mit zahlreichen Skulpturen geschmückte Nymphenbad zwischen Wallpavillon und Gemäldegalerie davongekommen. Wenige Wochen nach Kriegsende wurde wiederum unter Ermischs Leitung mit den Aufräumarbeiten begonnen. Bauleute und Bildhauer, Architekten und Denkmalpfleger sichteten die Trümmer mit dem Ziel, anhand der aufgefundenen Fragmente die Struktur und den künstlerischen Zierrat der Anlage "aus Ruinen" auferstehen zu lassen. Bereits Anfang der 1950-er Jahre waren das Kronentor, die Langgalerien und zwei Pavillons wiederhergestellt, und 1964 war der Wiederaufbau im Wesentlichen abgeschlossen. An den komplizierten Arbeiten nahm die Bevölkerung lebhaften Anteil, vergleichbar mit dem großen Interesse, das sie dem Wiederaufbau der Frauenkirche über vier Jahrzehnte später entgegen brachten. Die DDR hat auf mehreren Münzen Dresdner Sehenswürdigkeiten wie den Wallpavillon des Zwingers, die Ruine der Frauenkirche und die Semperoper dargestellt. Zusammen mit bundesdeutschen Münzen ebenfalls mit Dresdener und weiteren Motiven und der neuen Zwei-Euro-Münze können sie den Ausgangspunkt einer stattlichen Sammlung zum Thema "Baukunst auf Münzen und Medaillen" bilden.

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