Endlich siegt die gute Sache

Das Münzkabinett im Gothaer Schloss Friedenstein bietet nicht nur für Sammler einen ungewohnten Augenschmaus



Das Schloss Friedenstein ist der älteste Barockpalast, der im römisch-deutschen
Reich nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs erbaut wurde.




Ein farbiger Schlussstein mit schöner Allegorie prangt über
dem Portal des Schlosses Friedenstein.




Auf dem Kupferstich aus dem frühen 18. Jahrhundert ist das Münzkabinett
abgebildet, die Medaille zeigt das Schloss in der Vogelperspektive.




Nach umfassender Restaurierungsarbeit zeigt sich das Gothaer Münzkabinett
wieder in seiner ganzen barocken Pracht.




Reicher Kindersegen in fürstlichen Familien war gut für die Thronfolge, der
Familientaler von 1723 bildet die Söhne und Töchter Friedrichs II. ab.




Auf dem Weg zu den Schauräumen des Schlosses Friedenstein kommt man
an einer barocken Spindelpresse vorbei, die bei der Herstellung
von Münzen und Medaillen gute Dienste tat. Die König-Medaille
von 1981 zeigt das Gerät und das ehemalige Münzhaus,
das in der Nähe des Gothaer Schlosses stand. (Fotos/Repros: Caspar)

Im Rahmen ihres Jahrestreffens im Juni 2016 in Gotha haben Mitglieder des Verbands der deutschen Münzenhändler das Schloss Friedenstein besichtigt und wurden von Uta Wallenstein auch durch das von ihr geleitete Münzkabinett geführt. Im Bereich der Historischen Forschungsbibliothek blieb ein Saal erhalten, in dem Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha sein berühmtes Münzkabinett unterbrachte. Das Aussehen des prächtig ausgestatteten Kabinetts ist durch zeitgenössische Kupferstiche überliefert, und wenn man den in langer Arbeit restaurierten Saal mit seinen kostbar dekorierten Münzschränken und den Fächern für die numismatischen Folianten sowie den darauf stehenden vergoldeten Büsten römischer Kaiser besucht, sieht man, dass sich die originale Raumausstattung und das Mobiliar wenig verändert haben. Das barocke Deckengemälde stellt die vier damals bekannten Kontinente Europa, Afrika, Asien und Amerika dar und weist darauf hin, dass man in der Entstehungszeit global gedacht hat.

Dem ersten Inventar von 1656 bis 1659 der auf dem Friedenstein aufbewahrten Kunstwerke ist zu entnehmen, dass dort Gemälde, Figuren, "gedrehte Sachen" aus Elfenbein, Holz und anderen Materialien sowie silberne Trink- und Tafelgeschirr, kunstvoll konstruierte Uhrwerke, Messgeräte und andere wissenschaftliche Geräte, aber auch Rüstungen und Kleider, Bücher mit Kupferstichen und nicht zuletzt Skelette sowie "Mineralia, Vegetabilia und Animalia" aufbewahrt wurden. Natürlich fehlten auch "alte und neue Münzen und allerhand Antiquitäten fremder Nationen" in der von Herzog Ernst I., genannt der Fromme, angelegten und später mit großem Eifer erweiterten Sammlung nicht.

Berühmt und reich sortiert

Das 1712 von Herzog Friedrich II. gegründete Münzkabinett gehört schon im 18. Jahrhundert zu den führenden Kollektionen dieser Art in Europa und wurde in der damaligen numismatischen und Reiseliteratur als besonders kostbar ausgestattet und reichhaltig sortiert gepriesen. Der kunstbegeisterte Herr über das kleine Herzogtum Gotha fügte seiner Sammlung das mit vielen Seltenheiten bestückte Kabinett des Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt hinzu und zahlte dem in finanzielle Schwierigkeiten befindlichen Münzfreund die enorme Summe von 100 000 Talern. Indem Friedrich II. sein Münzkabinett aus der Kunstkammer im Schloss löste und es der Bibliothek angliederte, schuf er günstige Voraussetzungen für die Forschung und Bearbeitung des Bestandes. In weiser Voraussicht bestimmte der Herzog, dass seine Sammlung mit Beständen von der Antike bis zur Barockzeit immer beieinander bleiben soll und Teile aus ihm niemals verkauft werden dürfen. Seine Nachfolger hielten sich an dieses Hausgesetz und förderten die Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 80 000 Objekte umfassende Kollektion in 40 Schränken durch weitere Ankäufe sowie Einstellung namhafter Gelehrter mit Berendt Pick an der Spitze.

In den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg büßte das Münzkabinett manche Kostbarkeit ein. Vor allem antike griechische Münzen sowie prächtige Renaissancemedaillen, aber auch kostbare Gepräge aus Gold sowie Renaissancemedaillen und weitere Preziosen wurden von der ehemaligen Herzogsfamilie nach Coburg in der amerikanischen Besatzungszone verbracht, um sie vor der einmarschierenden Sowjetarmee zu schützen. Später tauchten gelegentlich Raritäten aus Gold in Auktionen in der Schweiz, Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf und gelangten so in private Hand. 1959 kamen die meisten Stücke der Münzsammlung aus der Sowjetunion nach Gotha zurück, sofern sie nicht in Coburg lagerten, ebenso erging es Teilen der Bibliothek, die im Online-Katalog der Forschungsbibliothek Gotha recherchierbar sind. 2001 gelang der Rückkauf lange vermisster Stücke. Durch Vermittlung der Osnabrücker Münzhandlung Fritz Rudolf Künker kehrten einzigartige Goldmünzen nach Gotha zurück. Beteiligt an der spektakulären Aktion waren der Freistaat Thüringen, die Kulturstiftung der Länder, die Ernst-von-Siemens-Stiftung und das Kunsthaus Lempertz.

Kostbarkeiten wieder am alten Ort

Die Heimkehr der Kostbarkeiten war noch in guter Erinnerung, als am 8. November 2011 die Rückführung von 16 000 Münzen und Medaillen aus Coburg nach Gotha als großer Glückstag für die Stadt und die Numismatik gefeiert wurde. Trotz des gewaltigen Marktwerts war allen Beteiligten klar, dass die mit Gotha so eng verknüpfte Sammlung nicht zerschlagen werden darf und als Ganzes ins Schloss Friedenstein zurückkehren soll. Während der Verhandlungen mit der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha'schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft, die die Kulturstiftung der Länder im Auftrag des Freistaats Thüringen führte, wurde ein moderater Preis für die 16 000 Münzen ausgehandelt. Der Rückkauf durch die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha gelang wiederum mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Freistaats Thüringen, des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch Spenden zweier Mäzene - des Münzhändlers Fritz Rudolf Künker und des Sammlers Friedrich Popken. Die Ernst von Siemens Kunststiftung ermöglichte eine langfristige Vorfinanzierung des Ankaufs, der im Schloss Friedenstein gebührend gewürdigt wird.

Die Ausstellung gibt Gelegenheit, die wechselvolle Geschichte des Münzkabinetts im Schloss Friedenstein und das Interesse der Herzöge an numismatischen Zeugnissen von der Antike bis zur Barockzeit und darüber hinaus, aber auch Ereignisse und Gestalten der Landes- und Stadtgeschichte kennenzulernen. Ein interessantes Beispiel für die während des 16. Jahrhunderts in Mode kommenden Gedenkmünzen ist der so genannte Gotha-Capta-Taler von 1567. Auf der Vorderseite erkennt man das aus gekreuzten Schwertern gebildete Wappen der sächsischen Kurfürsten, umgeben von der Umschrift TANDEM BONA CAVSA TRIVMPHAT (Endlich siegt die gute Sache). Die Rückseiteninschrift verkündet ins Deutsche übersetzt: "Als 1567 Gotha eingenommen, die Strafe an den geächteten belagerten Reichsfeinden vollzogen und die übrigen in die Flucht geschlagen worden, ließ August, Herzog zu Sachsen und Kurfürst etc., (diese Münze) schlagen".

Name des Palastes war Programm

Anlass für den in zwei Versionen vorkommende Gedenktaler war der so genannte Grumbachsche Händel. Herzog Johann Friedrich, der Sohn des 1547 nach der Schlacht von Mühlberg abgesetzten Kurfürsten Johann Friedrich des Großmütigen, gab sich der Hoffnung hin, die verlorene Kurwürde zurückgewinnen zu können. In seinem Wahn wurde er von Vertrauten und zwielichtigen Gestalten ermuntert, doch ging der Plan nicht auf. Kurfürst August von Sachsen belagerte im Auftrag des Kaisers die Aufrührer, die sich in Gotha verschanzt hatten. Die Festung Grimmenstein hoch über der Stadt wurde erobert und zerstört, und der machtbesessene Herzog kam bis zu seinem Tod im Jahr 1595 in kaiserliche Gefangenschaft, während etliche seiner Spießgesellen auf grausame Weise hingerichtet wurden. Belagerung und Eroberung von Gotha war für den siegreichen Kurfürsten August so wichtig, dass er in Dresden jenen Gedenktaler in größerer Zahl herstellen ließ, weshalb die häufigere Version auch heute noch relativ preiswert zu haben ist, was auch für andere Geschichtsmünzen aus dem silberreichen Sachsen gilt.

Auf den Trümmern der Festung Grimmenstein ließ Herzog Ernst I., genannt der Fromme, ein Jahrhundert später das Schloss Friedenstein erbauen, den ersten nach dem Dreißigjährigen Krieg erbauten barocken Prunkbau dieser Art. Der Name war Programm, denn er drückte die Hoffnung aus, dass die Verhandlungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges bald zum Erfolg führen werden. Was der Herzog von Krieg und Frieden hielt, bringt der Schlussstein über dem Portal zum Ausdruck. Hier küssen sich die Symbolfiguren des Friedens und der Gerechtigkeit, und darüber kann man das Motto "Friede Ernehret, Vnfriede Verzehret" lesen.

(13. Juni 2016)

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