Preußenadler zum Papagei verkommen

Irreguläre Münzen, Sonderabschläge und Verprägungen erfreuen sich
bei Sammlern besonderer Beliebtheit, sind aber nicht billig



In der ständigen Ausstellung des Münzkabinetts im Bode-Museum
auf der Berliner Museumsinsel kann man ganz in Ruhe
den vom "Alten Fritzen" verworfenen Taler aus dem Jahr 1755 betrachten.




Mit dem numismatischen Geburtstagsgeschenk an den Minister
Graf von Hoym handelten sich Beamte der Breslauer Münze einigen Ärger ein.




Der ebenfalls vom Berliner Münzkabinett präsentierte Papageientaler
aus dem Jahr 1788 (links) und weitere Kostbarkeiten
dürften für die allermeisten Sammler unerreichbar sein. (Fotos: Caspar)

Münzen-, Briefmarken- und andere Sammler lieben alles, was irgendwie aus der Norm fällt. Entsprechenden Stücken sind viel Aufmerksamkeit und stolze Preise sicher. Eine an numismatischen Raritäten, Sonderlingen und Kuriositäten reiche Sammlung wurde 1926 in Frankfurt am Main von der Münzhandlung Leo Hamburger versteigert. Der Berliner Sammler William F. Hahlo hatte eine umfangreiche Kollektion von Münzen zusammengetragen, die mit Fehlern und Unstimmigkeiten aller Art behaftet sind. Das Vorwort zum Katalog umreißt ihre Besonderheit so: "Probemünzen und Abschläge sind keineswegs einander ausschließende Begriffe, und auch Stempelfehler wie Verprägungen stehen zu ,Proben' in gewissen Beziehungen, wenigstens soweit es sich um Ueberschneidungen, z. B. Titeländerungen, oder um Abänderungen von Jahreszahlen handelt."

Die Beschaffung neuer Münzstöcke, also Stempel, bei einem Regierungswechsel und aus anderem Anlass war Hahlo zufolge nicht nur eine kostspielige, sondern bei kleineren Münzstätten, die ihre Stempel außerhalb schneiden lassen mussten, auch eine langwierige Sache gewesen. So benutzte man die bisherigen Stempel weiter, änderte höchstens die Jahreszahl oder ein Münzzeichen, denn man stand unter Zeitdruck und musste weiter prägen, weil es der Fiskus verlangte. "Stellte sich die im Stempel vorgenommene Aenderung beim Abschlag als missglückt oder aus anderen Gründen als untunlich heraus, verwarf man die Stempel oder begnügte sich mit einem Mindestmaß von Ausprägung, bis neue Stöcke beschafft wurden; daher die relative Seltenheit derartiger Stempelveränderungen". Um das Aussehen der Gravuren zu prüfen, hat man Abschläge oft auf stärkerem Schrötling oder aus Gold hergestellt und an Gönner und gute Kunden verschenkt.

Aus der preußischen Münzgeschichte ist überliefert, König Friedrich II., der Große, habe beim Anblick eines Berliner Talers aus dem Jahr 1755 bemängelt, das gekrönte Brustbild komme ihm "zu steif" vor. Deshalb wurde diese Münze bis auf drei Stück eingeschmolzen und avancierte damit zu einer der seltensten und teuersten preußischen Münzen des 18. Jahrhunderts. Nach dem Tod des Königs wurden 1787 gefälligkeitshalber für Sammler noch einmal 16 Stück von den alten Stempeln nachgeprägt. Im Unterschied zu den Originalen mit einem Laubrand besitzen die Nachprägungen einen Kerbrand. Selbst als Nachprägungen erzielen diese Stücke exorbitante Preise.

Ärger handelten sich 1781 der Breslauer Münzdirektor Lessing sowie die Münzunternehmer Daniel Itzig und Hirsch Simon ein, als sie ihrem Chef, dem schlesischen Provinzialminister Graf Karl Georg Heinrich von Hoym, ein numismatisches Geburtstagsgeschenk machten. Sie ließen in die Rückseitenstempel für das goldene Fünf-Taler-Stück (Friedrichs'dor) sowie Taler und Drei-Kreuzer-Münzen das Datum des Hoymschen Geburtstags "D. 20. AUGUST" eingravieren. Als die Eigenmächtigkeit der Generalmünzdirektion in Berlin bekannt wurde, setzte es einen amtlichen Rüffel. Den Initiatoren des numismatischen Unfugs wurde befohlen, die auf Vorrat geprägten Münzen einzusammeln und zu vernichten. Lessing entschuldigte sich bei seinem Vorgesetzten, Generalmünzdirektor Gentz, und räumte Gutgläubigkeit ein, denn er sei der Meinung gewesen, alles gehe seinen geordneten Gang. Mit Mühe wurden die "unschicklichen Prägungen" eingesammelt. Dennoch gelangten einige Exemplare in Sammlerhände und erzielen heute in Auktionen enorme Preise.

Da Münzstempelschneider auch nur Menschen sind, ist ihnen nicht jede Gravur gelungen. Ein unter Friedrich Wilhelm II., dem Neffen und Nachfolger des Großen Friedrich, geprägter Taler von 1788 wurde kritisiert, weil der in einem gekrönten Oval sitzende preußische Adler wie ein Papagei aussieht, der es sich auf einer Stange gemütlich macht. Flugs erhielt die verunglückte Münze mit dem königlichen Brustbild auf der Vorderseite den Spottnamen Papageientaler. Auch diese Münze ist eine Rarität der Extraklasse und kommt kaum im Handel vor. Bei der Versteigerung der berühmten Sammlung Killisch von Horn im Jahre 1904 erzielte der Papageientaler die damalige Riesensumme von 1725 Mark. Mit 1775 Mark lag Preis für einen Hoym-Taler noch etwas höher. Zum Vergleich kosteten damals die von Sammlern gesuchten Fehrbelliner Siegestaler des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm aus dem Jahr 1675 durchschnittlich unter 100 Mark, und Dukaten des ersten Preußenkönigs Friedrich I. waren schon zwischen 20 und 30 Mark zu haben.

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"