"Auf Krieges Last folgt Ruhm und Rast"

Was uns deutsche und lateinische Inschriften auf Münzen und Medaillen erzählen



Der braunschweigische Reisetaler aus dem 17. Jahrhundert verbindet das Motto
ALLES MIT BEDACHT mit dem lateinischen Satz ALEA IACTA EST (Der Würfel ist gefallen).




"Jedem das Seine" versprechen der Taler und der Dukat von 1705 und 1711, die das
Porträt König Friedrichs I. mit den Insignien des von ihm gestifteten Adlerordens verbinden.




Fromme Sprüche in lateinischer Sprache schmücken die mit Stadtansichten
geschmückten Taler aus Nürnberg, Hamburg und Frankfurt am Main.




Das halbe Dollar-Stück von 1810 unterstreicht mit dem Motto E PLURIBUS UNUM,
dass die USA eine aus vielen Teilen zusammengefügte Einheit sind. (Fotos: Caspar)

Münzen und Medaillen mit programmatischen Inschriften systematisch aufzuspüren und zu sammeln, ist ausgesprochen reizvoll und lehrreich. Man wird dabei sehen, dass es oft große Unterschiede zwischen ihnen und der Wirklichkeit gab und gibt und sich diejenigen, die solchen Sprüche zu ihrem Lebensmotto erhoben und sie auf geprägtem Metall verewigten, sie in ihrem Tun und Denken vielfach missachteten. ALLES MIT BEDACHT heißt es auf braunschweigischen Silberstücken, und auf Mansfeldern lesen wir BEI GOTT IST RAT UND TAT, während ein 1541 geprägter Taler von Konstanz die Gewissheit GOTT IST UNSER ALLER HEIL UND HOFFNUNG verkündet. Im frühen 19. Jahrhundert rufen bayerische Münzen auf, FÜR GOTT UND VATERLAND einzustehen, und bis zum Ende der Monarchie 1918 sind Prägungen mit der Randinschrift GOTT MIT UNS versehen.

Weitere auf die beiden Münzseiten, manchmal auch auf den Rändern untergebrachte Inschriften rufen Gott und alle Engel an, in deutscher Sprache lauten sie so: AN GOTTES SEGEN IST ALLES GELEGEN (Anhalt 1774), AUF KRIEGES LAST FOLGT RUHM UND RAST (Reuss-Schleiz 1763), DEM LAND ZU NUTZ DENEN NEIDERN ZU TRUTZ (Solms 1768), DER SEGEN DES BERGBAUS (Sachsen 1780 ff.), DIE GNADE GOTTES WEHRET EWIGLICH (Braunschweig-Grubenhagen 1555), DURCH GOTT HAB ICHS ERHALTEN (Jever Mitte 16. Jh.), EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT (Weimarer Republik, Bundesrepublik Deutschland), GEMEINNUTZ GEHT VOR EIGENNUTZ (Deutsches Reich 1933 ff.), GERECHT UND BEHARRLICH (Bayern 1827), GOTT SEGNE UND ERHALTE UNSERE BERGWERKE (Stolberg 1706 ff.), HERR GOTT VERLEIH UNS GNADE (Mecklenburg 1577, 1584), HERR NACH DEINEM WILLEN (Pfalz 1567), ICH GETRAUE GOTT IN ALLER NOT (Hessen 1587 f.), MIT GOTT DURCH KUNST UND ARBEIT (Fürstenberg 1790), WAS GOTT BESCHERT BLEIBT UNERWEHRT (Hessen 1564 ff.). Im 18. Jahrhundert gesellen sich zu diesen Sprüchen konkrete Aufgaben, die die betreffenden Münzen und Medaillen bekommen. So lesen wir ZUM BESTEN DES VATERLANDS sowie DEM VATERLANDE auf Geldstücken des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts. während Prämientaler ZUR BELOBIGUNG DES FLEISSES vergeben wurden.

Viel häufiger als deutsche Inschriften sind die lateinisch abgefassten Wahl- und Leitsprüche sowie weitere Mitteilungen etwa in Form von Kurzbiographien auf Sterbe- und anderen Gedenkmünzen. In knapper Form bringen die Mitteilungen auf den Punkt, was einem Herrscher wichtig war und wonach sich ihre Untertanen richten sollen. Der Vorteil lateinischer Inschriften war, dass viele Leute sie ohne Mühe weit vom Entstehungsort entfernt lasen, hingegen war es für die eigene Bevölkerung meistens schwer, sie zu verstehen, wenn sie denn überhaupt lesen und schreiben konnte. Die oft von antiken Autoren, aber auch aus der Bibel übernommenen Widmungen und Inschriften legen das Lebensmotto eines Herrschers dar und was sich Städte wünschen, die ihre Münzen und Medaillen ähnlich wie Fürsten mit lateinischen Sprüchen in Verbindung mit sinnigen Allegorien und Stadtansichten schmückten.

Zahlreiche Münzen und Medaillen verbinden die Anrufung des Allmächtigen mit religiösen und weltlichen Bildern, etwa mit Marien- und Heiligendarstellungen und Szenen aus dem Leben und dem Sterben Jesu Christi. Obligatorisch war über Jahrhunderte die Abkürzung D. G. (DEI GRATIA) vor oder hinter dem Namen eines geistlichen oder weltlichen Fürsten. Sie besagt, dass sie ihr Amt der Gnade Gottes verdanken und nur ihm verpflichtet sind. Der Bezug auf ihn kam im Laufe des 19. Jahrhunderts aus der Mode. Zu den letzten deutschen Münzen mit dem Zusatz V. G. G. (Von Gottes Gnaden) hinter dem Großherzogstitel gehören Vereinstaler von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz von 1867 und 1870. In Preußen hatte schon Friedrich II. auf den Gottesbezug verzichtet. Hingegen unterstrichen die österreichischen Kaiser, die auch Könige von Ungarn waren, noch im frühen 20. Jahrhundert auf Geldstücken und Medaillen ihr Gottesgnadentum.

Mit einiger Übung und nach Konsultation der numismatischen Fachliteratur und von Latein-Lexika kann man die Inschriften gut verstehen und hat dann im Wissen um geschichtliche Hintergründe an seinen Sammelstücken viel Freude. Mehr oder weniger sinnige Sprüche wurden den Werken römischer Dichter wie Vergil, Ovid und Horaz sowie der Bibel und weiteren Quellen entnommen. Manche Sprüche wie ALIIS INSERVIENDO CONSUMOR (Anderen zu dienen zehre ich mich auf) unterstreichen einen moralischen Anspruch und kommen auf braunschweigischen Stücken und solchen anderer Territorien vor. CUM DEO ET MILITE heißt es auf Prägungen des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., dessen oberstes Lebensziel es war, Gott und dem Militär zu dienen. Andere Geldstücke bilden den zu den Sternen strebenden Preußenadler ab, verbunden mit der großes Selbstbewusstsein demonstrierenden Inschrift NEC SOLI CEDIT (Der Adler weicht der Sonne nicht). Friedrich II., der Große, ließ bei seiner Huldigung 1740 Medaillen mit dem Lebensmotto VERITATI ET IUSTITIAE (Für Wahrheit und Recht) auswerfen. Seinen Titel gab der Monarch auf Münzen als FRIDERICUS BORUSSORUM REX an, während Angaben über den Wert der Geldstücke in deutscher Sprache erfolgten. Nach dem Tod des Königs (1786) ging Friedrich Wilhelm II. in Preußen zur deutschen Sprache über, verwendete aber bei Handelsmünzen wohl wegen der internationalen Verständlichkeit eine lateinische Wertangabe.

Da es auf Losungen und Wahlsprüche kein Copyright gab und sich jeder aus dem lateinischen Zitatenschatz das nahm, was ihm am besten gefiel, kommen die gleichen Slogans auf Münzen unterschiedlicher Herkunft vor. So lesen wir CUM DEO ET DIE (Mit Gott und dem Tag/der Zeit) auf Münzen des württembergischen Herzogs Eberhard Ludwig zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Das gleiche Motto steht auf Würzburger Geldstücken und solchen aus Hohenlohe-Kirchberg. CUM DEO ET IURE (Mit Gott und dem Recht) ist ein Wahlspruch auf württembergischen Münzen des frühen 19. Jahrhundert, während die Inschriften DEO DUCE (Durch Gottes Führung) oder DEO ET PATRIAE (Für Gott und Vaterland) Münzen von Kurbrandenburg, Kursachsen und weiteren Territorien schmücken. DEI GRACIA REGES REGNAT (Gottes Gnade regiert die Könige) heißt es auf sächsischen Münzen, ebendort finden wir auch die Inschrift INDISSOLVBILIER (Unauflösbar) auf 1719 geprägten Hochzeitsmünzen aus Gold und Silber. Die Geburt des Kurprinzen Friedrich August (II.) ließ August der Starke 1696 durch einen Taler feiern, auf dem ein Knabe das kursächsische Doppelwappen aufrecht hält, während man auf der Rückseite die Ansicht der Haupt- und Residenzstadt Dresden erkennt. Die Inschrift FUTURUS ACHILLES SAXONICUS NATUS VII. Octob. MDCXCVI. gibt an, dass der künftige sächsische Achill am 7. Oktober 1697 geboren wurde. Interessant ist, dass der Taler auf der Rückseite die Inschrift "Der HERR schaffet Gerechtigkeit Psalm CIII V 6." trägt. Das Beispiel zeigt, dass man kein Problem hatte, lateinische und deutsche Inschriften auf geprägtem Metall zu mischen.

Zahlreiche Münzen rufen Gott an und bitten ihn um Gnade und Frieden. DA PACEM IN DIEBUS NOSTRIS (Gib Frieden in unseren Tagen) heißt es auf Münzen von Freiburg, Lübeck und weiteren Städten. Solche aus der Pfalz geben mit DOMINUS PROVIDEBIT der Gewissheit Ausdruck, dass der Herr vorsorgen wird. Viele Wahlsprüche haben einen biblischen Ursprung oder beziehen sich auf das Buch der Bücher, etwa NOMEN DOMINI TURRIS FORTISSIMA (Der Name des Herrn ist der stärkste Turm oder - frei nach Luther - Ein feste Burg ist unser Gott), zu finden auf kursächsischen Münzen des 17. Jahrhunderts sowie solchen aus Frankfurt am Main und anderen Orten. Die Überzeugung, dass der Herr über die Menschen wacht und ihnen nichts geschehen kann, vermittelt die Inschrift NON DORMIT QUI NOS CUSTODIT auf Regensburger Münzen. SUB UMBRA ALARUM TUARUM heißt es auf Münzen von Freiburg im Breisgau, Nürnberg, Hamburg und weiteren Städten, und die Inschrift meint, dass es sich im Schatten deiner (Gottes) Flügel gut und sicher lebt.

Eine Doppeltalerklippe aus dem Jahr 1614 lobt Sachsen und seine Herrscherfamilie mit der zwischen den Doppelschwertern angebrachten Inschrift IN GLADIIS FLORET RVTA ITA AMOENA SUIS und meint damit "Zwischen ihren Schwertern blüht die Raute so lieblich" in Anspielung auf den im sächsischen Wappen befindlichen Rautenzweig. Auf Kremnitzer Georgtalern liest man IN TEMPESTATE SECURITAS über dem auf hohen Wellen schaukelnden Schiff mit dem schlafenden Christus und seinen verängstigten Jüngern darin. Die Inschrift unterstreicht die Gewissheit, dass die Gläubigen bei Unwetter und Sturm sicher sind. Die besonders prägefreudigen Herzöge von Braunschweig setzten auf ihre Münzen immer wechselnde Wahl- und Leitsprüche wie FAVORE ALTISSIMI (Durch die Gnade des Höchsten), EX ADVERSO DECUS (Vom Gegner kommt der Ruhm), LABORE ET CONSTANTIA (Mit Arbeit und Standhaftigkeit) und NUNQUAM RETRORSUM (Niemals rückwärts), aber auch PARTA TUERI (Das Erworbene (be)wahren). RECTE FACIENDO NEMINEM TIMEAS (Tue Recht und scheue niemand) mahnen Taler der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach und solche des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel. Mit NEC ASPERA TERRENT (Widrigkeiten schrecken nicht) machten im frühen 18. Jahrhundert geprägte Taler von Braunschweig-Lüneburg den Menschen Mut, während Waldecker Münzen mit dem Spruch ARDUA AD GLORIAM VIA bekunden, dass der Weg zum Ruhm schwer, hart und dornenreich ist.

Viele Gold- und Silbermünzen des 1701 gegründeten preußischen Königreichs tragen die Devise SUUM CUIQUE (Jedem das Seine). Aus der römischen Antike übernommen, war sie das Motto des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, den der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. am 17. Januar 1701 am Vorabend seiner Krönung zum König "in" Preußen gestiftet hatte. Die Devise SINCERE ET CONSTANTER (Ehrlich und beständig) auf Münzen von Braunschweig-Lüneburg aus dem 17. Jahrhundert dienten auch als Motto des brandenburg-preußischen Roten Adlerordens und ist auf verschiedenen Münzen vertreten. Man könnte als Münzinschriften noch IUSTUM ET DECORUM (Recht und Anstand, Lippe-Detmold), IUSTITIA ET CLEMENTIA (Gerechtigkeit und Milde, österreichische Maria-Theresien-Taler), MERCES LABORUM (Lohn der Mühen, Würzburg), MODERATIONE ET INDUSTRIA (Mit Mäßigung und Fleiß, Kempten) oder PIETATE ET AEQUITATE (Mit Frömmigkeit/Gottesfurcht und Billigkeit, Kempten) nennen. Erwähnt seien auch PARTA TUERI (Das Erworbene bewahren, Braunschweig), NON OMNIS MORIOR (Ich werde nicht sterben, Sachsen-Weimar) oder VIDI LUNAM ADORARE ME (Ich habe gesehen, dass der Mond mich bewundert, Köln 1717). Aus der Fülle der Beispiele seien weitere lateinische Münzinschriften auf deutschen Münzen erwähnt: DUM SPIRO SPERO (So lange ich lebe hoffe ich, Schwarzburg-Rudolstadt), FIDELITER ET CONSTANTER (Treu und beständig, Sachsen-Weimar-Eisenach), PROVIDENTIAE MEMOR (Der Vorsehung eingedenk, Sachsen), RECTUS ET IMMOTUS (Aufrecht und fest, Hessen-Kassel), SEMPER IDEM (Immer das Gleiche, Braunschweig-Wolfenbüttel, Würzburg), SOLA SPES MEA MANET (Meine einzige Hoffnung bleibt, Sachsen) und TUETUR ET AUGET (Schützt und vermehrt, Grafschaft Henneberg).

In unser Thema fallen Münzen von Staaten, denen es im Laufe der Jahrhunderte gelang, sich von kolonialer Abhängigkeit zu lösen und einen eigenen Weg als Nation zu gehen. So bietet das Hartgeld europäischer sowie nord-, mittel- und südamerikanischer Staaten eine Fülle von Sprüchen, die Freiheitswillen und Patriotismus unterstreichen und anfachen. Erwähnt seien hier pars pro toto in alphabetischer Reihenfolge: DIEU PROTEGE LA BELGIQUE (Gott schütze Belgien, 1832 ff.), E PLURIBUS UNUM (Aus vielem eines, USA), GLORIA EX AMORE PATRIAE (Ruhm aus Vaterlandsliebe, Dänemark), IN HOC SIGNO VINCES (In diesem Zeichen siegen, Brasilien), IUCTOR ET EMERGO (Ich ringe und komme nach oben, Niederlande), L'UNION FAIT LA FORCE (Einigkeit macht stark, Belgien), LA LIBERTAT EN LA LEY (Die Freiheit und das Recht, Mexiko), LA UNION RACE LA FUERZA (Einigkeit macht stark, Bolivien), LIBER NATUS LIBERTATEM DEFENDO (Frei geboren, verteidige ich die Freiheit, USA), IN GOD WE TRUST (Auf Gott vertrauen wir, USA), LIBERTE, EGALITE, FRATERNITE (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Frankreich), MIND YOUR BUSINESS (Denkt an Eure Aufgabe, USA), PLUS ULTRA (Immer weiter, Spanien), POR LA RAZON O LA FUERZA (Entweder für Vernunft oder Gewalt, Chile), REGNE ET LA LOI (König und Gesetz, Frankreich), SIT NOMEN DOMINI BENEDICTUM (Der Name des Herrn sei gelobt, Frankreich), UTRAQUE UNUM (Zwei in einem, Spanien/Mexiko). Ganz gewiss finden Leser weitere Beispiele, die unsere Auswahl ergänzen, dabei sei ihnen viel Glück gewünscht.

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