Kaiserporträts mit Kurzbiographien

Barocke Suitenmedaillen wurden lange in ihrem künstlerischen und historischen Wert verkannt



Der römische Kaiser Aemilianus auf einer von Christian Wermuth geschaffenen
Suitenmedaille (oben) sowie Herzog Stephan II. von Bayern auf einer
Medaille von Franz Andreas Schega. Beide Bildnisse sind frei erfunden. (Fotos: Caspar)


Medaillen zu sammeln ist nichts jedermanns Sache, schon garnicht die massenhaft auf den Markt geworfenen Silberprägungen unserer Tage mit Bildnissen von Politikern und anderen Prominenten sowie Ansichten von Gebäuden, Schiffen, Autos, Eisenbahnen, Flugzeugen, Wappen und ähnlichen Motiven. Der Handel nimmt diese nach "Schema F" gestalteten so genannten Suitenmedaillen ungern zurück, und wenn ja, dann bekommt man kaum den Preis, den man ursprünglich für die meist 40 Millimeter großen Stücke bezahlt hat. Wie sich die Sache verhält, wenn ein paar Jahrzehnte vergangen sind, vermag niemand heute zu sagen.

Schon in der Barockzeit haben fleißige Stempelschneider umfangreiche Medaillenfolgen hergestellt und verkauft. Versehen mit authentischen, meist aber erfundenen Bildnissen römischer Kaiser und anderer Potentaten sowie deren Kurzbiographien in lateinischer Sprache, halfen die Suitenmedaillen meist Silber, Kupfer und Zinn, manchmal auch aus Gold, einiges Wissen über längst vergangene Zeiten und die damals herrschenden Eliten zu verbreiten. Vorläufer dieser Folgen gab es bereits in der nachchristlichen Antike, etwa als Könige von Baktrien Münzen prägen ließen, die sie als legitime Nachfolger des schon lange verstorbenen Alexanders des Großen feierten. Blicken wir in die Neuzeit, dann finden wir zahlreiche Medaillenfolgen mit Bildnissen von lange verblichenen Päpsten und anderen Kirchenfürsten sowie von Kaisern, Königen und Kurfürsten, von Heerführern und Diplomaten. Sammler kennen überdies Suitenmedaillen mit Bildnissen bedeutender Gelehrter und Künstler, und sie alle sind Ausdruck großen Interesses an Ereignissen und Gestalten der Geschichte sowie von schöpferischen Geistern, denen man sich nahe fühlte, wenn man die Prägungen in die Hand nahm und die Inschriften las.

Als 1648 in Münster und Osnabrück über die Friedensbedingungen nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs verhandelt wurde, kam eine umfangreiche Folge mit Bildnissen der beteiligten Gesandten heraus. Mit Bildnissen und Inschriften versehen, werfen sie ein interessantes Schlaglicht auf die Verhältnisse nach dem bis dahin schlimmsten aller Kriege, und es wird Sammlern schwer fallen, alle Stücke zusammen zu bekommen. Die Produzenten der Gesandtenmedaillen konnten oft auf eigenen Augenschein zurück greifen oder zogen Gemälde und Grafiken zurate. Deshalb kann man dieser Folge einige Glaubwürdigkeit bescheinigen. Anders ist es bei den in der Barockzeit beliebten römischen Kaisermedaillen oder solchen mit Köpfen von Herrschern aus grauer Vorzeit. Hier standen, wenn überhaupt, mehr oder weniger gelungene Skulpturen, Mosaiken und Miniaturen als Vorlagen zur Verfügung. Wo aber keine authentischen Zeugnisse existierten, musste die eigene Fantasie aushelfen. Das bedeutet, dass viele dieser numismatischen Porträts wenig glaubwürdig sind, aber vielleicht macht das auch ihren besonderen Reiz aus.

In der Barockzeit taten sich unter anderem Johann Karl Hedlinger, W. und A. Schäffer, Franz Andreas Schega, Georg Wilhelm Vestner und Christian Wermuth mit stattlichen Suitenmedaillen hervor, um einige Künstler des 18. Jahrhunderts zu nennen. Für sie und andere waren die Folgen wichtige Einnahmequellen, und sie verwendeten große Mühe, ihren Arbeiten ein repräsentatives Aussehen zu verleihen. der in Gotha tätige Wermuth vermarktete seine Kaisermedaillen, indem er Preislisten an Sammler und weitere Interessenten mut Beschreibungen und Preisangaben verschickte. Ausgaben aus Silber kosteten einen Taler, für kupfervergoldete berechnete er zwölf und für solche ganz aus Kupfer nur acht Groschen. Ganz billig waren mit sechs Groschen Abschläge aus englischem Zinn. Zu haben waren die Medaillen auf der Leipziger Messe und direkt vom Künstler. "Jemehr sich nun Liebhaber darzu angeben / je fleißiger wird damit continuirt (fortgesetzt) / und das Werck / so bald möglich absolvirt werden", heißt es in einer Preisliste des Münzmedailleurs und Verlegers aus dem Jahr 1698. Insgesamt brachte es Wermuth auf sage und schreibe 174 Kaisermedaillen, für die nicht nur die unterschiedlichsten Bildnisse, sondern auch passende Inschriften "erfunden" werden mussten. Die lateinischen Texte lieferten namhafte Gelehrte der damaligen Zeit, die fließend die Sprache der alten Römer beherrschten. Da mit den Medaillen auch eine pädagogische Absicht verbunden war, besitzen sie Randschriften mit ins Deutsche übersetzten Hinweisen wie "Jeder muss sein Schicksal tragen", "Man sollte ich selbst nicht an den Neid gewöhnen" oder "Eine starke Schutzwehr ist die Liebe".

Dass die barocken Suitenmedaillen nicht jedermanns Sache waren, mag ein Zitat aus dem bekannten "Wörterbuch der Münzkunde" von 1930 erhellen. Indem Kurt Regling darin die Suitenmedaillen erwähnt, spricht er den meisten ikonografischen Wert ab, "da sie eben lange nach dem Tode und nur nach Stichen, Gemälden u. dergl. hergestellt, die älteren frei erfunden sind. Jetzt macht man keine S. mehr und die vorhandenen werden mit Recht von den Med.-Sammlern vernachlässigt". Ungeachtet dieses Urteils sind Suitenmedaillen wichtige und oft auch sehr schöne numismatische Zeugnisse, die durchaus des Sammelns würdig sind.

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