Kein Interesse an Synagogen-Münze

Die Wiedervereinigung 1990 machte verschiedene DDR-Pläne zur Makulatur



Das Berliner Künstlerpaar Heinz und Sneschana Russewa-Hoyer hat
eine interessante Serie von Münzen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland geschaffen.




Die vor 150 Jahren eingeweihte Neue Synagoge an der Oranienburger
Straße in Berlin ist ein Bau- und Kunstdenkmal der Extraklasse.




Das Modell der Synagogen-Münze lag 1990 bereit, zur Prägung ist es
aber aus politischen Gründen aber nicht mehr gekommen.




Eine der liebenswürdigsten DDR-Münzen wurde 1986 zur Erinnerung an die
Brüder Grimm von Heinz und Sneschana Russewa-Hoyer geschaffen. Aus ihrem
Atelier stammt die Dresden-Münze zu 10 Euro aus dem Jahr 2006. (Fotos: Caspar)

Die Bundesrepublik Deutschland gibt seit 1952 regelmäßig silberne Gedenkmünzen heraus, erst 1966 zog die DDR nach längerer Vorbereitungszeit nach. Mit den Münzen zu 20, zehn und fünf Mark belebte der zweite deutsche Staat die Tradition der "silbernen Ehrengedächtnisse", wie man in der Barockzeit Gedenkmünzen und -medaillen nannte. Es gab mehrere Beweggründe, weshalb sich die DDR-Regierung entschloss, zuzüglich zu ihrem leichtgewichtigen Aluminiumgeld auch repräsentative Silber- und später auch Neusilbermünzen zu prägen. Der Arbeiter-und-Bauern-Staat wollte sich national und international als ein Land präsentieren, in dem Kunst und Wissenschaft blühen und das nationale Kulturerbe gepflegt wird. Wichtig war auch, mit besonders gut gestalteten Gedenkstücken westliche Devisen zu erwirtschaften und einen Part auf dem internationalen Münzenmarkt zu spielen.

Die Ausgabe der neuen Silbermünzen fiel in eine Zeit, als sich in der DDR das Münzensammeln zu einer Art Volkssport entwickelte und sich viele Laienforscher mit interessanten Arbeiter an die Seite der Berufsnumismatiker stellten und mit interessanten Ausstellungen Aufsehen erregten. Insgesamt hat die DDR zwischen den Gedenkmünzen für Leibniz und Schinkel von 1966 und dem Jahr der deutschen Wiedervereinigung 1990 nicht weniger als 123 Sondermünzen im damaligen VEB Münze der DDR am Berliner Molkenmarkt prägen lassen.

Die Gedenkstücke von 1966 und danach unterschieden sich in künstlerischer Hinsicht und technischer Ausführung von allem, was damals international auf dem Markt war. Da man mit Absicht auf das Randstäbchen verzichtete, welches die Münzbilder vor Abrieb schützt und auch das Stapeln der Geldstücke erleichtert, wurden die Porträts und andere Motive auf der Bildseite in einer flachen Mulde oder Schüssel untergebracht. Das Verfahren erschloss den Künstlern neue, plastische Entfaltungsmöglichkeiten. Beteiligt waren an der Gestaltung der DDR-Münzen bekannte Bildhauer, Grafiker und Werbefachleute. Unter ihnen befanden sich Axel Bertram, Dietrich Dorfstecher, Ludwig Engelhardt, Wilfried Fitzenreiter, das Künstlerehepaar Sneschana Russewa-Hoyer und Heinz Hoyer, Gerhard Rommel, Klaus Wittkugel und viele andere. Axel Bertram, der langjährige künstlerische Berater der für die Emissionen zuständigen Staatsbank, bescheinigte der Staatsbank der DDR Kompetenz und das Bemühen um partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Mit dem Ende der DDR waren auch deren Münzpläne Makulatur. Im Rahmen einer Serie von Münzen mit bedeutenden Bauwerken war ein Motiv mit der Ansicht der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte geplant. Partei- und Staatschef Erich Honecker wollte ein paar Exemplare in die USA mitnehmen, wenn er dorthin zu einem Staatsbesuch geflogen wäre. Der Sturz des ersten Manes in der DDR im Oktober 1989 machte diese Pläne zunichte.

Den Entwurf eines Fünf-Mark-Stückes mit der Ansicht der 1859 bis 1866 nach Plänen von Eduard Knoblauch erbauten Neuen Synagoge hatten Heinz Hoyer und Sneschana Russewa-Hoyer bereits geschaffen. Da das Modell nach der Wiedervereinigung nicht mehr für eine Ausgabe verwendet werden sollte, wandte sich der Berliner Numismatiker Klaus Priese hilfesuchend 1990 an Bundespräsident Richard von Weizsäcker sowie an die Bundesministerien der Finanzen beziehungsweise des Inneren. Dort war das Interesse gering, Münzen mit Motiven aus der untergegangenen DDR zu prägen. Der Bundespräsident ließ antworten, dass es ihm nicht zustehe, "auf die Entscheidungsfindung über die Herausgabe von Münzen Einfluss zu nehmen". Finanzminister Theo Waigel verwies auf die Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums bei der Vergabe von Aufträgen. Dieses teilte Priese mit, 1991 werde aus Anlass des 200. Jahrestages des Brandenburger Tors nur eine Gedenkmünze ausgegeben und mehr nicht.

So verschwanden nicht nur das Münzprojekt "Neue Synagoge" im Orkus der Geschichte, sondern auch weitere Vorhaben. Heinz Hoyer bezeichnet es als bedauerlich, dass das Motiv nicht geprägt wurde, zumal ein Vertrag vom 8. Dezember 1989 zwischen der Staatsbank der DDR und ihm abgeschlossen wurde. Auf der Strecke blieben unter anderem Münzen mit dem Bildnis des Archäologen Heinrich Schliemann, mit der Ansicht des Erfurter Dombergs sowie zum 10. Todestag von Nikolaus Otto, dem Konstrukteur des nach ihm benannten Motors. Während von diesen Motiven nur Zeichnungen existieren, können sich Heinz Hoyer und seine Frau darüber freuen, dass es ihr schon sauber ausgearbeitetes Gipsmodell mit der Synagoge zu einer sehenswerten Silbermedaille gebracht hat. Die Arbeit war also nicht ganz umsonst. Helmut Caspar

12. Juli 2016

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