Schatzkammer am Kulturforum
Das auf zwei Standorte in Berlin verteilte Kunstgewerbemuseum wurde einhundertfünfzig Jahre alt





Kostbare Zeugnisse der Gold- und Silberschmiedekunst wie das Reliquiar aus dem Welfenschatz sowie Schnitzereien aus Elfenbein und weiter Arbeiten im Haus am Kulturforum gehören zum Besten, was aus dem Mittelalter auf uns gekommen ist.





Möbel, kostbare Gläser und andere Meisterwerke des Jugendstils lenken bewundernde Blicke der Besucher aus Berlin und der Welt auf sich.



Festliche Roben vornehmer Damen gehören zur Modeabteilung, die das Kunstgewerbemuseum in seinem Haus I vor einigen Jahren eingerichtet hat.



In einem besonderen Raum des Köpenicker Schlosses wird das barocke Silberbüffet aus dem Rittersaal des Berliner Schlosses festlich präsentiert. (Fotos: Caspar)

Das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz am Kulturforum unweit des Potsdamer Platzes blickt auf eine einhundertfünfzigjährige Geschichte zurück. Das aus den siebziger und achtziger Jahren stammende Haus war in den vergangenen Jahren umgebaut und für neue Aufgaben und Ansprüche des 21. Jahrhunderts ertüchtigt worden. In den weitläufigen Räumen werden Schätze gezeigt, von denen manche bisher im Depot auf ihren Auftritt warten mussten. Das betrifft vor allem die Abteilungen Mode und Möbel. Von seinen etwa 800 historischen Kostümen zeigt das Kunstgewerbemuseum eine repräsentative Auswahl aus dem 18. bis 20. Jahrhundert zeigen. Weiterhin werden in reichlichem Maße Kostbarkeiten aus Gold und Silber, Holz, Porzellan und Zinn gezeigt.

Die Jubiläumsausstellung "Berliner Schatzhäuser" skizziert anhand von sieben Schautafeln und einer Reihe museumsgeschichtlich bedeutender Kunstwerke die Grundzüge der 150-jährigen Geschichte des Kunstgewerbemuseums und vermittelt zugleich eine gute Vorstellung von den sich im Laufe der Zeit wandelnden Aufgaben dieser Sammlung. Das nach Plänen von Rolf Gutbrod aus den 1960-er Jahren erbaute, spöttisch als "Stammheim II" mit einem Gefängnis verglichene Haus war alles andere als einladend und schon gar nicht eine gelungene Herberge für Kunst und Design vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Es bedurfte dringend einer gestalterischen Erneuerung und technischen Ertüchtigung. Den Auftrag dafür erhielt das Architekturbüro Kuehn Malvezzi. Nach seinen Ideen wurden Schatzkammern und Schauvitrinen in die Räume eingebaut, mit einem neuen Leitsystem wurde größere Übersichtlichkeit und Transparent erreicht. Es gibt mehr Licht, und alles konzentriert sich auf hochwertige, ja einmalige Exponate, betont Direktorin Sabine Thümmler.

Guter Anschauungsunterricht

Die am 5. August 1867 gegründete Sammlung war das erste Museum seiner Art in Deutschland und als drittes weltweit. Wenige Monate später eröffnete das von Herstellern von kunstgewerblichen Erzeugnissen, die sich um deren Qualität Sorgen machten und guten Anschauungsunterricht benötigten, sowie privaten Spendern bestückte Museum am 7. April 1868 seine erste ständige Ausstellung in zwei Sälen im früheren "Gropius'schen Diorama" in der heutigen Universitätsstraße/ Ecke Georgenstraße, die damals noch Stallstraße hieß. Nach zwei provisorischen Unterbringungen bekam das Museum von 1881 bis 1921 in dem eigens für dieses errichtete Gebäude von Martin Gropius in der Prinz-Albrecht-Straße, die nach dem Ende des NS-Staates zur Erinnerung an eine Widerstandskämpferin in Niederkirchnerstraße umbenannt wurde. Von 1921 bis 1950 zog die nach und nach gewaltig ausgebaute Sammlung als Schlossmuseum im Berliner Schloss die Besucher an. Nach dem Zweiten Weltkrieg bezog das Kunstgewerbemuseum den Knobelsdorff-Flügel des Charlottenburger Schlosses, während die im Ostteil der Stadt befindlichen Sammlungsteile das barocke Schloss Köpenick zugewiesen bekamen. Seit 1985 schließlich ist der von Rolf Gutbrod entworfene Museumsbau am Kulturforum das Haus I des Kunstgewerbemuseums, die anderen Sammlungsteile sind nach wie vor im Köpenicker Schloss (Haus II) untergebracht. Ähnlich verhält es sich mit der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, die Unter den Linden und am Kulturforum über zwei Gebäude verfügt.

Während im Köpenicker Schloss komplette Fest- und Wohnräume von der Renaissance bis zum Rokoko mit ihren historischen Ausstattungen inszeniert werden, zählen im Museum am Kulturforum die Einzelstücke, die die Betrachter in Entzücken zu versetzen vermögen. Die Stücke unterstreichen, dass sich Künstler und Museumsleute zur Zeit der preußischen Könige und deutschen Kaiser um gutes Design bemüht haben und weg kommen wollten von seriell hergestellter Maschinenarbeit und Kopie altbewährter Vorbilder. So kann man an Möbeln, Gläsern, Porzellanen, Metallarbeiten und anderen Werken des Jugendstils erleben, was um 1900 von weitblickenden Museumsdirektoren auf Weltausstellungen und bei anderen Gelegenheiten speziell für das Berliner Kunstgewebemuseum angekauft wurde.

Inhaltliche und gestalterische Neuausrichtung

Mit seiner inhaltlichen und gestalterischen Neuausrichtung am Kulturforum will das Kunstgewerbemuseum, eines der größten dieser Art in der Welt, auch jene Besucher anlocken, die nichts oder wenig mit altem und neuem Kunstgewerbe, mit historischen Möbeln, Porzellanen und Gläsern, aber auch mit Mode und Design anfangen können. Der Rundgang beginnt bei hochkarätigen Zeugnissen mittelalterlicher Gold- und Silberschmiedekunst, und er endet vor raffiniert ausgeleuchteten Vitrinen, die wie Schaufenster gestaltet sind und zeigen, was Damen und Herren von Stand und Geld in den vergangenen zwei Jahrhunderten bei feierlichen Anlässen und im Alltag am Leib, auf dem Kopf, an den Füßen und den Händen getragen haben. Unter den Exponaten befinden sich Arbeiten von bekanten Vertretern der Berliner, deutschen und internationalen Haute Couture. "Wir können leider nur einen Teil unserer Schätze zeigen", sagt Sabine Thümmler, "aber wir planen Sonderausstellungen mit Stücken aus dem Depot und aus privater Sammlerhand, die zum Besten des Kunstgewerbes der vergangenen Jahrhunderte gehören."

Das Kunstgewerbemuseum am Matthäikirchplatz 10785 Berlin-Tiergarten ist bis Freitag von 10 bis 18 Uhr und am Wochenende von 11 bis 18 Uhr geöffnet, am Montag ist es geschlossen. Der Eintritt kostet 8, ermäßigt 4 Euro. Weitere Informationen im Internet unter www.smb.museum/kgm.

11. November 2017

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