"Ja so waren die alten Rittersleut"
Interessante Neuzugänge im Deutschen Historischen
Museum Unter den Linden in Berlin



Wie der Ritter mit der Konstruktion aus Holz und Eisen
zurecht kam, ist nicht überliefert, auch ist sein Name unbekannt.




Um das Bildnis des Generals von Thoss sind Kanonenrohre
und Kanonenkugeln, aber auch Pulverfässer, Lanzen, Spieße, Fahnen
und Wappenschilden malerisch angeordnet.




Nicht nur Ritter, auch ihre Pferde wurden mit kunstvollgeformten
Eisenplatten gesichert, sehr bequem waren sie ganz bestimmt nicht.




Da das Deutsche Historische Museum aus einem preußischen
Waffenarsenal hervorgegangen ist, sind Rüstungen, Uniformen und
Waffen aller Art in ihm besonders reich vertreten. (Fotos: Caspar)

Das Deutsche Historische Museum im barocken Zeughaus Unter den Linden in Berlin zeigt in seiner Dauerausstellung eine interessante Neuerwerbung von großem Seltenheitswert. Die so genannte"Grüninger Hand" ist eine bewegliche Armprothese aus Eisen und Holz, die um 1510 angefertigt wurde. Das Meisterwerk frühneuzeitlicher Handwerkstechnik besitzt ein Ellenbogengelenk sowie Finger, die mittels eines Mechanismus wahlweise bewegt und festgestellt werden können. Wie Museumsmitarbeiter Boris Nitzsche bei einem Rundgang erklärt, seien in Europa nur noch wenige Prothesen dieser Art erhalten.

Der aus Privatbesitz erworbene Ersatzarm wurde über Jahrhunderte in Schloss Grüningen in Oberschwaben aufbewahrt, ein Besitz der Familie von Hornstein. Es wird angenommen, dass er aus der gleichen Werkstatt stammt, die auch die "eiserne Hand" für den legendären Götz von Berlichingen (1480-1562) fertigte, genannt Ritter von der eisernen Hand. Für wen die jetzt im Deutschen Historischen Museum in der Nähe von alten Harnischen, Schwertern und anderen militärischen Hinterlassenschaften ausgestellte "Grüninger Hand" konstruiert wurde, ist nicht bekannt. Vermutlich trug sie ein Ritter von Stand, der seinen rechten Unterarm in der Schlacht verloren und den Wunsch hatte, sich so gut es geht einer Prothese bedienen zu können. Kein Geringere als Johann Wolfgang von Goethe hat die Autobiographie des Götz von Berlichingen zur Grundlage seines 1774 uraufgeführten Sturm-und-Drang-Dramas gemacht, in dem der fränkisch-schwäbische Reichsritter als Verteidiger der Entrechteten und Beleidigten erscheint und durch seinen viel zitierten Ausspruch "Er aber, sag's ihm, er kann mich im Arsche lecken!" bis heute berühmt ist.

Ein anderer Neuzugang im DHM ein paar Schritte weiter ist das Grabmal des aus Thüringen stammenden Offiziers Hanns Wilhelm von Thoss. Restauratoren haben das barocke Epitaph wieder zum Leuchten gebracht und das Bildnis des adligen Herrn auf den Urzustand zurückgeführt. Außerdem wurde der überreich dekorierte, farbig gefasste Rahmen aus geschnitztem Holz so wiederhergestellt, wie er in der Barockzeit ausgesehen hat und nicht wie ihn spätere Generationen sehen wollten. Eine kleine, mit Farbfotos unterlegte Dokumentation neben dem Grabmal klärt darüber auf, dass den Fachleuten des DHM Unstimmigkeiten aufgefallen waren. Bestimmte Teile befanden sich am falschen Ort und kamen wieder an die richtige Stelle. Außerdem war den Restauratoren eine für das frühe 18. Jahrhundert untypische Malweise aufgefallen. Bei Röntgenuntersuchungen zeigte sich, dass das Bildnis stark überarbeitet wurde und von "alt" auf "jung" getrimmt wurde. Die Inschrift in deutscher Sprache unter dem perückenbesetzten Bildnis des Herrn von Thoss hebt hervor, dass der fränkische General von seiner Witwe Magdalene Sidonie nach "Kriegs Manier" begraben wurde, und betont: "Der Leib ruht bei der Kirchen / die Seel im HimmelsSaal."

Das jetzt in der Barock-Abteilung der Dauerausstellung neben Herrscherbildnissen und Zeugnissen der damaligen Kriege, sozialen Kämpfe und Kultur an einer Wand befestigte Epitaph ist ein herausragendes Beispiel für das barocke Erinnerungswesen in adligen Kreisen. Es stammt aus der Kirche von Lichtenau am Oberrhein. General Hanns Wilhelm von Thoss wurde 1648 in Großwerther im heutigen Thüringen geboren. Mit 15 Jahren begann er eine Militärlaufbahn, die ihn bis nach Kreta und Ungarn sowie zu den Schauplätzen der Türkenkriege führte. Mit dem berühmten Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, genannt Türkenlouis, zog Thoss im Spanischen Erbfolgekrieg gegen die Franzosen und Bayern. Obwohl er 1706 starb, dauerte es noch bis 1715, dass seine Witwe das Epitaph in Auftrag gab, etwa zeitgleich mit dem Ende dieses Krieges, der wie die anderen militärischen Auseinandersetzungen jener Zeit mit interessanten Zeitzeugnissen in der Ausstellung dokumentiert wird.

Das Deutsche Historische Museum Unter den Linden 2, 10117 Berlin, ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 8 Euro, ermäßigt 4 Euro, Besucher unter 18 Jahre haben freien Eintritt.

9. Januar 2017

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