Vergoldetes Silberbüffet blieb erhalten
Im Berliner Schloss Köpenick ausgestellte Prunkgefäße sollten zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeschmolzen werden







Verglichen mit der farbigen Vedute von Karl Benjamin Schwarz aus dem Jahr 1787 hat sich das am Ufer der Dahme gelegene Schloss Köpenick nicht viel verändert.



Vor einigen Jahren wurden die kostbaren Deckenstuckaturen und die Deckengemälde, sofern sie erhalten geblieben sind, sorgsam restauriert. Das Medaillon zeigt den Bauherren Friedrich III., der sich 1701 zum König "in" Preußen krönte und als Friedrich I. bis 1713 regierte.



Zu den besonderen Schaustücken im Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick gehört das aus dem Rittersaal des Berliner Schlosses stammende Prunkgeschirr aus vergoldetem Silber.



Preußens Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ließ in Augsburg solche mit Kronen, Adlern, Engeln und Wappen geschmückte Prunkgefäße aus vergoldetem Silber anfertigen.



In der Studiogalerie im Dachbereich des Schlosses Köpenick sind Preziosen aus Porzellan, Glas und Metall ausgestellt. Diese Figuren stellen Szenen aus dem Leben des einfachen Volkes dar, man beachte den Säugling, der seine eingewickelten Ärmchen nicht bewegen kann. (Fotos/Repro: Caspar)

Speisen in aller Öffentlichkeit in edlem Ambiente mit hunderten Gästen spielte an Fürstenhöfen schon immer eine große Rolle. Reich verzierte Schalen, Krüge, Terrinen, Fässer und andere Gefäße aus schwerem Silber, manchmal auch aus purem Gold unterstrichen in Berlin, Charlottenburg, Potsdam, Rheinsberg, Königs Wusterhausen und anderswo, dass die Hohenzollern mit anderen Herrscherhäusern durchaus mithalten konnten, was fürstliche Repräsentation betraf. Im Rittersaal des Berliner Schlosses, das gerade seine Wiedergeburt als Humboldt Forum erlebt, war ein riesiges Büfett mit kiloschweren Schalen, Tellern, Kannen, Humpen und Terrinen aufgebaut. Wenn hier Ritter in den 1701 vom ersten preußischen König Friedrich I. gestifteten Schwarzen Adlerorden aufgenommen und rauschende Feste gefeiert wurden, konnte alle Welt sehen, über welchen Reichtum das Königshaus verfügt und welche Pracht es entfalten kann. Dass derweil Hungersnöte grassierten sowie Kriege und Seuchen viele Todesopfer forderten, spielte im Prestigedenken der damals Mächtigen keine Rolle. Sie blendeten Katastrophen und Nöte aus und speisten die Betroffenen mit Almosen ab.

Nach der Niederlage des preußischen Heers im Krieg gegen Frankreich und dem Friedensschluss, zu dem Napoleon I., der siegreiche Kaiser der Franzosen, ein Jahr später in Tilsit König Friedrich Wilhelm III. aufzwang, befand sich das Reich der Hohenzollern in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Die Franzosen verlangten von Preußen 140 Millionen Francs als Kontributionen und spalteten große Landesteile ab, die anderen Monarchien zugeschlagen wurden und als Einnahmequellen des preußischen Fiskus entfielen. Erst wenn diese Riesensumme beglichen war, wollten die Besatzer das Reich der Hohenzollern verlassen.

Teil des preußischen Staatsschatzes

Um einen Teil der Kontributionen entrichten zu können, wurden am Berliner Hof nach entbehrlichen Gegenständen aus Gold und Silber gesucht. Friedrich Wilhelm III. ließ Teile seines Tafelgeschirrs einschmelzen, und auch aus Silber gefertigte Möbelstücke und Spiegel erlitten den Tod im Tiegel. Das gewonnene Edelmetall wurde in Gold- und Silbermünzen verwandelt, die dann zum Begleichen der Kriegsschulden verwendet wurden. Da die zwangsweisen Zahlungen außerordentlich drückten, wurde auch über das Schicksal des im Rittersaal des Berliner Schlosses aufgetürmten Silberbuffets nachgedacht. Die üppig mit Kronen, Adlern, Wappen und anderem Zierrat bedeckten Teller, Humpen, Kannen und Terrinen aus schwerem, mit Gold überzogenen Silber waren im frühen 18. Jahrhundert von Augsburger und Berliner Silberschmieden für den preußischen Hof angefertigt worden.

Die Hohenzollern betrachteten die Gefäße als Teil des Staatsschatzes, der in Kriegs- und Krisenzeiten zur Bestreitung außerordentlicher Ausgaben und zu Herstellung geprägten Geldes herangezogen wurde. In den Schlesischen Kriegen Mitte des 18. Jahrhunderts ließ Friedrich II., der Große, bedeutende Teile seiner Silberbestände einschmelzen. Manchmal gelang es, das eine oder andere Stück vor der Vernichtung zu bewahren. Ein vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. im frühen 18. Jahrhundert in Auftrag gegebenes riesiges Bierfass mit zahlreichen eingearbeiteten Talern und weitere Humpen dieser Art entgingen der Vernichtung, weil man in ihnen "vaterländische Denkmäler" von historischem Wert sah.

Dass das Berliner Silberbuffet erhalten blieb, ist der Intervention des Hofbeamten Ernst Friedrich Bussler zu verdanken. Seinen König gab er zu bedenken: "Die sämmtlichen zum Buffet im Rittersaal gehörigen Stücke habe ich der schönen Arbeit und der Medaillen wegen etc. mich nicht überwinden können zur Einschmelzung allerunterthänigst mit aufzusetzen und habe Ew. K. M. [Eure Königliche Majestät, H. C.] dafür allerunterthänigst um Schonung bitten wollen. Da offensichtlich das Prunkgeschirr als eine Art hohenzollernsches Staatsdenkmal betrachtet wurde, stimmte Friedrich Wilhelm III. zu und stellte das Silberbüffet, aber auch einige mit silbernen Talern und Medaillen besetzte Humpen unter seinen Schutz. Nach der Zerstörung des Berliner Schlosses im Zweiten Weltkrieg und der Beseitigung der Ruine 1950 auf Befehl des SED-Chefs Walter Ulbricht kam der Staatschatz in die Verfügung der Staatlichen Museen zu Berlin und können seit vielen Jahren in einem extra für ihn gestalteten Raum mit weiteren silbernen Prunkmöbeln und einer herrlichen Münzkanne bewundert werden.

Gold gab ich für Eisen

Nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815, aus denen Preußen siegreich hervor ging, fielen die Lücken auf der königlichen Tafel unangenehm auf, und so wurden große Anstrengungen unternommen, um neue Silberservices anzufertigen, wofür die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick einen schönen Anschauungsunterricht bietet. In anderen Vitrinen werden Tafelaufsätze und Geschirren aus kostbarem Porzellan gezeigt. Der figürliche Schmuck und die vielteiligen Services, die Friedrich der Große und andere Monarchen bei der 1763 gegründeten Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin in Auftrag gaben, waren ausgesprochene Luxusgegenstände und wurden wegen ihrer Exklusivität der Silberkammer zugeordnet. Dort waren Diener den ganzen Tag nur damit beschäftigt, das Tafelsilber und Porzellan sauber zu halten, und wenn mal etwas entzwei ging, gleich neue Stücke nachzubestellen. Anfang 1813 rief der König das Volk zu Spenden unter dem Motto "Gold gab ich für Eisen" auf, um die Ausrüstung von Freiwilligen für den bevor stehenden Befreiungskrieg gegen Frankreich zu finanzieren. Das Echo in der Bevölkerung war beachtlich, und niemand dachte mehr daran, das im Berliner Stadtschloss und anderen königlichen Residenzen befindliche Prunk- und Tafelsilber in den Schmelztiegel zu werfen.

Historische Bilder, Dokumente und auch aufwändig gestaltete Speisekarten unterstreichen, dass man am preußischen Hof ausgiebig und luxuriös speiste und zahllose Lakaien den hohen Herrschaften exquisite Speisen auftischten. Auf den Speisekarten war extra vermerkt, was auf Silber und was auf Porzellan gereicht wird. Um Hochzeiten, Taufen und anderen Festlichkeiten zusätzlichen Glanz zu geben, hat man meterhohe Aufsätze auf Tische und Buffets getürmt und dieses Schauspiel auch in den Medien publiziert, um die Untertanen und das Ausland in Erstaunen zu versetzen.

Residenz des Kurprinzen Friedrich

Kurfürst Friedrich, der Sohn und Nachfolger des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, ließ das Renaissance-Jagdschloss Köpenick von Rutger van Langervelt und nach ihm von Johann Arnold Nering um- und ausbauen. Es wurde außerdem eine reformierte Schlosskirche und auch ein mit der Jahreszahl 1682 versehenes Hoftor errichtet. Nach seiner Thronbesteigung verlor der nunmehrige Kurfürst Friedrich III. sein Interesse an dem abseits der Haupt- und Residenzstadt Berlin gelegenen barocken Prunkbau. Seine Fertigstellung als repräsentative Dreiflügelanlage unterblieb, weil der neue Landesherr Größeres im Sinn hatte, nämlich seine Krönung als König Friedrich I. "in" Preußen und den Umbau des Berliner Renaissanceschlosses durch Andreas Schlüter und weiteren Baumeistern in einen alle Welt in Erstaunen versetzenden Palast.

Wer die aktuelle Ausstellung "Kreuzwege - Die Hohenzollern und die Konfessionen 1517-1740" besucht hat (siehe Eintrag auf dieser Internetseite vom 12. April 2017) kann sich in den anderen Etagen des Schlosses Köpenick an herrlichem Kunstgewerbe von der Gotik bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert satt sehen. Ausgestellt sind historische Möbel und komplette Zimmereinrichtungen, aber auch Spitzenstücke der Goldschmiede- und Glaskunst, ergänzt durch Zeugnisse der Zinngießerei sowie der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin, der Meißner Manufaktur und weiterer Produzenten edler Geschirre, Services, Figuren und Tafelaufsätze. Das alles macht zu allen Jahreszeiten das malerisch in einem kleinen Park an der Dahme gelegenen Kunstgewebemuseum Schloss Köpenick der Staatlichen Museen zu Berlin zu einem einzigartigen Sehnsuchts- und Lernort.

16. April 2017

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