Neue Perspektiven für das Marinehaus
Umgestaltung des Museumsquartiers am Köllnischen Park kann nach Bewilligung von 65 Millionen Euro in Angriff genommen werden



Das 110 Jahre alte Märkische Museum am Köllnischen Park wirtd fit für das 21. Jahrhundert gemacht. Bei der Gestaltung lehnte Berlins Stadtbaurat Ludwig Hoffmann einst an Bauwerke der märkischen Backsteingotik und an Zeugnisse der Renaissance an.



Das Marinehaus wurde 1908 als Vereinshaus eröffnet und erfuhr im Laufe seiner Geschichte durch unterschiedliche Nutzungen im Inneren vielfache Um- und Einbauten sowie jahrelangen Leerstand, die ihm nicht gut getan haben. Der Gebäudekomplex ist Bestandteil des Denkmalensembles Am Köllnischen Park.



Viele Zeugnisse Berliner und märkischer Geschichte und Kunst wären verloren, hätten sich nicht weitblickende Bürger schon im 19. Jahrhundert um ihre Rettung bemüht. Überall im Märkischen Museum sind solche Skulpturen ausgestellt.





In diesem Saal werden zahlreiche Hinterlassenschaften Berliner Zünfte gezeigt, auf dem Tisch stehen kostbare Zinnhumpen. In weiteren Räumen kann man sich an Porzellanen und Gläsern erfreuen.



Vor dem Märkischen Museum wacht ein Roland mit erhobenem Schwert. Der Ritter des Rechts ist die Nachbildung der Rolandfigur in Brandenburg an der Havel. (Fotos: Caspar)

Das Märkische Museum und das Marinehaus werden künftig eine Einheit bilden und das Herzstück eines neuen Museums- und Kreativquartiers am Köllnischen Park sein. Das aus der Kaiserzeit als Offiziersklub erbaute Marinehaus gegenüber dem Märkischen Museum erweitert als neuartiges Aktivitätenzentrum und Stadtlabor die Angebote um neue öffentlichkeitswirksame Formate. Hier sollen Museum, freie Szene und andere Akteure gemeinsam gestalten, denken, arbeiten. Partizipation sei das zentrale Leitmotiv, erklärte der Direktor der Stiftung Stadtmuseum, Paul Spies. Die gemeinsame Initiative des Bundes und des Landes Berlin, unterstützt durch eine Förderung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, könne nun für die Errichtung des Museums- und Kreativquartiers am Köllnischen Park an den Start gehen.

Das Märkische Museum wurde 1874 auf Initiative der Berliner Bürgerschaft gegründet. Mit 4,5 Millionen Objekten verfügt es über eine europaweit einmalige Sammlung, von der allerdings nur ein Bruchteil im Märkischen Museum, im Museum Nikolaikirche, im Ephraimpalais und im Knoblauchhaus gezeigt werden kann. Paul Spies hat sich vorgenommen, das ein wenig im Dornröschenschlaf versunkene Stadtmuseum wie Schneewittchen im Märchen wachzuküssen. Er plant, die ihm anvertrauten Häuser zu entrümpeln, die Besucher stärker in den Ausstellungsbetrieb einzubeziehen sowie den Einsatz von Web-Angeboten und sozialen Medien auszubauen. Das nach Plänen von Ludwig Hoffmann in märkischem Backsteinstil erbaute und 1908 eröffnete Stammhaus ist stark sanierungsbedürftig und wird in den kommenden Jahren für längere Zeit geschlossen. Für den voraussichtlich 2019 beginnenden Umbau einschließlich der Sanierung und Restaurierung des Marinehauses stehen 65 Millionen Euro von Bund und Land zur Verfügung. Mit 32,5 Millionen Euro übernimmt der Bund den Löwenanteil an den Sanierungs- und Umbauarbeiten. Die entsprechende Initiative des Bundes und des Landes Berlin - unterstützt durch Förderung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin - wurde mit der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung im Ludwig-Hoffmann-Saal auf den Weg gebracht.

Neue Themen und Angebote

Unterzeichner waren die Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters, der Senator für Kultur und Europa des Landes Berlin Klaus Lederer sowie Marion Bleß, Vorstand der Lotto-Stiftung Berlin. Alle Beteiligten sind sich darin einig, dass das Märkische Museum und zur Zeit sich noch wegen mangelhafter Baupflege in einem erbärmlichen Zustand befindliche Marinehaus künftig das Herzstück des neuen Museums- und Kreativquartiers sein wird. Bevor das Märkische Museum wegen anstehender Bau- und Sanierungsarbeiten vorübergehend schließen muss, probiert dort das Stadtmuseum unterschiedliche Themen, Formate und Projekte aus. Aktuell werden verschiedene Ausstellungsbereiche umgestaltet, um Raum für neue Themen und Angebote zu schaffen. So ist im Erdgeschoss eine neue, größere Fläche für Sonderausstellungen entstanden, während Besucher in Proberäume die Möglichkeit bekommen, das alte Museum und seine Schätze neu zu entdecken. Bereits seit September 2017 wird der dem Märkischen Museum benachbarte frühere Bärenzwinger, in dem keine Bären mehr leben, von der Kommunalen Galerie Berlin-Mitte für Kunstaktivitäten genutzt.

Während das bis etwa 2021 sanierte Märkische Museum Räume für eine Dauerausstellung zur Geschichte Berlins, für Sonderausstellungen sowie für Vermittlungsangebote bieten wird, werden im Marinehaus auf der Straße gegenüber Werkstätten, Arbeitsräume für Kulturschaffende, Veranstaltungsräume, Präsentations- und Kommunikationsflächen sowie ein erweitertes und besseres gastronomisches Angebot zur Verfügung stehen. Als gegenwarts- und zukunftsorientiertes Haus für experimentelle Formate kann es dann nicht nur vom Stadtmuseum selbst genutzt, sondern auch von Künstlern und Kreativen gemietet werden, die dann auch in die Aktivitäten des Stadtmuseums Berlin einbezogen sind. Im Museums- und Kreativquartier sollen gesellschaftlich relevante Themen erörtert und dargestellt werden, interdisziplinär und vernetzt mit anderen Think-Tanks der Stadt. Dabei geht es um Auseinandersetzungen mit Fragen wie Urbanität, Stadtentwicklung und soziale Räume, um Heterogenität und Individuum, um Herkunft und Integration. Auch die ebenfalls am Köllnischen Park angesiedelte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erhält im neuen Museums- und Kreativquartier eine Plattform für Bürgerbeteiligung.

Alle Beteiligten versprechen sich von den jetzt konkretisierten Plänen, dass das an der U-Bahn-Station Märkisches Museum in der Umgebung der Leipziger Straße, des Nikolaiviertels und des Klosterviertels gelegene Quartier an Bekanntheit und größeren Zulauf als bisher von den Berlinern und den Gästen der Stadt gewinnt. Indem das Stadtmuseum aus dem Schatten der Staatlichen Museen heraus tritt und alsbald auch mit den Ausstellungen im Humboldt Forum konkurriert, stärkt es den Kulturstandort Berlin. Die Museumsstiftung verspricht sich von der Bündelung ihrer Kräfte die Erhöhung ihrer Attraktivität und eine Verbesserung ihrer ja auch für Zuwendungen wichtigen Besucherbilanz.

20. September 2017

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