Königlicher Mäzen auf der Freitreppe
Ohne Friedrich Wilhelm IV. hoch zu Ross wäre Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel unvollständig



König Friedrich Wilhelm IV. war kein eleganter Reiter, und so kommt er auch auf der Freitreppe der Alten Nationalgalerie daher. Als Förderer der bildenden Kunst und Architektur machte er sich einen Namen.



Auf einem der Sockelreliefs erkennt man den Kölner Dom, für dessen Vollendung mit den beiden Turmspitzen sich der König stark gemacht hatte, sowie das Reiterdenkmal Friedrichs des Großen Unter den Linden in Berlin.



Die wie ein antiker Tempel gestaltete Alte Nationalgalerie ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und am Donnerstag bis 20 Uhr geöffnet.



So stellte sich der Architekt und Maler Karl Friedrich Schinkel im frühen 19. Jahrhundertt das antike Griechenland in der Zeit seiner Blüte und größten kulturellen Ausstrahlung vo



Der Innenhof der Alten Nationalgalerie ist mit zahlreichen Bronzeskulpturen aus dem 19. und vor allem 20. Jahrhundert geschmückt. (Fotos: Caspar)

Die Nationalgalerie auf der Museumsinsel hatte als Sammelstätte zeitgenössischer Gemälde und Skulpturen mehrere Väter. 1844 ließ Preußens König Friedrich Wilhelm IV. den größten Teil der in "Allerhöchstem Besitz" befindlichen Gemälde als "abgesonderte Galerie" zusammenstellen und überwies ihr viele Neuerwerbungen. Bedeutenden Zuwachs erhielt die Sammlung durch ein Geschenk des Berliner Kaufmanns und Kunstfreundes Joachim Heinrich Wagener an den Bruder dieses "Romantikers auf dem Thron", König Wilhelm I., der 1871 deutscher Kaiser wurde. Wagener bestimmte in seinem Testament vom März 1859, als Wilhelm noch Prinzregent für seinen erkrankten Bruder war, er überlasse es ganz dem Allerhöchsten Ermessen, ob etwa die Sammlung noch in dem Eingangs gedachten Sinne verstärkt und fortgeführt werden soll, um so zu einer nationalen Gallerie heranzuwachsen, welche die neuere Malerei auch in ihrer weiteren Entwicklung darstellt." So wuchs die Galerie mit ihren zahlreichen Gemälden und Skulpturen zu einer bedeutsamen Sammlung deutscher und ausländischer Kunst des 19. Jahrhunderts heran.

Die Alte Nationalgalerie - der Name hat sich eingebürgert, um sie von der Neuen Nationalgalerie am Kulturforum zu unterscheiden - wurde zwischen 1864 und 1876 von Johann Heinrich Strack nach Skizzen Friedrich Wilhelms IV. und Entwürfen von Friedrich August Stüler als Heimstatt für die zeitgenössische Gemäldesammlung des Königs errichtet. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, konnten beim Wiederaufbau nicht alle Schäden beseitigt werden. Bei der Ende 2001 beendeten Generalinstandsetzung wurden die Umgestaltungen aus dem 20. Jahrhundert als denkmalwürdige Zeitschichten weitgehend respektiert.

Romantiker auf dem Thron

Saniert wurde schon vorher die repräsentative, von allegorischen Figuren besetzte Freitreppe mit dem Reiterdenkmal Friedrich Wilhelms IV. Sein Bruder Wilhelm I. bestieg 1861 den preußischen Thron. Er ließ das Monument 1886 auf der Freitreppe der Alten Nationalgalerie aufstellen. Von dem Bildhauer Alexander Calandrelli nach einem Entwurf von Gustav Bläser geschaffen, würdigt das Monument den "Romantiker auf dem Thron", der viel für die Kultur, Kunst und Architektur in Preußen getan und eng mit Künstlern wie Schinkel und Lenné zusammengearbeitet hat, aber als ein reaktionären und klerikalen Vorstellungen verhaftetes Staatsoberhaupt vor allem in der Revolution von 1848/49 große Schuld auf sich geladen hat.

Das Denkmal versinnbildlicht die Verbindung von Geist und Macht und stellt einen Bezug zwischen der als "Freistätte für Kunst und Wissenschaft" angelegten Museumsinsel und dem Schloss her, das gerade seine Wiedergeburt als Humboldt Forum erlebt. Als es noch stand, blickte der König auf seinen Herrschersitz, den er in der Nachfolge von Schlüter und Schinkel weiter auf das Prächtigste ausstaffieren und mit einer riesigen Kuppel versehen ließ. Dargestellt ist der in einen Hermelinmantel gehüllte Monarch barhäuptig in zeitgenössischer Generalsuniform. Den Blick hat er in eine imaginäre Ferne gerichtet.

Die Reliefs auf dem Postament zeigen unter anderem den Kölner Dom, dessen denkmalgerechte Fertigstellung Friedrich Wilhelm IV. gefördert hatte, sowie Rauchs Reiterdenkmal Friedrichs des Großen Unter den Linden, das 1851, unter seiner Regentschaft, enthüllt wurde. Am Sockel haben gleichsam als Wächterinnen die Symbolfiguren der Religion, Kunst, Geschichte und Philosophie Platz genommen, die damit auch die vom Monarchen hoch gehaltenen Ideale und Glaubensprinzipien symbolisieren.

Das Bronzemonument besitzt kein Stahlkorsett wie etwa Christian Daniel Rauchs "Alter Fritz" Unter den Linden oder die Quadriga auf dem Brandenburger Tor, sondern trägt sich ohne besonderes Hilfskorsett von allein. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde der königliche Reiter in DDR-Zeiten respektiert und sogar komplettiert, weil er mit dem Bau der Nationalgalerie eine Einheit bildet. Der schlechte Zustand von Ross und Reiter machten Mitte der neunziger Jahre eine durchgreifende Restaurierung notwendig. Dabei mussten korrodierte Verschraubungen aus Eisen, welche die Einzelteile zusammenhielten, durch solche aus nichtrostendem Titan ersetzt werden. Nach der Reinigung der Oberfläche bekamen Ross und Reiter einen Überzug aus einer konservierenden Wachslösung, die das Metall vor den Unbilden der Witterung schützt.

Der deutschen Kunst

Zwar verkündet die Giebelinschrift der Alten Nationalgalerie in vergoldeten Buchstaben DER DEUTSCHEN KUNST, doch geht ihr Inhalt weit darüber hinaus und enthält hochkarätige Gemälde und Skulpturen großer ausländischer Künstler. Auf drei Etagen sind Gemälde und Skulpturen aus der Zeit zwischen Französischer Revolution (1789) und Erstem Weltkrieg (1914), zwischen Klassizismus und Sezessionen versammelt. Nahezu alle Künstler, die in dieser Zeit Rang und Namen hatten, sind in der Sammlung vertreten. Darunter befinden sich viele Meister der klassischen Moderne, die mit dem offiziellen Kunstgeschmack der Kaiserzeit kollidierten und daher nicht in den Genuss staatlicher Förderung kamen.

Wer die Alte Nationalgalerie besucht, wird die Harmonie zwischen Gemälden und Skulpturen sowie Museumsgebäude und seinen Ausstellungsräumen als wohltuend empfinden. Seine historische Gestalt erhielt in den vergangenen Jahren der Kolonnadenhof vor der Alten Nationalgalerie und dem im rechten Winkel dazu stehenden Neuen Museum zurück. Die Säulenhalle umschließt eine gärtnerisch gestaltete Fläche, die mit einem Springbrunnen sowie zahlreichen Bronzefiguren geschmückt ist. Damit haben die Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz einen Platz mit antiker Anmutung und einen einzigartiger Ort zum genussvollen Verweilen auch in jenen Stunden zurückgewonnen, in denen die Museen geschlossen sind.

Bei der Wiederherstellung des klassizistischen Umgangs haben die Bauleute originale Fragmente verwendet, so dass das Erscheinungsbild weitgehend dem der Erbauungszeit entspricht. Wie die gesamte Museumsinsel gehört auch der Innenhof als eingetragenes Gartendenkmal zum UNESCO-Welterbe, was der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und ihren Staatlichen Museen die Pflicht auferlegt, besonders sorgfältig mit der historischen Substanz umzugehen. r.

31. Januar 2017

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