Meißeln, schnitzen, malen
Skulpturensammlung im Bodemuseum lädt zum Vergleich zwischen Europa und Afrika ein und zeigt, wie Kunsthandwerker arbeiten



Das Bode-Museum wurde 1904 als Kaiser-Friedrich-Museum eröffnet. Die Medaille kombiniert das Bildnis Wilhelms II. mit einer Gebäudeansicht. In dem Kuppelbau können Schätze des Byzantinischen Museums, der Skulpturensammlung und des Münzkabinetts besichtigt werden.



Im überkuppelten Eingangssaal ist eine Nachbildung des von Andreas Schlüter geschaffenen Reiterdenkmals des Großen Kurfürsten von Brandenburg aufgestellt.



Schüler lernen geschnitzte und farbig gefasste Heiligenfiguren kennen und versuchen, deren Körperhaltung nachzuahmen.



Welcher Werkzeuge und Materialien sich die alten Meister bedienten, wird unter dem Moto "Wie eine Skulptur entsteht" in einer kleinen Sonderausstellung gezeigt.



In der Zeit der Renaissance haben Bildgießer solche Figuren geschaffen, die Skulpturensammlung zeigt, welche Schritte vom Modell bis zum fertig ziselierten Guss unternommen wurden und auch werden, denn die Methoden haben sich bis heute nicht wesentlich verändert. (Fotos: Caspar

Die Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz lädt mit Bildwerken aus deutschsprachigen Ländern sowie aus Frankreich, den Niederlanden, Italien und Spanien ins Bode-Museum zu einem Streifzug durch die Kunstgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert ein. Die neue Ausstellung "Unvergleichlich" stellt darüber hinaus herausragende Kunstwerke Afrikas aus dem Ethnologischen Museum in Dahlem Spitzenstücken der Skulpturensammlung gegenüber. Durch Anordnung der Werke aus beiden Kontinenten werden Zusammenhänge auf verschiedenen Ebenen thematisiert, so etwa historische Zeitgenossenschaft sowie ikonografische und technische Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Materialien und Themen.

Bemerkenswert sind Übereinstimmungen in den Funktionen von Kunstwerken trotz unterschiedlicher Formensprache. So dienten kraftvolle Figuren aus dem Kongo dem Schutz von Dörfern und Gemeinschaften ähnlich wie es gotische Schutzmantelmadonnen und Heiligenfiguren in der europäischen Sakralkunst taten. Die nebeneinander aufgestellten Exponate zeigen aber auch Unterschiede etwa bei Mutterschafts-Darstellungen, die sich in Afrika und Europa anderer Bildsprachen bedienen und andere Aussagen treffen. Bis zu Eröffnung des Humboldt Forums Ende 2019 können die Meisterwerke afrikanischer Kunst im Bode-Museum betrachtet werden.

Wie eine Skulptur entsteht

Gleich zu Beginn des Rundganges wird in der ersten Etage gezeigt, wie Künstler und Kunsthandwerker in alten Zeiten gearbeitet haben - Bildhauer, Holzschnitzer, Maler, Vergolder und andere Spezialisten. In den Vitrinen sind die dabei verwendeten Werkzeuge neben den entsprechenden Kunstwerken ausgelegt. Der gut gestaltete Anschauungsunterricht unter dem Moto "Wie eine Skulptur entsteht" hilft den Besuchern, sich in die Arbeit der alten Meister hineinzudenken und auch die Materialien kennenzulernen, aus denen sie wunderbare Figuren geschaffen haben. In weiteren Räumen dokumentiert zeigt die Skulpturensammlung die Arbeit der Metallhandwerker von der Anfertigung von Modellen und Gussformen bis zum fertigen und sauber ziselierten Bronzeguss. Da in der Skulpturensammlung zahlreiche Arbeiten von Bildgießern von der Renaissance bis zum beginnenden 19. Jahrhundert ausgestellt sind, helfen die manchmal noch mit Gusskanälen und rauer Oberfläche versehenen Arbeiten, auch diese Sparte der Kunstgeschichte gut zu verstehen.

Als das nach dem früheren Museumsdirektor Wilhelm von Bode benannte Bode-Museum am 18. Oktober 1904 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. feierlich eingeweiht wurde, hieß es Kaiser-Friedrich-Museum. Die Namensgebung war eine Reverenz an den 1888 nach nur 99 Regierungstagen verstorbenen Kaiser Friedrich III., den Vater Wilhelms II. Als Kronprinz hatte Friedrich viel für die Entwicklung der Berliner Museen getan, und da ist es nicht verwunderlich, dass sein vergoldetes Porträt neben dem anderer Hohenzollernherrscher die Eingangshalle schmückt. Um die Bezüge zu ihrem Mäzen zu verdeutlichen, erhielt das jetzt neu eröffnete Haus an der Spitze der Museumsinsel den noch ein wenig gewöhnungsbedürftigen Namen "Bode-Museum vormals Kaiser-Friedrich-Museum".

Schatzkammer mit zwei Kuppeln und fünf Innenhöfen

Die originalgetreue Wiederherstellung der "Schatzkammer der Könige", wie das palastartig gestaltete Haus mit zwei Kuppeln und fünf Innenhöfen genannt wird, ist eine Reverenz an den kaiserlichen Hofarchitekten Ernst von Ihne, der in Berlin unter anderem die Staatsbibliothek und den Marstall gebaut sowie Teile des Stadtschlosses umgestaltet hat. Diesen mit allen historischen Bauformen bestens vertrauten Künstler kennt kaum jemand, sein Werk wurde über viele Jahrzehnte als ein zu vernachlässigender Stilmischmasch ohne eigenen Wert abgetan. Ihne galt als verlängerter Arm seines in künstlerischen Dingen dilettierenden kaiserlichen Herrn, Wilhelm II. Heute müssen Kritiker der wilhelminischen Staatsarchitektur zugeben, dass sie große Qualitäten besitzt, auch wenn sie Bauten und Dekorationen vor allem der Renaissance und des Barock nachahmt und vor allem den Zweck hatte, den machtvoll in Kunstdinge hinein regierenden Monarchen zu verherrlichen und sein "persönliches Regiment" zu stützen.

Museumsleute, Architekten, Denkmalpfleger und Restauratoren gehen in unseren Tagen mit weniger Scheuklappen an die baulichen und künstlerischen Hinterlassenschaften der "wilhelminischen Ära". Noch vor Jahrzehnten waren Zeugnisse dieser Hofkunst als eklektizistische Machwerke verurteilt worden. In der Kaiserzeit, als man den Monarchen nicht direkt kritisieren durfte, standen die von ihm beauftragten Architekten, Maler und Bildhauer in der Kritik, und dazu gehörte auch Ernst von Ihne. Weil man mit dieser kaiserlichen Unkunst, wie man sagte, diesem bombastischen Bauplunder nichts anfangen konnte, gab es nach dem Zweiten Weltkrieg Überlegungen, das stark beschädigte Bode-Museum ganz abzureißen, ließ es aber zum Glück stehen. Das in den vergangenen Jahren von Dach bis Keller sanierte und restaurierte Bode-Museum ist nicht nur Ernst von Ihnes Werk, es ist auch ein Dokument für das Bemühen seines Namensgebers Wilhelm von Bode, Räume und Kunstwerke harmonisch in Einklang und damit zu höherer Geltung zu bringen.

Mit diesem Ausstellungskonzept, das die Umgebung eines Kunstwerks auf dieses wirken lässt, betrat der Museumsdirektor Neuland. Er schuf so genannte Themenräume, in denen er Gemälde, Skulpturen, Möbel und Kunstgewerbe gemeinsam und jedes Stück für sich zum Strahlen brachte. Das beginnt im Bode-Museum mit der überkuppelten Eingangshalle, in der eine Kopie von Schlüters Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg steht, führt weiter durch eine florentinische Basilika mit Gemälden, Skulpturen und Möbeln der italienischen Renaissance und mündet in eine zweite, kleinere Kuppelhalle in Formen des friderizianischen Rokoko, in der marmorne Generalsfiguren der Armee Friedrichs II., des Großen, aufgestellt sind. Eine elegante Treppe führt direkt zu dem Preußenkönig, der wie der Große Kurfürst ein bedeutender Sammler und Kunstförderer war.

Hommage an Bode und Simon

Die Collage von Raum und Kunstwerken wird in den oberen Stilsälen mit dem Wechselspiel von Skulpturen, Gemälden, Gobelins, Möbeln und anderen Gegenständen fortgesetzt. Alles stimmt - die auf Sockeln gestellten oder an den farbig gestrichenen Wänden befestigten Kunstwerke, die immer wieder anders gestalteten Decken, die seitliche Beleuchtung, die nach alten Vorlagen wiederhergestellten Fußböden, die historischen Türeinfassungen. Wenn man Fotos von Museumsräumen aus der Kaiserzeit mit denen von heute vergleicht, dann sind letztere mit Exponaten sparsamer ausgestattet. Wo es sich einrichten ließ, haben die Ausstellungsmacher auf Glasvitrinen verzichtet, hoffend, dass die Besucher die aufgesockelten Figuren aus Holz, Stein oder Metall nicht berühren und ihnen damit Schaden antun.

Wer durch das Bode-Museum geht, sollte sich Zeit nehmen und die Ausstellungsstücke und die Räume auf sich wirken lassen. Beim Rundgang entdeckt man dann vielleicht auch zwei Bronzebüsten auf einer Empore, von der man einen wunderbaren Blick auf die florentinische Basilika hat. Sie sind eine Hommage an Wilhelm von Bode und den Berliner Kunstsammler und Menschenfreund jüdischen Glaubens, James Simon. Beide verbanden enge künstlerische und humanitäre Interessen. Simon war "der" Mäzen der Berliner Museen schlechthin. Ohne ihn könnte man nicht im Neuen Museum die Büste der ägyptischen Königin Nofretete, das Ischtartor und viele andere hochrangige Zeugnisse der Menschheitsgeschichte bewundern. Wenn das Bode-Museum den Namen des berühmten Museumsmannes trägt, dann ist es nur recht und billig, dass die Staatlichen Museen das neue Eingangsgebäude für die fünf Häuser auf der Museumsinsel mit dem Namen James Simon Galerie auszeichnen. )

28. November 2017

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