Prunksilber, Zepter und Münzhumpen
Schlösserstiftung präsentiert in Charlottenburg den preußischen Kronschatz sowie kostbares Porzellan und Preziosen der Gold- und Silberschmiedekunst



Das Berliner Schloss Charlottenburg war eine bei den Hohenzollern beliebte Residenz. Im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurde es danach authentisch wieder aufgebaut.



Da man Münzhumpen als Zeugnisse ruhmvoller Geschichte schätze, entgingen viele von ihnen im 18. und 19. Jahrhundert dem Tod im Tiegel.



Vergoldete Prunkaufsätze schmückten einst die königliche Tafel und demonstrierten Macht und Reichtum derer, die dort zu speisen pflegten.



Aus den Königskronen wurden im 18. Jahrhundert Brillanten, Perlen und Edelsteine gebrochen, um sie anderweitig zu verwenden.



Friedrich der Große liebte kostbare Tabaksdosen und pflegte sie an verdienstvolle Personen zu verschenken. Diese brillantbesetzte Tabatière ist eine Berliner Arbeit aus dem Jahr 1745.



Mit kostbaren Talern besetzte Silberhumpen wurden den Kurfürsten von Brandenburg und Königen von Preußen anlässlich von Huldigungen und anderen Staatsakten geschenkt.



Das Kronprinzensilber schmückt als Leihgabe des Landes Berlin die Ausstellung im Schloss Charlottenburg. Es ist viel zu wertvoll und einmalig, um es bei einem Galaessen zum Einsatz zu bringen.



Wie es an der kaiserlichen Tafel im Berliner Schloss zuging und welche schimmernde Pracht dort entfaltet wird, zeigt dieser Holzstich aus der Zeit um 1900. Vorn wendet sich Wilhelm II. an einen Lakaien. In der Novemberevolution von 1918 landete die hohle Kaiserherrlichkeit im Orkus der Geschichte. (Fotos/Repro: Caspar)

Das Kurfürstentum Brandenburg und das 1701 gegründete preußische Königreich gehörten nicht zu den besonders begüterten Monarchien. Wegen des vielen unfruchtbaren Erdreichs verspottete man das zerklüftete Reich der Hohenzollern als "märkische Streusandbüchse". Das tat den Herrschern weh, denn sie unternahmen alles, um im Konzert der deutschen und europäischen Fürstentümer einen angesehenen Part zu spielen. Der Bau prunkvoller Schlösser und die Anlage bedeutender Kunstsammlungen gehörten ebenso dazu wie der Unterhalt einer furchterregenden Armee und ein luxuriöses Hofleben, das erst unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (reg. 1713 bis 1740) auf ein spartanisches Niveau geschrumpft wurde. Sie trumpften aber auch durch goldenes und silbernes Tafelgeschirr auf, das die Welt in Erstaunen versetzte.

Im Schloss Charlottenburg präsentiert die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg den hohenzollernschen Kronschatz sowie Tafelaufsätze und Geschirre aus Silber und Porzellan, die zu feierlichen Anlässen der staunenden Welt vorgeführt wurden. Die rund 600 Preziosen lassen neben den königlichen Appartements mit ihren kostbaren Möbeln und Gemälden preußische Hofkultur erleben und laden die Besucher ein, in die funkelnde Welt königlicher Hofhaltung und fürstlicher Zeremonien einzutauchen. Rund einhundert am Hof benutzte Hofservices sind zum Teil vollständig erhalten. Ihre Zusammensetzung und Gestaltung spiegeln Stil und Moden, kulinarische Vorlieben und zeremoniellen Gepflogenheiten an der Tafel der Hohenzollern zwischen Barock und Historismus wieder.

Huldigung in Liebe und Treue

Ausgestellt ist das von bedeutenden Berliner und Augsburger Goldschmieden geschaffene Prunk- und Tafelsilber aus der Zeit des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und seiner Nachfolger. In der Charlottenburger Silberkammer werden ferner Teile eines von Johann Christian Lieberkühn dem Jüngeren für Friedrich II., den Großen, gefertigten silbernen Tafelservices gezeigt. Außerdem können von Karl Friedrich Schinkel entworfene Tafelaufsätze und Tafelgerät für Friedrich Wilhelm III. und seinen Sohn, den Prinzen und späteren Kaiser Wilhelm I. betrachtet werden. Zu sehen ist auch das von Kaiser Wilhelm II. ab 1888 als Hoftafelsilber für hochrangige zeremonielle Anlässe verwendete vergoldete Service betrachtet werden. Das ebenfalls in einer großen Vitrine aufgebaute Kronprinzensilber, das zwischen 1905 und 1914 für den Kronprinzen Wilhelm und seine Gemahlin Cecilie angefertigt wurde, wurde nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs nicht verwendet. Das von namhaften Berliner Künstlern und Manufakturen geschaffene Verlobungs- und Hochzeitsgeschenk bestand ursprünglich aus 2694 silbernen Platten, Schalen, Kannen, Bestecken und Kandelabern sowie Karaffen und Gläser aus Kristallglas und Tellern und Schüsseln aus Porzellan. Es war dem Thronfolgerpaar Wilhelm und Cecilie von 414 preußischen Städten dediziert worden. Die "in Liebe und Treue dargebrachte Huldigung" ist das letzte Beispiel für die Vorliebe der Hohenzollern für kostbaren Tafelschmuck. All dieser Prunk wurde vom Thronfolgerpaar nicht mehr verwendet, denn die Stadt Berlin nahm es nach der Novemberrevolution von 1918/19 und der Abdankung der Hohenzollern an sich.

Einen Schatz der besonderen Art stellen die aus farbigen Halbedelsteinen gefertigten, goldgefassten und mit Brillanten besetzten Tabatièren Friedrichs des Großen dar. Der König, der dem an vielen Fürstenhöfen entfalteten barocken Luxus eigentlich distanziert gegenüberstand, besaß eine exquisite Sammlung dieser Dosen, von denen er stets einige in ausgebeulten Taschen bei sich führte. Er verschenkte diese Arbeiten manchmal an Günstlinge und um die Monarchie verdiente Personen, oft randvoll mit Dukaten gefüllt. Münzfreunde werden sich in der Ausstellung überdies an schweren Silberhumpen erfreuen, die mit Talern und Medaillen besetzt sind. Die Mode kam in der Barockzeit auf und war auch am preußischen Hof besonders en vogue. Die Kannen wurden den Hohenzollern anlässlich von Huldigungen oder zu Geburtstagen geschenkt, aber auch vom Herrscherhaus in Auftrag gegeben.

Viele Stücke in der Ausstellung blieben nach dem Ersten Weltkrieg im Besitz des vormals regierenden Hauses Hohenzollern und werden im Schloss Charlottenhof als dessen Leihgaben präsentiert. In einem tresorartigen Raum am Ende der Silberkammer-Suite ist der hohenzollernsche Kronschatz zu sehen. Hinter Panzerglas liegen zwei Kronen aus purem Gold aus, die König Friedrich I. und seine Gemahlin Sophie Charlotte bei ihrer Krönung am 18. Januar 1701 trugen, sowie ein brillantbesetztes Zepter, ein Reichsapfel und weitere Zeremonialgegenstände. Dass den Kronen die Edelsteine und Perlen fehlen, geht auf das 18. Jahrhundert zurück, als Friedrich der Große sie entfernen ließ, um sie für andere Juwelen und Tabaksdosen weiter zu verwenden.

Speisen in aller Öffentlichkeit edlem Ambiente mit hunderten Gästen spielte an Fürstenhöfen schon immer eine große Rolle. Reich verzierte Schalen, Krüge, Terrinen, Fässer und andere Gefäße aus schwerem Silber, manchmal auch aus purem Gold unterstrichen in Berlin, Charlottenburg, Potsdam, Rheinsberg, Königs Wusterhausen und anderswo, dass die Hohenzollern mit anderen Herrscherhäusern durchaus mithalten konnten, was fürstliche Repräsentation betraf. Im Rittersaal des Berliner Schlosses, das aktuell seine Wiedergeburt als Humboldt Forum erlebt, war ein riesiges Büfett mit kiloschweren Schalen, Tellern, Kannen, Humpen und Terrinen aufgebaut. Wenn hier Adlige in den 1701 von Friedrich I. gestifteten Schwarzen Adlerorden aufgenommen und rauschende Feste gefeiert wurden, konnte alle Welt staunend zur Kenntnis nehmen, über welchen Reichtum das Königshaus verfügt und welche Pracht es entfalten kann. Dass derweil Hungersnöte grassierten und Seuchen tausende Todesopfer forderten, spielte im Prestigedenken der Herrscher keine Rolle. Sie blendeten die Katastrophen und Nöte aus und speisten die Betroffenen mit Almosen ab.

Tod im Schmelztiegel

Wenn einmal Not am Manne war und sich die Monarchie im Krieg befand, wurden Silberarbeiten aller Art eingeschmolzen. Man tat das ohne Gewissensbisse, weil man an ihnen vor allem das Edelmetall schätzte. Nur noch aus den Akten ist bekannt, dass preußische Könige und Königinnen bisweilen von goldenem Geschirr speisten. Leider ist davon nichts mehr übrig, weshalb man sich diese Stücke zur funkelnden Pracht hinzu denken muss. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), den Schlesischen Kriegen während des 18. Jahrhunderts sowie zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als Preußen einen Krieg gegen Frankreich krachend verloren hatte und hohe Kontributionen an den siegreichen Kaiser Napoleon I. zahlen musste, erlitten viele Kostbarkeiten den Tod im Tiegel, wurden also eingeschmolzen und in klingende Münze verwandelt. Auch das Königshaus erlegte sich ein strenges Sparprogramm auf und ließ bis auf wenige Ausnahmen seine Silber- und Goldservices einschmelzen. Nachdem man das Volk aufgerufen hatte, Gold und Silber zu spenden, waren es der König und seine Familie den Untertanen schuldig, ebenfalls seine Edelmetallbestände auf den Altar des Vaterlandes zu legen, wie man damals sagte. Manchmal gelang es, das eine oder andere Stück vor der Vernichtung zu bewahren. Ein vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. im frühen 18. Jahrhundert in Auftrag gegebenes riesiges Bierfass mit zahlreichen eingearbeiteten Talern und weitere Humpen dieser Art entgingen der Vernichtung, weil man in ihnen "vaterländische Denkmäler" von historischem Wert sah. Ausgestellt sind diese auf Anweisung von König Friedrich Wilhelm III. vor dem Einschmelzen geretteten Stücke sowohl im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz im Schloss Köpenick als auch im Charlottenburger Schloss.

Nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815, aus denen Preußen siegreich und als Großmacht hervor ging, wurden die Lücken im königlichen Tafelsilber geschlossen. Es wurden große Anstrengungen unternommen, um neue Silberservices anzufertigen. Auch dafür bietet die Schatzkammer im Charlottenburger Schloss einen schönen Anschauungsunterricht. In weiteren Vitrinen werden Tafelaufsätze und Geschirren aus kostbarem Porzellan gezeigt. Die figürlichen Aufsätze und vielteiligen Services, die Friedrich der Große und seine Nachfolger in der 1763 gegründeten Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin anfertigen ließen, waren ausgesprochene Luxusgegenstände und wurden wegen ihrer Exklusivität der Silberkammer zugeordnet. Dort waren Diener den ganzen Tag nur damit beschäftigt, das Tafelsilber und Porzellan sauber zu halten, und wenn mal etwas entzwei ging, gleich neue Stücke nachzubestellen. Bilder vom kaiserlichen Hof unterstreichen, dass man dort sehr aufwendig speiste und zahllose Lakaien exquisite Speisen auftischten. Auf Speisekarten hat man extra vermerkt, was auf Silber und was auf Porzellan gereicht wird. Um Hochzeiten, Taufen und anderen Festlichkeiten zusätzlichen Glanz zu geben, hat man meterhohe Aufsätze auf Tische und Buffets getürmt und dieses von tausenden Kerzen beleuchtetes Schauspiel auch in den Medien publiziert.

8. Oktober 2017

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