Vom Erz zur Münze
Kölner Sammelband präsentiert Aufsätze des Chemikers und Numismetallogen Eberhard Auer



Das Buch "Eberhard Auer Numismetallogica Ausgewählte Aufsätze" zeigt auf dem Umschlag eine von Helmut König geschaffene Medaille aus dem Jahr 2011 mit dem Porträt des Verfassers und auf der Rückseite einen Ausschnitt aus dem Periodensystem. Dort werden die Elemente betont, mit denen sich der Chemiker und Numismetalloge Zeit seines Lebens beschäftigt hat.



Die Ausgabe von Platinmünzen unter Zar Nikolaus I. blieb im alten Russland eine Episode, das auf schwierigem Wege gewonnene und aufbereitete Edelmetall überflügelte das Gold und avancierte in vielen Ländern als Ausgangsmaterial für Schmuck und Gefäße in der chemischen Industrie.

Die in Hamburg mit dem Kennbuchstaben J geprägten Nickelmünzen zu 25 Pfennigen kam im Deutschen Reich nicht gut an und verschwand bald wieder von der Bildfläche.





Aus erobertem Geschütz wurden in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 am Band zu tragende Ehrenmedaillen gefertigt, darunter eine Medaille von 1842, die aus dem Kupfer der ausgebrannten Petrikirche gefertigt wurde. (Fotos/Repros: Caspar)

Gold, Silber, Kupfer und Bronze, aber auch Aluminium, Platin, Palladium, Nickel und Zink sind uns als Münz- und Medaillenmetalle gut bekannt, wir schätzen Wert und Eigenschaften und besitzen daraus gefertigte Prägestücke. Seit wann aber und wie werden diese und weitere Metalle gewonnen und für die Münzprägung und andere Bereiche genutzt? Der Chemiker und Numismetalloge Dr. Eberhard Auer hat sich intensiv mit solchen Fragen beschäftigt und dazu viele Untersuchungsergebnisse publiziert. Zu seinem 80. Geburtstag haben die Kölner Münzfreunde e. V. einen Sammelband mit Aufsätzen herausgebracht, die sich mit diesen und zahlreichen anderen Fragen im Zusammenhang mit Metallen und Münztechnik befassen.

Das Buch "Eberhard Auer: Numismetallogica - Ausgewählte Aufsätze aus Anlass seines 80. Geburtstages hrsg. von Patrick Breternitz und Heinz Reutersberg" erschien 2021 als Band 1 der Schriftenreihe der Kölner Münzfreunde e. V., hat 482 Seiten, zahlreiche Abbildungen und kann über andreas.henseler@muenzfreunde.koeln bezogen werden (ISBN 978-3-9823399-0-0) versammelt Veröffentlichungen des Jubilars in numismatischen und anderen Zeitschriften sowie Jahrbüchern sowohl im Wortlaut und mit aktuellen Ergänzungen versehen als auch, wenn der Umfang zu groß ist, nur mit Resümees oder Inhaltsangaben.

Die verstreut publizierten Forschungsergebnisse des zweimaligen Eligius-Preisträgers und Sammlers von historische Feinsilbermünzen sowie Münzen und Medaillen aus exotischen Materialien auf diese ansprechende Weise bereitzustellen, ist eine hervorragende Idee und wird der Bedeutung des nimmermüden Forschers vollkommen gerecht. Mit dem Sammelband dankt der Verein Eberhard Auer auch für die Stiftung von Repliken kostbarer Münzen aus Feinsilber uund seine vielfältige ehrenamtliche Arnbeit im Dienste der Münzkunde. Der Verfasser ist seit einem halben Jahrhundert Mitglied der Kölner Münzfreunde, er war im Vorstand der Deutschen Numismatischen Gesellschaft tätig und hat in weiteren Münzvereinen gewirkt. Ehrenamtlich hat er die Münzsammlung des Deutschen Bergbaumuseums in Bochum gearbeitet und war Mitkurator verschiedener Ausstellungen, die die Kreissparkasse Köln seit vielen Jahren sehr erfolgreich unter dem Titel "Das Fenster" zeigt. Was er dabei über das vor 250 Jahren entdeckte Nickel (mit Thomas Lautz" (2000) und "Feines Silber" (2006) zu berichten hatte, ist im Sammelband als Digitalisat ebenso dokumentiert wie umfangreiche Studien über Silbermünzen der Stadt Hannover, Harzer Feinsilbermünzen und Stolberger Bergbautaler sowie Nachahmungen feinsilberner Zwei-Mariengroschen aus dem Harz im östlichen Westfalen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert.

Nickel ist nicht gleich Nickel

Neben Silber befasste sich Eberhard Auer mit dem seit fast 200 Jahren als Münzmetall genutzten Nickel, das sich von einem verachteten und verteufelten zu einem begehrten und umfassend auch als Neusilber oder Kupfernickel eingesetzten Material entwickelte und aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Der Verfasser schildert, warum sich das nach einem "neckenden Berggeist" benannte Metall als Rohstoff für Münzen und Medaillen, aber auch für Essbestecke und andere Erzeugnisse wachsender Beliebtheit erfreute. Allerdings kam in der deutschen Kaiserzeit eine Nickelmünze zu 25 Pfennigen wohl auch wegen des "jugenstiligen" Designs nicht gut an und verschwand alsbald wieder im Orkus der Geschichte. Als "Stahlhärter" für kriegswichtig erklärt, wurden Nickelmünzen im Zusammenhang mit dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg gegen solche aus anderen Metallen ersetzt. Auers "Nickelgeschichten" richten den Blick von den deutschen Prägungen auf solche in der Schweiz, Österreich, Brasilien und die USA, wo es sogar Kinos Namens Nickelodeon gab, weil der Eintritt fünf Cent betrug, und in anderen Ländern. Nickel sei nicht immer Nickel erklärt er und kritisiert ungenaue Zuschreibungen in Münzkatalogen und an anderer Stelle.

Eberhard Auer schildert an anderer Stelle, wie Platin gewonnen, gereinigt und verarbeitet wurde und heute wird und wie das ungeliebte "graue" Edelmetall im frühen 19. Jahrhundert für kurze Zeit im alten Russland bei der Prägung von Drei- bis Zwölfrubelstücken eingesetzt wurde und warum es als begehrter Rohstoff in andere Länder abwanderte. Zu beachten sind Hinweise des Chemikers, wie sich durch Metallanalysen moderne Nachprägungen aus Platin von den Originalen unterscheiden lassen.

Russische Rubel aus Platin

Weitere Beiträge befassen sich darüber hinaus mit dem Einsatz von ungewöhnlichen Materialien wie Tantal, Niob, Selen und sogar Uran bei der Prägung von Münzen und Medaillen. Ein umfangreicher Beitrag befasst sich ferner mit dem Weltreisenden Alexander von Humboldt, der mit russischem Plantingeld wenig anfangen konnte, und den ihm gewidmeten Medaillen. Der gut illustrierte Artikel leitet über zu weiteren Gebieten, mit denen sich der Verfasser beschäftigt hat. Sie reichen von Münzfunden über die Definition der Konventionstaler aus dem 18. Jahrhundert, die Bestimmung elektrischer Leitfähigkeit als Mittel zur Begutachtung von Münzen und Medaillen sowie Feingehaltsermittlungen durch Dichtebestimmung bis hin zu Angaben über Flussgolddukaten und anderen Münzen, die die Herkunft des jeweiligen Metalls nennen. Neben Vorderseite, Rückseite und Rand erwähnt Auer bei Medaillen noch eine vierte das verwendete Material als vierte Dimension und erläutert, was diese über Hersteller und Empfänger sagt.

Aus Hinweisen auf so genannte Reliktmedaillen könnte sich ein spezielles, bei uns noch wenig bekanntes, in den USA aber recht populäres Sammel- und Forschungsgebiet ergeben. Mit ihnen sind Erinnerungsprägungen gemeint, die aus der Bronze eingeschmolzener Kanonen und Glocken, aber auch aus Resten von Kupferdächern von Kirchen und Schlössern gefertigt wurden, die durch Brand und Beschießung zerstört wurden. Der Sammelband richtet unseren Blick in übertragenem Sinne auf die "Kehrseite der Medaille" und bereichert mit fundierten Studien unser Wissen rund um die "geprägte Form", wie Johann Wolfgang von Goethe seine numismatischen Lieblinge zu nennen pflegte.

16. August 2021

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