Zirbelnuss auf der Säule
In einem neuen Prachtband listet Anton Vetterle die Münzen der Freien Reichsstadt Augsburg auf



Das Buch "Die Münzen der Freien Reichsstadt Augsburg von 1521 bis 1805 - Katalog" erschien 2021 im Battenberg Gietl Verlag Regenstauf und hat 462 Seiten sowie zahlreiche farbige Abbildungen (49,90 Euro, ISBN 978-3-86646-197-0).



Augsburger Münzen liegen in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen, sie werden regelmäßig vom Münzhandel angeboten und sind auch in Museen ausgestellt. Die Taler von 1625 und 1640 zeigen den Stadtheiligen Ulrich sowie eine Ansicht der Freien und Reichsstadt. Auf den Kehrseiten sind der doppelte Reichsadler beziehungsweise der römisch-deutsche Kaiser Ferdinand III. abgebildet.



Der silberne Zehner von 1530, das Zwanzigkreuzerstück von 1761 und der halbe Guldentaler von 1562 und weitere kleine Werte stammen aus Augsburg. Da sie ziemlich abgegriffen überliefert sind, müssen sie lange in Umlauf gewesen sein. Besser erhaltene Exemplare erzielen höhere Preise.



Die im Würzburger Stadtarchiv liegende Chronik der Bischöfe zu Würzburg von Lorenz Fries gewährt einen Blick in eine Münzwerkstatt, wo zwei Männer am Amboss mit Handstempeln und Hammer eine Münze nach der anderen prägen. Links von ihnen ein Blasebalg, der beim Schmelzen des Metalls zum Einsatz kam. Die manuelle Prägung wurde auch in Augsburg bald durch den Einsatz von gravierten Walzen und Spindelpressen abgelöst. Anton Vetterle notiert, dass man auf diesem Gerät bis zu 30 Stück in der Minute hergestellt werden konnten.



Die 1677 von Christoph Ungelter geschaffene Medaille zeigt das Augsburger Rathaus sowie zwei Figuren in einem Kranz von Emblemen der Kunst und Wissenschaft. Ganz unten ist eine Spindelpresse zu sehen, auf der seit der sicher auch manche Münzen und Medaillen der Freien und Reichsstadt geprägt wurden.



Mit dem Konventionstaler von 1764 endete in Augsburg die Prägung von Großsilbermünzen, danach brachte die Stadt noch einen Dukaten und zahlreiche Kleinmünzen heraus, bis 1805 hier der Hammer zur Ruhe kam, wie man das Ende einer Münzstätte umschrieb. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Geschichte von Augsburg reicht in die Römerzeit zurück, der lateinische Name Augusta Vindelicorum weist auf Kaiser Hadrian, der der Siedlung im Jahr 121 nach Christus das römische Stadtrecht verlieh. Im Jahr 1276 zur Freien Reichsstadt erhoben, entstanden in der Stadt zahllose Münzen, die in größerer Zahl vom Handel angeboten werden. In Augsburg; dessen historisches Wassermanagement-System 2019 zum UNESCO-Welterbe erhoben wurde, gab es bereits im zweiten Viertel des 10. Jahrhunderts eine bischöfliche Münzstätte, die Silberpfennige herstellte, zeitweilig aber auch den bayerischen Herzögen zu Diensten war. Das zur Geldherstellung benötigte Edelmetall wurde dem Münzmeister sowie den ortansässigen Gold- und Silberschmieden dank weitreichender Handelsbeziehungen günstig zur Verfügung gestellt.

Augsburg entwickelte sich zu einem bedeutenden Zentrum des deutschen Edelmetallhandels sowie des Gold- und Silberschmiedehandwerks und hinterließ darüber hinaus zahlreiche an der Zirbelnuss, auch Pyr genannt, zu erkennenden Münzen und Medaillen. Die Entwicklung der Stadt war überschattet durch Streitigkeiten mit den Bischöfen. Die in finanzielle Nöte geratenen geistlichen Fürsten sahen sich mehrfach veranlasst, ihre Münze an Augsburger Bürger zu verpfänden, gaben diese aber nie ganz aus der Hand. Erst 1521 gelang dem zum Reichstag nach Worms entsandten Juristen, Humanisten und Stadtschreiber sowie kaiserlichen Rat Konrad Peutinger bei Kaiser Karl V., nicht nur alte Privilegien zu erneuern und zu erweitern, sondern auch für die Freie Reichsstadt das einträgliche und prestigeträchtige Münzrecht zu erlangen.

Sammlung im Maximilianmuseum

Die auf der am 21. Mai 1521 unterzeichneten Urkunde beruhende und in einer Werkstatt nahe dem Barfüßerkloster realisierte Emission hat Anton Vetterle in einem neuen, von den Kunstsammlungen Museum Augsburg herausgegebenen Prachtband "Die Münzen der Freien Reichsstadt Augsburg von 1521 bis 1805 - Katalog" erfasst. Das großformatige Buch erschien 2021 im Battenberg Gietl Verlag Regenstauf und hat 462 Seiten sowie zahlreiche farbige Abbildungen (49,90 Euro, ISBN 978-3-86646-197-0). Grundlage der neuen Publikation sind die im Augsburger Maximilianmuseum befindlichen Münzen und Medaillen. Die in der bedeutendste Sammlung an Münzen der Freien Reichsstadt in öffentlicher Hand befindlichen Stücke aus Gold, Silber und Kupfer hat Anton Vetterle minutiös beschrieben und in hervorragenden Fotos abgebildet. Er gibt die Standorte an und nennt Gewichte und Größen. So ist es nicht schwer, eigene Sammelstücke nach diesem sorgsam recherchierten Katalog zu bestimmen.

Nach dem Verlust der Reichsfreiheit 1805 im Zusammenhang mit den dramatischen Umwälzungen in der Endphase des Römisch-deutschen Reichs endete die so stolze Münzprägung der Stadt, zu der man noch zahlreiche, hier nicht näher behandelte Medaillen rechnen muss. Der letzte Taler stammt aus dem Jahr 1765, es folgten dann nur noch kleine Silbermünzen sowie bescheidene Pfennige und Heller aus Kupfer, die allesamt am Pyr zu erkennen sind.

Prüfung auf Schrot und Korn

Wertvoll ist das Buch nicht nur wegen der Auflistung der Münzen nach Jahreszahlen und Nominalen, sondern auch durch Vetterles Ausführungen über das Auf und Ab der städtischen Münzgeschichte, ferner über die Augsburger Münzordnungen von 1535 und 1551, Standorte der Prägeanstalten, die dort benutzten Gerätschaften sowie an den Emissionen beteiligte Beamte und Stempelschneider einschließlich ihrer Zeichen. Außerdem finden wir in dem Buch Darlegungen über die zwischen 1566 und 1760/61 in der Freien Reichsstadt abgehaltene Probationstage, bei denen zur Prüfung vorgelegte Münzen auf Schrot und Korn getestet wurden, um sie zu verbieten, wenn sie nicht den Vorschriften entsprachen. Interesse verdienen auch Mitteilungen des Verfassers über Sammlungen und Sammler von Augsburger Münzen und Medaillen und sogar über einen dreisten Diebstahl der wohl nicht besonders gut gesicherten Sammlung des Maximilianmuseums, bei dem Anfang 1922 etwa 250 meist goldene Münzen gestohlen wurden. Der dazu abgedruckte Polizeibericht warnt ausdrücklich vor deren Ankauf. Anscheinend ist das Diebesgut nie mehr aufgetaucht. Da Augsburg ein bedeutender Standort der Gold- und Silberschmiedekunst war, verdienen die Ausführungen des Verfassers über den vom Handelshaus der Fugger und anderen Patrizierfamilien kontrollierten Gold- und Silberhandel, der nicht nur die Geldherstellung bediente, sondern auch die in alle Welt liefernden Herstellern von Luxusgegenständen aus diesem Material.

Große Kennerschaft und unerschöpfliche Energie

Anton Vetterles Katalog hat Vorläufer, vor allem das von Albert von Forster 1897 veröffentlichte Buch "Die Münzen der freien Reichsstadt Augsburg", dem der Verfasser 1910 den Katalog "Die Erzeugnisse der Stempelschneidekunst in Augsburg und Ph. H. Müller's nach meiner Sammlung beschrieben und die Augsburger Stadtmünzen" folgen ließ, ergänzt durch einen Nachtrag von 1914. Wo immer Augsburger Münzen zu bestimmen waren, hat man sie nach "Forster" getan. Jetzt liegt "Vetterle" als neues Referenzwerk vor. Ihm gelang der Nachweis von 50 Münzen, die in den Vorgängerkatalogen noch nicht verzeichnet waren. Die Direktoren der Augsburger Kunstsammlungen und des Maximilianmuseums, Dr. Christoph Trepsch und Christoph Emmendörffer, bescheinigen dem Bearbeiter große Kennerschaft auf dem Gebiet der Augsburger Münzen sowie unerschöpfliche Energie sowie große Akribie und Geduld bei der Schaffung dieses neuen Standardwerks.

Zum schwäbischen Reichskreis gehörend, legte Augsburg eine Serie von Goldgulden, Talern, Gulden, Zwanzig-, Zwölf- und Zehnkreuzerstücken, Batzen, Halbbatzen und Pfennigen auf. Viele Münzen zeigen das Bildnis und den Titel von Karl V. und weiterer römisch-deutscher Kaiser. Bei der Ausübung des Münzrechts musste die Stadt die Vorschriften der Reichsmünzordnungen beachten und auch zulassen, dass ihre Geldstücke bei Probationstagen einer kritischen Prüfung unterzogen wurden. 1570 wurde Augsburg auf dem Reichstag zu Speyer zu einer der vier offiziellen Münzstätten des Schwäbischen Kreises erhoben.

Sauber geprägte Münzen als Aushängeschild

Offensichtlich sah man in gut gestalteten und sauber geprägten Münzen ein wichtiges Aushängeschild für das Wohl und Wehe von Handel und Wandel. Auf seinen Münzen sowie auf Medaillen bildete Augsburg unzählige kaiserliche Porträts ab, ergänzt durch den doppelköpfigen Reichsadler. Gelegentlich wich die Reichsstadt von diesem Schema ab und zeigte auf Münzen den als ihren Patron verehrten Heiligen Ulrich im Bischofsornat und die Stadtgöttin Cisa, die auf Goldmünzen die Zirbelnuss in der Hand hält und damit auch das hohe Alter der Stadt betont.

Vergleicht man die Stadtansichten mit dem Panorama, das sich heute dem Betrachter bietet, dann kann man unschwer wichtige Sakral- und Profanbauten ausmachen. Nachdem Augsburg im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) von schwedischen Truppen besetzt wurde, hat man dort Münzen mit dem Bildnis und Wappen von König Gustav II. Adolf geprägt. Ihre Herkunft ist am Pyr unter dem Schwedenwappen gut zu erkennen. Der hohe Stand der Metallverarbeitung wirkte sich positiv auf die Gestaltung der Gepräge aus, die sich in vielen Fällen durch ihre präzise Anfertigung auf Klippwerken, Walzen und Spindelpressen wohltuend von zeitgleich per Hammerprägung gefertigten Stücken abheben.

In Augsburg wird man auf Schritt und Tritt an das von den Fuggern begründete Wirtschaftsimperium der Spitzenklasse erinnert, bei dem die Großen jener Zeit Schlange standen, um Geld für Kriege und teure Hofhaltung zu leihen. Noch heute weist in der uns Sammlern durch ihre vielen Münzen und Medaillen lieb und teuer gewordene Reichsstadt die 1521 von dem schwerreichen Unternehmer Jacob Fugger gestiftete und bis heute bewohnte Siedlung für mittellose Bewohner an glänzende Zeiten und das soziale Engagement des berühmten Handels- und Bankhauses.

11. Mai 2021

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