Napoleon und die fränkischen Bienen
Fleißige Honigsammlerinnen sind beliebte, in alte Zeiten zurück gehende Motive auf Münzen und Medaillen



Bienenförmige Beschläge aus dem mit vielen Juwelen ausgestatteten Grab des Königs Childerich in Tournai, wie sie von J. J. Chiflet im Jahre 1655 publiziert wurden. Das Grab enthielt neben Waffen auch Schmuck sowie Gold- und Silbermünzen. Die goldenen Schlussmünzen stammen aus der Zeit des oströmischen Kaisers Zeno, der im Jahr 491 starb. Einige haben Raub und Einschmelzung überlebt. Kaiser Napoleon I. im Krönungsornat mit gestickten Bienen auf dem Mantel.



"Meine Pflicht ist mein Vergnügen" lautet der um Bienenstöcke gelegte Wahlspruch auf der Rückseite einer von Arvid Karlsten geschaffenen Medaille aus dem Jahr 1691 mit dem Bildnis der Kurfürstin Sophie Charlotte von Brandenburg, die 1701 preußische Königin wurde.



Aus einem brennenden Bienenstock steigt auf der Medaille von 1718 auf, Bienen schwirren umher. Auf der Rückseite schwebt ein Adler mit Blitzbündel über eine Schwurhand. Die Randschrift der Medaille auf die Landesunruhen im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin zitiert den wegen seiner autokratischen Regierungsweise mit den Ständen im Streit befindlichen und von kaiserlichen Sanktionen bedrängten Herzog Karl Leopold mit den Worten LIBER HAAB UND GUTH UERLOHREN ALS EIN FALSCHEN EYD GESCHWOHREN.



Die Silbermedaille aus dem Jahr VIII (1804) kombiniert die Bienen mit dem kaiserlichen Adler. Die achteckige Silbermedaille erinnert an die Gründung der Sparkasse in Strasbourg durch den französischen König Louis Philippe im Jahr 1835.



Die anlässlich einer Internationalen Ausstellung 1875 in Strasbourg, das damals zum Deutschen Reich gehörte, geprägte tragbare Medaille verbindet das Bild einer Biene mit der gotischen Kathedrale/Münster, die damals und auch heute nur einen spitzen Turm besitzt. (Fotos/Repros: Caspar)

Bienen sind für ihren sprichwörtlichen Fleiß, ihre Unentbehrlichkeit für die Bestäubung von Pflanzen und die Herstellung von Honig und Wachs bekannt. Seit Jahren werden sie massiv von Insektiziden bedroht. Wenn sie verschwunden sind, dann ist es auch um unser komfortables Leben geschehen, sagen Landwirte, Zoologen und Umweltexperten. Angeblich soll der Physiknobelpreisträger Albert Einstein vorausgesagt haben, nach dem Absterben der Bienen habe die Menschheit noch vier Jahre zu leben. Das klingt dramatisch, weshalb wir alles tun müssen, dass es so weit nicht kommt.

Bienen sind immer wieder auf Münzen und Medaillen als Symbole von Wohlstand, Fleiß und Betriebsamkeit dargestellt worden. Geprägtes Metall mit der Darstellung von Bienen und Bienenstöcken ist gar nicht so selten, wie ein Blick in die numismatische Literatur ergibt. Immer wieder werden Belegstücke dieser Art vom Münzhandel angeboten, und das in vielen Fällen zu moderaten Preisen. Eine von Vinzenz Weber in jahrzehntelanger Arbeit angelegte Sammlung kam 2015 im Auktionshaus Christoph Gärtner in Bietigheim-Bissingen unter den Hammer. Das Angebot umfasste Münzen und Medaillen von der Antike bis in die heutige Zeit. Der Katalog zu dieser einzigartigen Kollektion ist ein wichtiges Nachschlagewerk für alle, die sich dem Thema Bienen und Imkerei auf Münzen und Medaillen widmen oder es für sich entdecken. Denn oft kommt es vor, dass Kataloge und Studien zu ausgefallenen Themen Sammler anregt, sich einem nicht üblichen Thema zu widmen und vorhandene Bestände systematisch auszubauen.

Goldschatz im Königsgrab

Es war von großer Symbolik, dass der französische Kaiser Napoleon I. die hilfreichen Insekten auf den Mantel aus rotem Samt sticken ließ, den er bei seiner Krönung am 2. Dezember 1804 in der Kathedrale Notre Dame in Paris trug. Die Frage, wie er auf Bienen und nicht auf Adler oder Löwen kam, führt in die frühe Geschichte der Archäologie und noch viel weiter zurück in die Zeit der Nachantike. Als 1653 in Tournai (Belgien) das reich ausgestattete Grab des im Jahr 481 oder 482 verstorbenen fränkischen Königs Childerich I. geöffnet wurde, fand man kostbare Gegenstände aus Gold und darunter auch bienenförmige Beschläge, die schon bald mit weiteren Grabbeigaben von dem Arzt und Altertumsforscher Jean Jacques Chiflet in Antwerpen publiziert wurden.

Die Bienen des sagenhaften Frankenkönigs aus dem Geschlecht der Merowinger avancierten zum Symbol der Dynastie Bonaparte, deren Oberhaupt Napoleon I. mit ihnen seinen Anspruch auf die Nachfolge der im nachrömischen Gallien herrschenden Könige unterstrich. Zugleich bedeutete die Verwendung der bienenfleißigen Insekten eine Abkehr vom bourbonischen Königtum und dessen im Wappen erscheinenden Lilien. Deren letzter König Ludwig XVI. und seine Gemahlin Marie Antoinette waren 1793 von Revolutionären geköpft worden, weshalb neue Symbole wie der Kopf der Marianne sowie der sagenhafte Herkules auch Münzen und Medaillen erschienen. Indem der aus Korsika stammende Feldherr und Kaiser Napoleon I., der vor nunmehr 200 Jahren einsam auf der entlegenen Insel Sankt Helena starb, sowohl Bienen als auch stolze Adler zu Symbolen seiner Monarchie erhob, unterstrich er seine Legitimität als Nachfolger jener in grauer Vorzeit regierenden Frankenherrscher. Nicht zuletzt fühlte er sich auch als Nachfolger des Frankenkönigs Karl, der anno 800 in Rom zum Kaiser gekrönt wurde und als Karl der Große in die Geschichte einging.

Spektakulärer Kunstraub in Paris

Der aus Goldarbeiten sowie Münzen bestehende Schatz des Childerich I. wurde zum Politikum, denn Chiflet, der in den Bienen ein merowingisches Königszeichen erkannte, behauptete Mitte des 17. Jahrhunderts, die aktuell regierende Dynastie der Bourbonen mit dem Sonnenkönig Ludwig XIV. an der Spitze könnten keine Nachfahren der Frankenherrscher sein, weil sie die Lilien im Schilde führen. Chiflet konnte sich solche despektierlichen Annahmen leisten, da er, in Brüssel als habsburgischer Leibarzt lebend, vor Repressalien durch die französische Krone sicher war. Die Funde aus dem Grab von Childerich I. gelangten zunächst in den Besitz des Statthalters der spanischen Niederlande, Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich, der ihn nach Wien mitnahm und 1662 seinem Neffen, Kaiser Leopold I. vererbte. Dieser schenkte 1665 den Schatz auf Drängen des Mainzer Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn dem französischen Sonnenkönig Ludwig XIV., wohl um positive politische Landschaftspflege zu betreiben, wie wir heute sagen würden.

Leider erlitt der Schatz ein böses Schicksal, denn er wurde 1831 von zwei Verbrechern mit den Spitznamen "Rotkäppchen" und "der Reisende" aus der Königlichen Bibliothek in Paris gestohlen. Der als Goldschmied tätige Bruder eines der Diebe hat fast alle Kostbarkeiten in den Schmelztiegel geworfen und aus ihnen 60 Goldbarren hergestellt. Wenige Stücke aus dem Childerich-Schatz, darunter zwei Bienen, wurden sichergestellt. Chiflets detaillierte Illustrationen und Beschreibungen sowie in Wien angefertigte Nachbildungen geben uns eine Vorstellung darüber, wie die königlichen Grabbeigaben beschaffen waren. So ging unendlich wertvolles und historisch bedeutsames Kulturgut auf ewig verloren. Dass die Preziosen bald nach ihre Entdeckung publiziert worden waren, mag ein wenig tröstlich sein, so weiß man wenigstens, wie die königlichen Grabbeigaben ausgesehen haben und ist um so mehr bekümmert, dass sie einen elenden Tod im Schmelztiegel erleiden mussten.

Dem Gedenken an die barbarische Tat von damals fallen uns weitere Beispiele dafür ein, wie das kulturelle Erbe der Menschheit durch Dummheit, blanke Gier, ideologische Verblendung, Rachsucht und schlichte Unkenntnis zerstört wurde und wird. Der spektakuläre Raub des kanadischen Goldgiganten aus dem Berliner Münzkabinett in der Nacht zum 27. März 2017 und der brillantbesetzten Juwelen Augusts des Starken aus dem Grünen Gewölbe in Dresden am 25. November 2019 sind dafür traurige Beispiele.

25. März 2021

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