Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
Nach der Entmachtung von Ludwig XVI. hat man französische Münzen und Medaillen mit ungewöhnlichen Bildern und Inschriften geschmückt



Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV. hatte mehrere Ehrennamen - Gottesgeschenk, Allerchristlichster König und der Große. Doch in Erinnerung ist der Alleinherrscher vor allem als Sonnenkönig geblieben. Zahllose Medaillen verkündeten seinen Ruhm, reguläre Münzen hingegen verzichteten auf diesen Personenkult.



Nach der Erstürmung der Bastille, dem berüchtigten Staatsgefängnis in Paris, war in Frankreich vieles anders. Die Volkswut brach sich alsbald blutig Bahn und fegte die bisher herrschenden Eliten davon.





Ein Genius schreibt auf der Silbermünze von 1792 zu sechs Livres unter dem Motto "Herrschaft des Rechts" in die neue Verfassung. Der König war zu diesem Zeitpunkt bereits entmachtet und gefangen gesetzt. Die aus mehreren Ruten mit einem Beil zusammengebundenen Fasces neben ihm waren ein antikes Symbol der höchsten Macht bei den Etruskern und im Römischen Reich. Die Französische Republik machte diese Rutenbündel statt der königlichen Lilien zu ihrem Symbol. Andere Länder wie die Vereinigten Staaten und das faschistische Italien verwendete dieses Machtsymbol ebenfalls.





Altbewährte, von Augustin Dupré gestaltete Münzbilder wie Herkules und Begleiterinnen aus der Revolutionszeit nach 1789 wurden im 19. und 20. Jahrhunderts weiter verwendet.



Im Februar 1793 stürmten Revolutionäre die Königsgruft von Saint Denis bei Paris und zerstörten auf Befehl des Nationalkonvents, wie es auf dem Kupferstich heißt, die königlichen Epitaphien, Gräber und darin liegende Leichname. Rechts wird eine Statue von Ludwig XIV., genannt der Große, vom Sockel gerissen. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass fast einhundert Jahre zuvor Truppen eben dieses Sonnenkönigs die Kurfürstengräber im besetzten Heidelberg ähnlich brutal schändeten, was sogar auf Medaillen dokumentiert wurde.



Die Kupfermünze von 1792, eigentlich eine Medaille, im Wert zu fünf Sols (Sous) von Joseph-François-Augustin Monneron und seiner Brüder feiert unter dem Motto "Frei leben oder sterben" den Schwur der Nationalgarden auf die Verfassung.





Auf Münzen und Medaillen der Republik wird Marianne, der französischen Symbolfigur, mal mit einem Lorbeerkranz im Haar, mal mit der phrygischen Mütze abgebildet. 10 Bis heute hat die "jugendstilige" aufgefasste "Marianne" als Säerin, entworfen von Louis-Oscar Roty, an Anziehungskraft nicht verloren. Das Motiv war so beliebt, dass es immer wieder neu verwendet wurde und auch auf heutigen Euro-Münzen leicht verändert erscheint. (Fotos/Repros: Caspar)

Frankreichs König Ludwig XIV. wählte unser Zentralgestirn zum Symbol seiner Herrschaft, die bis zu seinem Tod am 1. September 1715 eine ganze Epoche prägte und ihm den Beinamen Sonnenkönig verschaffte. Wie die Planeten um die Sonne, so musste sich alles um den absolut regierenden König von Frankreich zu bewegen. Er war der Mittelpunkt des Landes, das mit 18 Millionen Einwohnern andere Großmächte der damaligen Zeit übertraf. Da ihm die unruhige Hauptstadt Paris nicht geheuer war, ließ er in Versailles nach neuester Mode ein prächtiges Schloss sowie Unterkünfte für den riesigen, viel Geld verschlingenden Hofstaat bauen. "Der Staat bin ich" soll der selbstverliebte Monarch gesagt haben. Kritik an seinen Entschlüssen und Befehlen ließ er nicht zu, und wer sich ihm in den Weg stellte, wurde ermordet oder kam ins Gefängnis.

Sich selber ließ der Sonnenkönig im Stil römischer Kaiser durch eine Fülle von Medaillen als großer Staatenlenker und siegreicher Militär sowie Bauherr und Förderer der Künste und Wissenschaften feiern. Ihm taten es quer durch Europa andere Potentaten nach und riefen ebenfalls eine "Histoire métallique" ins Leben. Da die Stücke häufig sehr selten sind, müssen Sammler zuweilen tief in die Tasche greifen, um sich in ihren Besitz z bringen. Erwähnt sei, dass die Monnaie de la Médaille in Paris, also die französische Medaillenadministration, Nachprägungen herstellt. Da sie sich in Details von den Originalen unterscheiden, können sie nicht verwechselt werden.

Der Staat bin ich

Ludwig XIV. überzog sein Land unter dem Motto "Der Staat bin ich" mit einem Heer von Polizisten und Spitzeln, um Opposition und Widerstand im Keim zu ersticken. Selbst Personen aus seiner eigenen Familie und engen Umgebung waren vor der Verfolgung nicht sicher, wenn sie es wagten, die Stimme oder Hand gegen ihn zu erheben. Wen der allerchristlichste König von Frankreich und Navarra, so sein offizieller Titel, nicht in die Knie zwingen konnte, zog er an seinen Hof und stattete ihn mit einträglichen, aber einflusslosen Ämtern aus. Wer sich nicht zur katholischen Kirche bekannte, wurde terrorisiert oder des Landes verwiesen. Manche dieser als Ketzer verunglimpften Menschen wurden auf Befehl des Königs ermordet. Damit war er sich der Sympathie und Unterstützung des Papstes in Rom und des eigenen Klerus sicher und konnte mit deren Segen seine Macht festigen. Protestantische Staaten haben die aus Frankreich vertriebenen Hugenotten mit Kusshand aufgenommen. So sicherte der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm den Glaubensflüchtlingen 1685 im Edikt von Potsdam Freundschaft und Vergünstigungen zu und gab ihnen Arbeit, die der Wirtschaft des im Dreißigjährigen Krieg schwer geschädigten Hohenzollernstaates sowie der Kultur und Lebensweise seiner Bewohner zugute kam. Ähnlich profitierten andere Länder vom Zuzug französischer und anderer Glaubensflüchtlinge.

Neben dem Louisdor, einer Goldmünze im Wert von rund zehn Livres, errang nach der Münzreform von 1641 der in großen Mengen geprägte Ecu weite Verbreitung. Es handelt sich um eine talerförmige, mit dem Bildnis des Königs geschmückte Silbermünze, die man nach dem großen Lilienwappen auf der Rückseite Ecu nannte, abgeleitet vom lateinischen Wort scudatus für Schild. Wo aus Kosten- und Zeitgründen sie nicht eingeschmolzen und neu geprägt wurden, hat man die Münzen überprägt. Das geschah oft recht nachlässig, so dass Spuren ehemaligen Münzbilder und Umschriften noch zu sehen sind. Solche Stücke stehen exzellent gefertigten Geprägen gegenüber, für die man Spindelpressen verwendete. Im Museum der Monnaie de Paris am Quai de Conti können Prägemaschinen aus dem 17. und 18. Jahrhundert und danach betrachtet werden.

Krisen, Kriege, Katastrophen

Als Ludwig XIV. am 1. September 1715 in Versailles starb, hatte Frankreich seinen Höhepunkt überschritten. Krisen, Kriege und Katastrophen und ein durch Misswirtschaft und höfischen Luxus herbeigeführter Staatsbankrott überschatteten die Zeit nach dem Sonnenkönig, dessen Urenkel Ludwig XV. bis 1774 regierte. Unter seinem Sohn und Nachfolger Ludwig XVI. geriet das Land in den Strudel einer Revolution von 1789, die zugleich eine historische Zeitenwende darstellte. Ludwig XVI. und seine Gemahlin Marie Antoinette verloren 1793 unter der Guillotine ihre Köpfe, und mit fielen zahlreiche seiner Anhänger und andere missliebige Menschen dem revolutionären Furor zum Opfer.

Nachdem Frankreich zur Republik erklärt worden war, wurden Münzen mit neuen Bildern und Inschriften geprägt. Der Franc zu 100 Centimes wurde am 15. August 1795 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt hatte das revolutionäre Frankreich gerade eine Inflation und die Ausgabe riesiger Mengen Papiergeld (Assignaten) durchgemacht und war auch durch neuartige Münzen hervor getreten. Mit einem Gewicht von fünf Gramm entsprach der Franc dem bisher geltenden Livre, der während der Monarchie als Écu zu sechs 6 Livres beziehungsweise in Gold als Louis d'or zu 24 Livres ausgeprägt wurde. Der nach dem modernen Dezimalsystem unterteilte Franc wurde auch in den Wertstufen 5 Francs sowie in Gold zu 20 und 40 Francs, später auch zu fünf, zehn, 50 und 100 Francs ausgeprägt.

Zeit der Schreckensherrschaft

Betrachtet man französische Münzen der Revolutionszeit an, die mit dem Sturm auf das Staatsgefängnis in Paris, die Bastille, am 14. Juli 1789 begann, wird man einige auffällige Veränderungen feststellen. Zwar wurde das königliche Porträt bis 1792 beibehalten, denn Ludwig XVI. war bis dahin formal noch Staatsoberhaupt. Verändert hat man aber seinen Titel. Hieß er früher "Ludwig XVI. von Gottes Gnaden König von Frankreich und Navarra", so nannte man ihn jetzt "König der Franzosen" zu lesen, womit Volksnähe und veränderte Herrschaftsbeziehungen betont werden sollten. Das verhasste Lilienwappen, das auf unzähligen unter den Bourbonen geprägten Münzen erscheint, wurde nach und nach durch ein ungewöhnliches Motiv ersetzt. Ein geflügelter Genius schreibt auf eine Tafel mit dem Zepter der Vernunft das Wort CONSTITUTION und unterstreicht damit, dass an die Stelle der absoluten Macht des Königs eine verfassungsmäßige Ordnung getreten ist, in der alle Macht vom Volk ausgeht, wenigstens auf dem Papier.

Dass während der Revolution die schlimmsten Verbrechen und Willkürakte gegen ihre Feinde und Freunde begangen wurden, sollte bei der Betrachtung der Prägungen nicht außer Acht gelassen werden. Das betrifft vor allem die "Zeit des großen Terrors" vom Anfang Juni 1793 bis Ende Juli 1794, als der von Georges Danton und Maximilien de Robespierre angeführte "Wohlfahrtsausschuss" alle Menschen verfolgte und viele hinrichten ließ, die man zu Recht und auch zu Unrecht verdächtigte, Gegner der Revolution zu sein. Zwischen 25.000 und 40.000 Menschen sollen Opfer der Terrorherrschaft geworden sein. Unter ihnen war auch Robespierre, der mit blutigen Mitteln aus Frankreich einen "Tugendstaat" machen wollte und von dem Willen besessen war, "das Volk durch Vernunft zu leiten und die Feinde des Volkes durch ,terreur' zu beherrschen".

Einigkeit und Stärke

Weitere Zeichen der radikalen politischen Wende sind die aus der römischen Antike übernommenen Rutenbündel (Fasces), die phrygische Mütze und der gallische Hahn als Symbole der neu erworbenen Freiheit. Die ersten Fünffrancsstücke der französischen Republik zeigen drei Symbolfiguren - Hercules (Stärke), Libertas (Freiheit) und Aequitas (Gleichheit), darum die Inschrift UNION ET FORCE (Einigkeit und Stärke). Auf der Rückseite sind, umgeben von einem Eichen- und Lorbeerzweig, der Wert der Münze sowie das Prägejahr angegeben, jedoch nicht nach dem christlichen Kalender, sondern nach dem neuen Revolutionskalender, der erst unter Kaiser Napoleon I. aufgehoben wurde.

In der Ära Kaiser Napoleons I. kamen unzählige Medaillen heraus, die im Stil der "Histoire métallique" des Sonnenkönigs Ludwig XIV. wichtige politische, militärische, familiäre und weitere Ereignisse verherrlichen und so für alle Zeiten lebendig erhalten. Wörtlich erklärte Napoleon Bonaparte vor seiner Kaiserkrönung am 2. Dezember 1804: "Ich wünsche, dass auf alle glorreichen oder glücklichen Ereignisse aus der Vergangenheit und der Zukunft der Republik Medaillen geprägt werden, und zwar nach dem Vorbild der Griechen und Römer".

Nach der Absetzung Napoleons I. 1814/1815 setzten die in der französischen Revolution entmachteten Bourbonen wieder ihr Bildnis und das königliche Lilienwappen auf ihre Münzen, die sich in Gewicht und Größe nicht von denen aus der napoleonischen Zeit unterschieden. Kaiser Napoleon III., der 1852 auf den Thron gelangte Neffe Napoleons I., hatte den Ehrgeiz, aus dem Franc eine Art Weltmünze zu machen. Der von ihm inspirierten Lateinischen Münzunion von 1865 gehörten außer Frankreich auch Belgien, Italien und die Schweiz an. Später schlossen sich Griechenland, Finnland, Spanien, Rumänien, Serbien, Bulgarien sowie verschiedene Staaten in Mittel- und Südamerika an. Einbezogen waren auch Kolonien, sofern deren "Mutterländer" Mitglied der Münzvereinigung waren. Aufgrund des Verfalls des Silberpreises und starker Schwankungen im Verhältnis zwischen Gold und Silber, des Aufkommens von Papiergeld, inflationärer Strömungen im frühen 20. Jahrhundert sowie des Verlaufs und der Folgen des Ersten Weltkriegs und vieler anderer Faktoren hatte sich die Lateinische Münzunion in den zwanziger Jahren überlebt und wurde am 1. Januar 1927 aufgelöst.

Französische Münzen sind ein interessantes Sammelthema. Es umfasst die regulären Ausgaben ebenso wie die unzähligen Proben (Essais), Dickabschläge (Piedforts) und all die anderen numismatischen Sonderlinge, die das Gebiet nicht gerade übersichtlich machen. Es dauerte lange, bis man in Paris erkannt hat, dass man mit ihnen auch Staats- und Geschichtspropaganda machen und mit ihnen viel Geld verdienen kann. Mittlerweile füllen die auf Franc und ab 2002 auf Euro lautenden Gedenkmünzen dicke Kataloge, und da viele Stücke aus Gold, Platin und Silber oft in winzigen Auflagen hergestellt wurden und werden, muss man sich sehr anstrengen und viel Geld investieren, um sie zusammen zu bekommen.

5. März 2021

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"