Klein gegen groß
Andreas Hofer und seine Freunde hatten im Freiheitskampf von 1809 keinen Erfolg, hinterließen aber interessante Münzen





Wegen des geschichtlichen Hintergrunds sind die 1809 in der altehrwürdigen Münzstätte zu Hall in Tirol geprägten Kupfer- und Silberstücke zu einem und 20 Kreuzer beliebt und begehrt.







Ihrem Tiroler Volkshelden Andreas Hofer hat Österreich 1959, 1984 und 2009 Gedenkmünzen gewidmet, die ihn in Landestracht mit auffälligem Hut zeigen.



Österreich hat 1977 und 1986 mit Münzen zu 100 und 500 Schilling die Münzprägung in der Tiroler Bergstadt Hall gewürdigt und dafür Motive von den ersten dort unter Erzherzog Sigmund 1486 geprägten Guldengroschen adaptiert. (Fotos: Caspar)

Nach der Französischen Revolution von 1789 gab es in Europa erhebliche Verwerfungen im Machtgefüge und Veränderungen auf der Landkarte. Alte Staaten und Monarchien verschwanden, neue tauchten auf, und immer schlugen sich diese Veränderungen auch auf Münzen und Medaillen nieder. 1809 erhoben sich Andreas Hofer, der Wirt vom Gasthaus "Am Sand" in St. Leonhard im Passeiertal in Südtirol, und seine Freunde gegen die französische und bayerische Fremdherrschaft. Der Erfolg der Aktion "Klein gegen groß" währte nicht lange, denn die Übermacht der nach dem Frieden von Pressburg 1805 in Tirol eingefallenen Besatzer war zu gewaltig. Bis heute wird Hofer in seiner Heimat als Volksheld verehrt, an seinem Grabmal in der Innsbrucker Hofkirche liegen stets frische Blumen.

Dem Aufstand der Tiroler voran gegangen war die verheerende Niederlage des mit Russland verbündeten österreichischen Heeres in der Drei-Kaiser-Schlacht von Austerlitz am 2. Dezember 1805. Der römisch-deutsche Kaiser Franz II., ab 1806 Franz I. von Österreich, musste erhebliche Territorien, darunter auch die Grafschaft Tirol, an Bayern abtreten, dessen Kurfürst Maximilian Joseph seinem Verbündeten, Kaiser Napoleon I., die Königskrone verdankte. Nach der Besetzung von Tirol brach ein Aufstand der Bauern und Bürger gegen die Bayern und die mit ihnen gekommenen Franzosen aus, ein Guerillakrieg, bei dem es auf beiden Seiten zu gewaltsamen Ausschreitungen und vielen Toten kam.

Reformen im Sinne der Aufklärung

Der als einfach, ehrlich und pragmatisch geschilderte und mit gesundem Menschenverstand ausgestattete Bayernkönig und sein Minister Maximilian Joseph Graf von Montgelas hatten mit den neuen Landsleuten viel vor. Doch kollidierte deren traditionelle Lebensweise mit den Reformversuchen im Geiste der Aufklärung und der von Frankreich ausgehenden Neuerungen auf sozial-, militär- und kirchenpolitischem Gebiet. Vor allem die im fernen München angeordneten Eingriffe in das religiöse Leben der Tiroler wie das Verbot der Christmette sowie von Prozessionen und Wallfahrten riefen den Widerstand des Klerus und von ihm angefeuert der Bevölkerung hervor. Als zu allem Unglück Männer in die bayerische Armee gepresst werden und sich für fremde Interessen opfern sollten, war das Maß voll, und es kam zum bewaffneten Widerstand.

Der Volkskrieg gegen das ihnen aufgezwungene Regime wird von den einen als Freiheitskampf gegen die bayerischen und französischen Besatzer verherrlicht und von anderen wegen seiner rückwärts gewandten, ja reaktionären und antiaufklärerischen Tendenz kritisch gesehen. Religiöse Eiferer wie der Kapuzinerpater Joachim Haspinger riefen zum Boykott der von bayerischen Beamten den Tirolern verordneten Pockenimpfung mit der Behauptung auf, Tiroler Seelen solle "bayerisches Denken" eingeimpft werden. Als Anführer des Tiroler Freiheitskampfes verbot Andreas Hofer Volksbelustigungen wie Bälle und Feste und forderte, dass Frauen Brust und Arme bedecken sollen. Außerdem verlangte er, dass Wirtshäuser während des Gottesdienstes geschlossen bleiben.

Die Aufständischen brachten 1809 eigene Münzen zu einem und zwanzig Kreuzer heraus und dokumentierten damit, dass im Land eine neue Zeit angebrochen ist. Der so genannten Sandwirtszwanziger mit der Aufschrift GEFÜRSTETE GRAFSCHAFT TIROL wurde vom August bis Oktober 1809 in Hall hergestellt, wo Erzherzog Sigmund 1486 den mit seinem Porträt geschmückten Guldengroschen als Äquivalent für den Goldgulden hatte prägen lassen. Die nach 1520 in der böhmischen Bergstadt Sankt Joachimsthal gefertigten Joachimsthaler oder wie man vereinfacht sagte Taler waren Namensgeber dieses sehr schnell populär gewordenen Nominals, das als Dollar alle Zeiten überlebt hat. Bei den neuen Münzen von 1809 wurde auf das bayerische Wappen und den Namen von König Maximilian I. Joseph verzichtet. Das war eine bewusste Entscheidung, denn die Tiroler fühlten sich weiterhin mit Österreich verbunden und wurden von der Regierung in Wien heimlich unterstützt.

Burg Hasegg ist seit 1975 Museum

Der von der Idee des Zentralstaates beseelte Bayernkönig beendete nach der Inbesitznahme von Tirol die traditionsreiche Münzprägung in Hall und ließ die Prägegeräte nach München in die Moneta Regia, die Königliche Münze, bringen und die übrige Einrichtung verschrotten. Die Burg Hasegg in Hall, in der die letzten Geldstücke von 1809 geprägt worden waren, ist seit 1975 ein Museum, das aus der Geschichte der ehemaligen Geldschmiede berichtet und dazu passende Maschinen und Geräte zeigt. Darunter befindet sich der Nachbau einer mit gravierten Walzen ausgestatteten Maschine, mit der man vor langer Zeit auf kraftsparende und bequeme Weise Münzen hergestellt hat, ohne dass man am Amboss den Hammer schwingen musste.

Andreas Hofers Kampf und der seiner Mitstreiter hatte keinen Erfolg, er war ein Geächteter, nach dem die französischen und bayerischen Behörden fahndeten. Mit seiner Familie nach Österreich zu fliehen, konnte er sich nicht entschließen. Das wäre wohl auch zu schwierig gewesen. So tauchte der Anführer des Volkskriegs in seiner Heimat unter, wurde aber von einem Landsmann für ein Kopfgeld von 1500 Gulden an die Franzosen verraten. Diese brachten ihn in die italienische Festung Mantua, wo er am 20. Februar 1810 auf Befehl von Kaiser Napoleon I. erschossen wurde. Vergeblich hatte sich Kronprinz Ludwig, der 1825 als König Ludwig I. den Thron in München bestieg, bei dem damals mächtigsten Mann in Europa für die Begnadigung des Gefangenen eingesetzt.

Zu Mantua in Banden...

Andreas Hofers sterbliche Überreste sind in der Hofkirche zu Innsbruck beigesetzt. Sie waren 1823 heimlich in die Tiroler Landeshauptstadt gebracht worden. Im Auftrag von Kaiser Franz I. schuf der Wiener Bildhauer Johann Nepomuk Schaller die Statue des berühmten Freiheitskämpfers, in deren Nähe sich auch das für den 1519 verstorbenen Kaiser Maximilian I. errichtete Grabmal erhebt. Hofer ist in seiner Landestracht und mit erhobenem Haupt stehend dargestellt, eine Fahne in der Hand. Darunter stellt ein Relief dar, wie er und seine Mitstreiter einander ewige Treue schwören.

Bis heute ist in Tirol und darüber hinaus das Andreas-Hofer-Lied "Zu Mantua in Banden" populär. Darin heißt es: "Es blutete der Brüder Herz, / Ganz Deutschland, ach in Schmach und Schmerz. / Die Hände auf dem Rücken / Der Sandwirt Hofer ging, / Mit ruhig festen Schritten, / Ihm schien der Tod gering. [...] Dem Tambour will der Wirbel / Nicht unterm Schlegel vor, / Als nun der Sandwirt Hofer / Schritt durch das Kerkertor. / Der Sandwirt, noch in Banden frei, / Dort stand er fest auf der Bastei. / Dort soll er niederknie'n, Er sprach: ,Das tu ich nit! / Will sterben, wie ich stehe, Will sterben, wie ich stritt! / So wie ich steh' auf dieser Schanz, / Es leb' mein guter Kaiser Franz, | Mit ihm sein Land Tirol! Mit ihm sein Land Tirol'".

9. Dezember 2021

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