In Dankbarkeit gewidmet
Medaillen des 17. und 18. Jahrhunderts erinnern an die Aufnahme von Hugenotten und anderen Glaubensflüchtlingen durch die Hohenzollern



Das Edikt von Potsdam vom 29. Oktober 1685 versprach den aus Frankreich geflohenen Hugenotten freundschaftliche Aufnahme und Förderung durch die Hohenzollern. Ein französischer Juwelier präsentiert auf diesem Gemälde aus dem 19. Jahrhundert dem Kurfürstenpaar seine Kostbarkeiten. Daneben ist das Hugenottenkreuz im Holländischen Viertel in Potsdam zu sehen.



Die Medaille von 1885 feiert und das zweihundertjährige Jubiläum des Edikts von Potsdam und die Aufnahme der Hugenotten in Brandenburg-Preußen.



Unter König Friedrich Wilhelm I. wurde 1733 die Hugenottenkirche in Königsberg begonnen und 1736 abgeschlossen, was die Prägung einer Medaille von Friedrich Marl mit der Ansicht des neuen Gotteshauses wert war.



Die Medaille von 1732, ein Werk von Peter Paul Werner, würdigt die Aufnahme Salzburger Emigranten durch den Soldatenkönig. Erzbischof Leopold Graf von Firmian hatte etwa 20 000 Protestanten des Landes verwiesen, eine große Zahl kam nach Preußen. Von der Medaille kommen verschiedene Varianten vor, was auf eine weite Verbreitung deutet.



Die als Rundkirche mit prächtigem Kuppeldach und einer Laterne darauf gestaltete Böhmische oder Bethlehemskirche in Berlin, deren Bau vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. finanziert worden war, wurde im Februar 1945 ausgebombt und 1963 abgetragen. Auf der von Friedrich Marl gestalteten Medaille von 1736 ist das Gotteshaus in voller Schönheit zu sehen.



Zur Hundertjahrfeier des Edikts von Potsdam schuf Abraham Abramson 1785 eine Medaille, die den Dank der aus Frankreich geflohenen Protestanten an die Hohenzollern und namentlich Kurfürst Friedrich Wilhelm ausdrückt.



Zahlreiche Hugenotten waren in Brandenburg und Preußen in der Textilindustrie beschäftigt, doch auch Ordenssterne und andere Stickereien entstanden in ihren Manufakturen. Der Stern des hohen Ordens vom Schwarzen Adler und die Handschuhe, die Friedrich II. trug, werden im Deutschen Historischen Museum Berlin gezeigt. Dort befindet sich auch die prachtvoll verzierte Pferdedecke aus dem 18. Jahrhundert.



Die Medaille von Loos aus dem Jahr 1805 erinnert an die Eröffnung eines Armenhauses für oranisch-französische Flüchtlinge in Berlin, symbolisiert durch eine Orania und eine Borussia, die ein Bild des Gebäudes zeigen. Ein Flüchtling kniet vor der Szene. (Fotos/Repros: Caspar)

Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648), in dessen Verlauf Kurbrandenburg stark entvölkert wurde, richteten die Hohenzollern ihr besonderes Augenmerk darauf, die Einwohnerzahl zu erhöhen und möglichst gut ausgebildete Fremde ins Land zu holen. Den wegen religiöser Repressionen unter dem Sonnenkönig Ludwig XIC. vertriebenen Franzosen wurden auf der Grundlage des 1685 vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm erlassenen "Edikts von Potsdam" vielfältige Vergünstigungen und Steuerfreiheit gewährt. Zwischen 13 000 und 19 000 Hugenotten fanden unter dem brandenburgischen Kurzepter eine neue Heimat. Ein großer Teil ließ sich in Berlin nieder, wo ihnen der Hof Arbeit und Brot gewährte. Die brandenburgische Haupt- und Residenzstadt war damals noch ein mittelgroßes Nest mit dem Renaissanceschloss, das später von Andreas Schlüter und anderen Baumeistern zu einem prächtigen Barockpalast umgebaut wurde, einigen mittelalterlichen Kirchen, verwinkelten Straßen und Gassen, umgeben von Wällen und Bastionen. Neue Trabantenstädte wurden ab 1650 um die mittelalterliche Stadt errichtet, in Richtung Westen ließ Friedrich Wilhelm die "Linden" als Verbindungsstraße zum Tiergarten und nach Lietzenburg (ab 1705 Charlottenburg) anlegen. Die Krönung Friedrichs III. von Brandenburg am 18. Januar 1701 zum König Friedrich I. in Preußen bewirkte einen merklichen Aufschwung der Bautätigkeit und Ausgestaltung von "Spree-Athen", wobei Hugenotten und andere Ausländer ihre Ideen und Fertigkeiten einbrachten.

Sichere und freie Zuflucht

Die Aufnahme von Glaubensflüchtlingen aus katholischen Ländern wie Frankreich, Böhmen oder dem Erzbistum Salzburg im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert durch die Hohenzollern wurde in Brandenburg-Preußen auf vielfältige Weise dokumentiert - durch Kupferstiche, Gemälde, Skulpturen und Medaillen. Grundlage für den Zuzug war das am 29. Oktober 1685 von Friedrich Wilhelm erlassene "Edikt von Potsdam", das den aus Frankreich vertriebenen Hugenotten Arbeit und vielfältige Vergünstigungen gewährte. In dem Dokument sicherte Friedrich Wilhelm den Franzosen "eine sichere und freye retraite" (Eintritt, Zuflucht) und gewährte ihnen Freundschaft und Zuwendung. Der Landesherr nahm sie mit offenen Armen auf und stellte ihnen Hilfe bei der Gründung einer neuen Existenz in Aussicht.

Die Hugenotten lebten und arbeiteten in eigenen Vierteln, hatten eigene Kirchen, Schulen sowie karitative Einrichtungen, und selbstverständlich verständigten sie sich untereinander in ihre Muttersprache. Eine "Vermischung" mit den Einheimischen fand zumindest in den ersten hundert Jahren kaum statt, denn Hochzeiten mit Deutschen waren unüblich. Das Hugenottenmuseum in der Französischen Kirche, auch Dom genannt, auf dem Berliner Gendarmenmarkt berichtet ausführlich, wie es zur Flucht der Hugenotten aus dem vom Sonnenkönig Ludwig XIV. beherrschten Frankreich kam, wie sie sich in Berlin, Brandenburg und Preußen einlebten und was wir ihnen bis heute zu verdanken haben.

Borussia als Schutzpatronin

Zur Zweihundertjahrfeier des Edikts von Potsdam wurde 1885 eine prächtige Medaille geprägt, auf der sich der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und der preußische König und deutsche Kaiser Wilhelm I. in die Augen schauen. "Gott schütze unsere Souveräne" lautet übersetzt die französische Inschrift unter den von Eichenlaub umkränzten Bildnissen. Über ihnen breitet der gekrönte Preußenadler seine Schwingen aus. Auf der Rückseite sieht man, wie Borussia, die Symbolfigur der Monarchie, Kinder mit Schwert und Schild beschützt. Die Medaille verkörpert das, was die Neuankömmlinge den Einheimischen brachten - Kunstfertigkeit, Gelehrsamkeit, handwerkliches Können, Glaubensstärke und Treue zur Obrigkeit. Zu Füßen der Figurengruppe deuten Früchte an, dass die Franzosen auch die bis dahin eher triste märkische Küche belebt haben. Dass sie auch den Wortschatz bereichert und feine Sitten und Umgangsformen in die Mark Brandenburg und die preußische Monarchie eingeführt haben, muss man sich beim Anblick dieser Medaille hinzudenken.

Eine Medaille von 1687 erinnert an den Plan des Kurfürsten Friedrich Wilhelm für den Bau einer Kirche in Königsberg, die für die Réfugiés bestimmt war. In einer Beschreibung von 1778 findet sich der Hinweis, die "Anzahl der Französischen sich in Preußen niedergelassenen Flüchtlinge" habe sich unter der Regentschaft des Kurfürsten bald so sehr vermehrt, "dass dieser es nötig fand, ihnen eine eigene Kirche zu ihrer öffentlichen Religionsausübung bauen zu lassen. Ein großer Vorrath der dazu gehörigen Materialien war schon angeschafft, und gegenwärtige Gedächtnismünze zum voraus geschlagen, um solche bey der Grundlegung des ersten Steins mit einzusenken". Doch sei die Ausführung des "herrlichen Unternehmens" wegen der tödlichen Krankheit des Kurfürsten und seines baldigen Todes unterblieben.

Edikt von Potsdam und die Folgen

Unter der Regentschaft dieses gottesfürchtigen Herrschers geprägte Medaillen von Peter Paul Werner und Christian Wermuth aus dem Jahr 1732 würdigen die Aufnahme Salzburger Emigranten. Zu sehen ist, wie Borussia die vom Erzbischof von Salzburg zur Emigration gezwungenen Protestanten willkommen heißt beziehungsweise wie die Flüchtlinge sich im langen Treck in die neue Heimat begeben, um sich dem "allerevangelischsten" Soldatenkönig anzuvertrauen. Wie Friedrich Wilhelms I. Kirchenbau für die Zugewanderten in Königsberg 1733 war auch die Errichtung eines Gotteshauses in Berlin im Jahr 1736 Anlass für eine Gedenkmedaille. Das Berliner Stück zeigt die Ansicht für die Glaubensflüchtlinge aus Böhmen bestimmte Kirche, die wie viele andere Gebäude in der Stadt ein Opfer des Zweiten Weltkriegs wurde und nicht mehr existiert.

Die Hundertjahrfeier der Ankunft der Hugenotten in Kurbrandenburg aufgrund des "Edikts von Potsdam" wurde 1785 durch eine Medaille gewürdigt. Vorn erkennt man die Büste des Großen Kurfürsten und im Hintergrund brennende Häuser derer, die von religiösen Eiferern vertrieben worden waren. Die französische Inschrift besagt, dass die unglücklichen Réfugiés von diesem Herrscher aufgenommen wurden. Auf der Rückseite betet eine Frau unter dem Bildnismedaillon Friedrichs des Großen an einem Altar, ihr gegenüber steht die personifizierte Vorsehung mit Füllhorn und dem Gottesauge. Die Inschrift im Abschnitt betont, unter der der Regierung Friedrichs des Großen könnten die Kinder jener Flüchtlinge ein glückliches Leben führen.

Turmbauten am Gendarmenmarkt

In der Jubiläumsschrift der französischen Gemeinde in Berlin zur Hundertjahrfeier ihres Bestehens (1785) wurde die Medaille durch einen Kupferstich von Daniel Chodowiecki publik gemacht. Der Künstler, der aus einer Hugenottenfamilie stammte, hat auf diesem Weg auch eine andere Medaille von 1772 anläßlich der Hundertjahrfeier der französischen Kirche vervielfältigt. Auf der Vorderseite dieser in mehreren Varianten überlieferten Medaille von Jakob Abraham sind die Personifikationen der Liebe und des Glaubens abgebildet, während die Inschrift auf der Rückseite den Großen Kurfürsten und Friedrich den Großen nennt. Unbekannt ist, ob die Grundsteinlegung für den Turm der Französischen Kirche auf dem Berliner Gendarmenmarkt 1780 tatsächlich durch eine weitere Medaille gewürdigt wurde, von der nur eine Radierung von J. C. Krüger vorliegt. Auf der Vorderseite wird Friedrich dem Großen geopfert, während auf der Rückseite die bisherige eher bescheidene Französische Kirche dargestellt ist, vor der Monarch einen riesigen Turm stellen ließ, den man auch Dom nennt.

Mit dem identischen Turm der Deutschen Kirche wurde der Gendarmenmarkt städtebaulich aufgewertet, wovon man sich heute bei einem Besuch dieses wohl schönsten Platzes der Stadt überzeugen kann. Beim Bau des Deutschen Turms, also des Turms für den später so genannten Deutschen Dom, im Jahre 1781 gab es ein Unglück. Der schon zur Hälfte gemauerte Bau fiel wegen den schwankenden Erdreichs, schwacher Mauern und anderen Gründen in sich zusammen, worauf der erboste König den Bau des Französischen Turms unterbrechen ließ, bei dem sich ebenfalls Risse gezeigt hatten. Beide Türme unter Beachtung der schwierigen Baubedingungen vor Ort neu errichtet. Spezialisten sorgten für Fortschritt

Brandenburg-Preußen war vor 300 Jahren noch ein weitgehend agrarisch geprägter Staat, der in viele große und kleine, durch andere Fürstentümer unterbrochene Teile zerfiel. Die Hohenzollern sahen, dass ohne Spezialisten ein wirtschaftlicher und kultureller Fortschritt nicht zu schaffen ist. Größter Arbeitgeber der in "Kolonien" autonom lebenden französischen Händler, Manufakturbesitzer, Soldaten, Künstler, Gelehrten sowie Dienstboten, Musiker und Lehrer waren der Hof und die Armee. Da nicht alle Hugenotten in Berlin angesiedelt werden konnten, wies man ihnen Arbeit und Wohnung in weiteren kurmärkischen Städten wie Frankfurt (Oder), Prenzlau, Brandenburg, Potsdam und Schwedt zu. Viele Gewerke wurden neu eingeführt oder modernisiert, so das Weben und Färben von Stoffen, die Strumpfwirkerei, die Verarbeitung von Gold- und Silberfäden für Borten und Tressen, die vor allem in der Armee gebraucht wurden, ferner Gold- und Silberschmiedekunst sowie die Herstellung von Gobelins und weiteren Luxusartikeln für den Hof und die reiche Oberschicht, nicht zu vergessen der Anbau unbekannter Gemüse und Obstsorten.

Um 1700 machte die französische Kolonie in Berlin etwa ein Fünftel der Einwohnerschaft aus. Ein französischer Diplomat berichtete, er habe die Stadt "angefüllt mit Franzosen" gefunden. "Sie flüchteten in Massen hierher, angezogen von der günstigen Aufnahme, die der Kurfürst den ersten bereitet hatte. Jeden Tag sah man hier Kaufleute, Handwerker und Edelleute in Mengen eintreffen." Bevorzugte Wohnorte waren die Dorotheenstadt und Friedrichstadt sowie die Gegend um das Schloss. Hugenottische Beamte und Militärs sowie Diplomaten, Lehrer, Erzieher, Künstler und Gelehrte hatten direkten Zugang zur Herrscherfamilie und prägten so auch das Leben und die Weltsicht der Spitzen des Staates. Die Hugenotten besaßen eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit, Kirchen, Schulen und Hospitäler. Bedürftigen Landsleuten, die man auch "verschämte Arme" nannte, wurden durch eigene Sozialsysteme über Wasser gehalten.

Spannungen mit den Einheimischen

Bei all dem Positiven ist nicht zu übersehen, dass es auch Spannungen zwischen den Einheimischen und Zugewanderten gab. Man hatte auf beiden Seiten Anpassungsprobleme und sah einander als Konkurrenten an. Das führte zu Beschwerden bei Hofe, der mit Edikten und Befehlen versuchte, dagegen zu steuern. Dessen ungeachtet übernahmen die Berliner und Kurmärker von den Neuankömmlingen nicht nur technisches Know-how, sondern auch deren Umgangsformen und Elemente ihrer Sprache. In besseren Kreisen bis hin zur Herrscherfamilie parlierte man französisch, das gemeine Volk integrierte aufschnappte Ausdrücke, so dass die Umgangssprache ein kurioses Gemisch von Berliner Mundart und französelnden Ausdrücken wurde. Da die Franzosen in einer nach außen abgeschlossenen Kolonie lebten, sahen viele keine Notwendigkeit, deutsch zu lernen. Weitsichtige Leute allerdings erkannten in der Pflege der Zweisprachigkeit ein Mittel, sich in der Gesellschaft zu behaupten.

Im Jahr 1809, mitten in der Zeit der preußischen Reformen, wurde die französische Kolonie im Zuge der preußischen Städtereform aufgelöst, allerdings garantierte Friedrich Wilhelm III. der Gemeinde weiterhin ihre Religionsfreiheit, die bisherige Rechte sowie den Unterhalt eigener Armenanstalten. Eine Medaille von 1835 dokumentiert anläßlich der 150-Jahrfeier der Gründung der französischen Kirche in Berlin mit der Kombination der Bildnisse vom Großen Kurfürsten und von Friedrich Wilhelm III. Traditionsbewusstsein und Kontinuität. Gut zu sehen sind der Französische Dom und die Friedrichswerdersche Kirche, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut wurden.

Siehe auch Beitrag über das Berliner Hugenottenmuseum auf dieser Internetseite (Rubrik Museen) vom 25. April 2021

14. Mai 2021

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