Frau mit zwei Gesichtern
Katharina II., die Große, sorgte im 18. Jahrhundert für Reformen im Zarenreich und Verbesserung des Münzwesens







Sie waren ein höchst ungleiches Paar - Zar Peter III. auf einem Petersburger Rubel von 1762 und seine Gemahlin und Nachfolgerin Katharina II., genannt die Große, auf einer ebenfalls in Sankt Petersburg geprägten Goldmünze zu zehn Rubeln aus dem Jahr 1769.



Katharinas prunkvolle Krönung 1762 in Moskau wurde durch eine Medaille gewürdigt, auf der ihr Monogramm göttlichen Segen erhält.



Ein Denkmal in Zerbst ehrt Katharina die Große, die aus dem kleinen Fürstentum Anhalt-Zerbst stammte





Auf Spindelpressen, die in den Arkaden des Schlosses Friedenstein zu Gotha steht beziehungsweise auf der Medaille von 1763 unter dem Zarenadler abgebildet ist, ließen sich große Münzen und Medaillen mit hohem Relief exakt und kräftesparend herstellen, erst im 19. Jahrhundert kamen andere, mit Dampfkraft und Elektrizität tätige Maschinen zum Einsatz.



Die Medaille von 1765 feiert mit Symbolen der Architektur, der Malerei und Bildhauerei die Gründung der Akademie der schönen Künste durch Katharina die Große.



Die Weihe des von Katharina II. gestifteten Reiterdenkmals Peters des Großen wurde durch eine klassisch-schöne Medaille gefeiert. (Fotos/Repros: Caspar)

Obwohl Frauen die eine Hälfte der Menschheit ausmachen, sind sie bis heute in vielen gesellschaftlichen Bereichen unterrepräsentiert. In Deutschland und anderswo wird angestrebt, das Verhältnis zwischen ihnen und den Männern auszugleichen, doch ist das ein langer Prozess, der nicht allen Vertretern des angeblich "starken Geschlechts" nicht gefällt. Schauen wir auf alte und neue Münzen und Medaillen, dann sehen wir, dass Frauen nur wenig auf ihnen abgebildet sind und gewürdigt werden. Rühmliche Ausnahmen bilden Belegstücke aus Russland und Österreich im 18. Jahrhundert, England im 19. Jahrhundert und in der Gegenwart, wenn wir an die Münzen mit dem Bildnis der inzwischen 95 Jahre alten Queen Elizabeth II. denken, die 2022 ihr siebzigjähriges Thronjubiläum feiert.

Katharina II., die Große, hat deutliche numismatische Spuren hinterlassen. Bei Sammlern sind die mit Bildnis und Monogramm der "Frau mit zwei Gesichtern", wie man auch sagt, sowie dem doppelköpfigen Zarenadler geschmückten Münzen und Medaillen beliebt. Es gibt kaum eine Auktion, die nicht solche Stücke anbieten würde. Ihre Herrschaft war durch eine monströse Günstlingswirtschaft am Petersburger Hof, durch grausame Unterdrückung von Oppositionellen sowie den Russisch-Türkischen Krieg und die dreimalige Teilung Polens geprägt. Auf der anderen Seite mühte sie sich mit vom Geist der Aufklärung geprägten Reformen für frischen Wind und ein gewisses Maß an Modernität westlichen Stils in ihrem Riesenreich. Was sie auf diesem Gebiet tat, ob sie Akademien, Krankenhäuser, Kirchen oder Denkmäler stiftete oder die Wirtschaft und das Münz- und Geldwesen neu ordnete - alles war die Prägung von Medaillen wert. Ihre vielen Kriege wurden ebenfalls in dieser "Histoire métallique" gewürdigt. Nicht alle Medaillen sind Originalprägungen aus dem 18. Jahrhundert, es gibt auch viele, "Nowodely" genannte Nachprägungen, die in den Angeboten des Münzhandels ausgewiesen werden.

Katharina wurde am 2. Mai 1729 als Tochter des Prinzen Christian August von Anhalt-Zerbst in Stettin geboren und trug ursprünglich den Namen Sophie Auguste Friederike. Ihr Vater stand dort als General und Gouverneur in preußischen Diensten. Da er ein nachgeborener Prinz war, blieb ihm die Herrschaft im Herzogtum Anhalt-Zerbst verwehrt. Verwandtschaftliche Verbindungen des als selbstbewusst, aufgeweckt und lernbegierig geschilderten Mädchens bestanden mütterlicherseits zum russischen Zarenhaus. 1743 mit Karl Peter Ulrich von Holstein-Gottorp verlobt, einem Neffen von Zarin Elisabeth Petrowna, wurde im Sommer 1745 die Hochzeit prunkvoll gefeiert. Kaiserin Elisabeth, eine Tochter Peters des Großen, bestimmte Großfürst Peter zu ihrem Nachfolger und tat damit einen fundamentalen Missgriff. Als sie Ende 1761 starb, schloss Peter III. als neuer Zar Frieden mit dem von ihm bewunderten König Friedrich II. von Preußen. Seiner Gemahlin Katharina war der als dümmlich geschilderte Peter in jeder Hinsicht unterlegen, die Ehe verlief unglücklich. Das höchst ungleiche Paar suchte sich jeweils andere Partner und gab in ganz Europa Anlass für Tuscheleien.

Mordanschlag auf den unbeliebten Peter III.

Die den Russen höchst suspekte Preußenfreundlichkeit und offene Russenfeindlichkeit des auf seine deutsche Herkunft stolzen, im Volk unbeliebten Zaren Peter III., sein exzessiver Alkoholismus, seine Brutalität und infantilen Narreteien waren Gründe, warum sich im Sommer 1762 Gardeoffiziere offenbar mit Katharinas Wissen gegen ihn verschworen. Sie setzten auf die Zarin, die nach eigenem Bekunden nur die Möglichkeit hatte, entweder unterzugehen oder zu regieren, und hatten bei dem Mordanschlag Erfolg. Eine direkte Beteiligung an dem Mordanschlag auf Peter III. konnte der neuen Selbstherrscherin nicht nachgewiesen werden, denn selbstverständlich wurden alle Spuren verwischt. Die Palastrevolution gab den Weg frei zu Katharinas vierundzwanzigjährigen Alleinherrschaft. "Ihr Gesicht verriet Genie, Gerechtigkeit, Mut, Tiefe, Gelassenheit, Freundlichkeit, Ruhe und Entschlossenheit. Aufrichtigkeit und Fröhlichkeit zierten ihre Lippen. Man bemerkte kaum, wie klein an Gestalt sie war", beobachtete Prinz Charles Joseph de Ligne bei seinem Russland-Besuch.

Schaut man sich die numismatischen Hinterlassenschaften Katharinas der Großen an, so fällt das Fehlen von Gedenkmünzen auf. Diese wurden von großen und kleinen Potentaten im römisch-deutschen Reich und darüber hinaus in größerer Zahl geprägt und stellten neben den Medaillen ein wirkungsvolles Medium fürstlicher Propaganda dar. Erst unter Zar Alexander I., einem Enkel von Katharina II., entdeckte man in Russland die Möglichkeit auch von Münzen, Werbung für das Kaiserhaus zu betreiben und die wirklichen oder auch vermeintlichen Verdienste seiner Spitzen zu machen.

Gewaltsame Eroberungen angrenzender Länder

Die Vielfalt der unter Katharinas Regentschaft geprägten Medaillen ist erstaunlich. Die von einer speziellen Kommission angeregten und begutachteten Stücke suggerieren, dass die Zarin von einem Sieg zum anderen eilt. Dabei hat die Monarchin im Inneren große Probleme, denn ihre Reformversuche blieben im Sande stecken, die Herrschaft des Adels und der Kirche und die die wirtschaftliche und soziale Entwicklung hemmende Leibeigenschaft wurden nicht eingeschränkt, sondern weiter zementiert.

Verschiedene Medaillen feiern die Siege der russischen Armee und Flotte über die Türken. Die gewaltsame Eroberungspolitik gegenüber den Völkerschaften auf der Krim, am Schwarzen Meer und in anderen Gegenden sowie die Teilung und Liquidierung des Königreich Polens gemeinsam mit Preußen und Österreich wird auf den Medaillen als Heldentaten ohne Blutvergießen verklärt. Katharina erscheint auf ihnen in der Pose einer antiken Kriegsheldin. Weitere Stücke feiern wichtige Ereignisse im Leben ihrer Familie sowie die Mühen der Kaiserin um die Hebung der Kultur und Volksbildung im Lande. Eine besondere Auszeichnung bedeutete es für Günstlinge der Zarin sowie Minister und Militärs, wenn ihnen mit Bildnissen und Allegorien geschmückte Medaillen gewidmet wurden.

Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Zahlreiche aufwändig gestaltete und prägetechnisch anspruchsvolle Arbeiten erinnern an münz- und geldpolitische Reformen unter Katharina der Großen. Um ihr Riesenreich mit genügend Rubeln und Kopeken zu versorgen, mussten sowohl die Bergwerke als auch die Münzestätten in Sankt Petersburg, Moskau und an anderen Orten harte Arbeit leisten. Da die Kniehebelpressen des frühen 19. Jahrhunderts noch nicht erfunden waren, verlief die Prozedur von der Metallgewinnung und -aufbereitung bis zum fertigen Geldstück beziehungsweise Medaille unter Einsatz menschlicher Körperkraft, manchmal auch mit Unterstützung von Pferde- und Wasserkräften. Was Katharina im Gebiet des Münzwesens befahl, wird auf Medaillen durch Spindelpressen symbolisiert, über denen der Zarenadler kreist. Mit ihnen wurde ein gewaltiger Druck auf die gravierten Stempel ausgeübt. Heraus kamen Prägestücke von ungewöhnlicher Größe mit hohen Reliefs, die mit der traditionellen Hammerprägung am Amboss nicht zu erzeugen waren.

Wie immer bei geprägter Propaganda klaffte auch bei Katharina der Großen und anderen Herrschern eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Dass russische Zaren erst im Laufe des 19. Jahrhunderts Münzen als Medium für die eigene Verherrlichung und aus wichtigen Anlässen in ihrer Familie nutzten und auch der letzte Zar Nikolaus II. hervorragend gestaltete Gedenkrubel prägen ließ, sollte bei der Sicht auf die numismatischen Hinterlassenschaften Katharinas der Großen sowie ihrer Vorgänger und Nachfolger, nicht außer Acht gelassen werden.

Als die Zarin am 17. November 1796 in Sankt Petersburg starb, lobten Bewunderer ihre Klugheit, Aufgeklärtheit, Entschlusskraft und Weitblick. Hingegen warfen Kritiker ihr imperialistische Eroberungsgelüste, Angst vor Veränderung sowie grausamen Umgang mit Gegnern vor. Wiederum andere sahen in ihr ein männerverschlingendes Monstrum. Die Wahrheit liegt - wie so oft - irgendwo in der Mitte.

Schauen wir auf die Münzen und Medaillen der römisch-deutschen Kaiserin Maria Theresia, einer Zeitgenossin von Katharina der Großen, dann können wir ähnliche Tendenzen beobachten, was die Nutzung von geprägtem Metall zur Selbstverklärung und monarchischen Propaganda beobachten. Da beide Kaiserinnen und weitere Frauen auch auf modernen Münzen und Medaillen gefeiert werden, könnte man bei der Anlage einer Spezialsammlung zu diesem Thema mit den meist preiswert erhältlichen Belegstücken beginnen und von ihnen rückwärts in die Vergangenheit vordringen. 29. Dezember 2021

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