Koloniale Träume und blutige Unterdrückung
Mit Feuer und Schwert, List und Tücke riss das Deutsche Kaiserreich fremde Länder an sich und feierte das mit Münzen und Medaillen



Die Herstellung der Guineadukaten kam dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg sehr teuer, war aber mit viel Prestige verbunden.



Für den Handel mit China bestimmt war der mit dem Brustbild des preußischen Königs Friedrich II. sowie einem asiatisch dekorierten Wappen geschmückte Handelstaler, der um 1751 in Aurich geprägt wurde. Kupferstich aus einem Münzbuch des 18. Jahrhunderts.



Der britische "Punch" verulkte gern das theatralische Getue und die verbalen Ausfälle des deutschen Staatsoberhaupts. Eine Karikatur zeigt Wilhelm II. als Kaiser von China. "Wenn et ooch nischt einjebracht hat und höhere Güter dabei nicht zu holen sind, für die Aufstellung einer Knochenmühle lohnt es sich doch noch!", glauben die beiden Herren auf der Karikatur um 1900 beim Anblick der Opfer deutscher Kolonialtruppen zu wissen.



Der "Erwerb" des so genannten Lüderitzlandes im Südwesten von Afrika wurde 1884 durch Medaillen mit dem Bildnis des Reichskanzlers Otto von Bismarck gefeiert.



Auf dem Zwanzigmarkstück der Kolonie Neuguinea von 1895 ersetzt ein Paradiesvogel den deutschen Reichsadler. Die Goldmünzen zählen zu den großen Raritäten der kaiserzeitlichen Münzgeschichte.



Der kaiserliche Adler besiegt auf der Medaille von 1901 den chinesischen Drachen. Wilhelm II. hatte befohlen, keine Gnade gegenüber den besiegten Chinesen zu üben.



Was deutsche Kolonialtruppen in unterworfenen Ländern taten, lobte Wilhelm II. als patriotische Tat und zeichnete die "tapferen Streiter für Deutschlands Ehre" mit dieser Medaille aus.



Die Werbepostkarte eines Kaffeerösters zeigt gefangene und gefesselte Hereros, denen ein schrecklicher Tod durch Gewehrkugeln und in der Wüste bevor steht.



Germania kämpft auf der Medaille "In trutziger Wehr für Deutschlands Ruhm & Ehr", verliehen wurde sie an Teilnehmer der Kriege in Deutsch-Südwestafrika, in deren Verlauf zwischen 24.000 und 64.000 Herero und etwa 10.000 Nama ums Leben kamen.



Der Hersteller von Fleischextrakten stellte sich das Leben auf der Insel Yap und die Verwendung von Steinscheiben als Geld auf der Werbepostkarte als Idylle vor.



Wilhelm II. hat die mit seinem Monogramm unter der Kaiserkrone geschmückte Medaille "Den siegreichen Streitern in Südwest-Afrika 1904-1906" gewidmet. Die Kolonialtruppen konnten sich als Herrenmenschen fühlen und trugen solche Medaillen auf der Uniform, die ihre Verbrechen als gottgewollt und notwendig rechtfertigten.



Bei den Goldstücken von Tabora aus dem Jahr 1916 ist Vorsicht geboten, denn die Raritäten mit dem Elefanten vor dem Kilimandscharo werden auch gefälscht. (Fotos/Repros: Caspar)

Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg erlaubte sich im späten 17. Jahrhundert den Luxus einer Hochseeflotte, um aus seinem Land, holländischem Vorbild folgend, eine starke See- und Handelsmacht zu machen. Allerdings schlug sein Versuch fehl, auf Dauer in Westafrika Fuß zu fassen. Die Investitionen waren höher als das, was unterm Strich heraus kam. Nachfolger des Monarchen schickten ihre Truppen aus, mit Feuer und Schwert, List und Tücke fremde Länder zu erobern und aus ihnen Kolonien zu machen. Der Versailler Friedensvertrag von 1919 zerschlug den deutschen Kolonialbesitz. An ihn erinnern Münzen und Medaillen, die ein interessantes Sammelgebiet darstellen.

Zunächst gelang es dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm 1681 nach mehreren Anläufen, mit afrikanischen Häuptlingen einen Handels- und Schutzvertrag abzuschließen, wie sie bereits bei etablierten Kolonialmächten gang und gäbe waren. Ein Jahr später gründete er die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie und danach die Festung Großfriedrichsburg an der Goldküste im heutigen Ghana. Der Kurfürst war mit 8000 Talern an dem Unternehmen beteiligt, das mit Gold, Elfenbein und anderen landeseigenen Naturalien handelte. Doch blieb es dabei nicht, denn der Brandenburger, der zuhause Glaubensflüchtlinge mit offenen Armen aufnahm, beteiligte sich auch am Sklavenhandel. Nach vorsichtigen Schätzungen sollen unterm roten Adler 30 000 afrikanische Sklaven nach Amerika verschleppt worden sein - wahrlich kein Ruhmesblatt in der Geschichte Brandenburg-Preußens.

Zucker, Tabak, Zimt und Sklaven

Der Erlös aus dem Verkauf der Gefangenen wurde zur Anschaffung von Zucker, Baumwolle, Kakao, dem Farbstoff Indigo, Tabak und Zimt verwendet. Diese Kolonialwaren kamen nach Emden, dem Sitz der Kompanie, und wurden von dort weiter verkauft. Empfänger waren der kurfürstliche Hof und die Berliner Oberschicht, die sich an ungewöhnlichen Nahrungs- und Genussmitteln delektierten und keinen Gedanken darauf verschwendeten, woher sie kamen und womit sie bezahlt wurden. Aus afrikanischem Gold wurden unterm Großen Kurfürsten und seinem Sohn Friedrich III./I. so genannte Guinea-Dukaten geprägt, außerdem feierten Medaillen die angeblich unter Gottes Führung stehenden kolonialen Träume des Hauses Hohenzollern.

Die Brandenburgisch-Afrikanische Kompanie geriet aufgrund schlechten Managements sowie wetter- und kriegsbedingter Schiffsverluste in finanzielle Schwierigkeiten. Bereits 1711 wurde sie verstaatlicht. Das schmähliche Ende des kolonialen Traums war den Nachfolgern des Großen Kurfürsten allerdings keine Medaille wert. 1717 stieß der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. das marode Unternehmen für 72 000 Dukaten an die Holländer ab. König Friedrich II., der Große, versuchte um 1750, durch Prägung von speziell für den Nahen und den Fernen Osten bestimmten Silbermünzen Gewinn zu machen und sich neben den etablierten Seemächten als gleichwertig aufzustellen. Auch dieses durch einen seltenen, für den Handel mit China bestimmten Piaster dokumentierte Experiment hatte keinen Erfolg, weshalb das Thema für lange Zeit fallen gelassen wurde.

Deutschlands Platz an der Sonne

Erst nach der deutschen Reichseinigung am 18. Januar 1871 mühte sich das nunmehr erstarkte Kaiserreich um Kolonien in Afrika und Asien und hatte damit Erfolg. Da aber Belgien, Großbritannien, die Niederlande, Russland, Spanien, die Vereinigten Staaten und andere Länder bereits viele fremde Länder unterjocht und zu ihren Kolonien gemacht hatten, verfügte das Deutsche Reich nur noch über begrenzte Möglichkeiten, dies ebenfalls zu tun. So waren unterm greisen Kaiser Wilhelm I. erste, eher bescheiden zu nennende "Unterschutzstellungen" möglich. Der Erwerb des so genannten Lüderitzlandes, benannt nach dem Bremer Großkaufmann Adolf Lüderitz, war die Prägung von Medaillen mit Bildnissen von Wilhelm I. und seinem Reichskanzler Otto von Bismarck wert. Sie lassen nicht erkennen, unter welch dubiosen Umständen 1884 die Keimzelle der Kolonie Deutsch-Südwestafrika, heute Namibia, an das Deutsche Reich fiel.

Der Ausbau des deutschen Kolonialreichs nahm unter dem 1888 auf den Thron gelangten Kaiser Wilhelm II. richtig Fahrt auf. Von seiner Vision beseelt, dem angeblich zu kurz gekommenen Deutschen Reich einen Platz an der Sonne zu verschaffen, verordnete er seinen Untertanen ein riesiges Flottenbauprogramm, mit dessen Hilfe der Kaiser und seine Anhänger ihre kolonialen Träume verwirklichen wollten. Der Monarch, der sich gern in der Uniform eines Admirals darstellen ließ, war davon überzeugt, dass Deutschlands Zukunft "auf dem Wasser" liegt. Deshalb wurden mit immensen Summen zahllose Kriegs- und Handelsschiffe sowie U-Boote gebaut, von denen ein großer Teil nach dem Ersten Weltkrieg von den Siegerstaaten auf Grund des Versailler Vertrags versenkt oder verschrottet wurde.

Paradiesvogel statt Reichsadler

Während andere Staaten bereites seit Jahrhunderten Kolonien in Afrika, Asien, auf dem amerikanischen Kontinent und in anderen Weltgegenden besaßen, verschaffte sich das Deutsche Reich erst ziemlich spät und dann aber sehr massiv solche so genannten Schutzgebiete in Afrika und Asien. Für Neu-Guinea, Deutsch-Ostafrika sowie Kiautschou wurden in Berlin und Hamburg spezielle Münzen geprägt. Ausgesprochen exotischen Charakter haben Geldstücke, die 1894 und 1895 für die Neu-Guinea Compagnie hergestellt wurden. Die Stelle des Reichsadlers nimmt ein Paradiesvogel ein, dessen prächtiges Gefieder sich über die ganze Bildseite ausbreitet. Auf der Werteseite umschließen zwei Bambuszweige die Angaben in Neuguinea-Pfennigen beziehungsweise Neuguinea-Mark. Bei den Ausgaben zu einem und zwei Pfennigen hat man auf den geradezu barock drapierten Paradiesvogel verzichtet. Die offiziellen Prägezahlen der Neuguinea-Münzen liegen zwischen 500 000 Exemplaren beim Pfennig und 1500 beim goldenen Zwanzig-Mark-Stück, waren also insgesamt unbedeutend.

Wilhelm II. machte durch sein ewiges Säbelrasseln und unvorsichtige Donnerworte immer wieder unangenehm auf sich aufmerksam. In Trinksprüchen wie "Das Pulver trocken, das Schwert geschliffen, das Ziel erkannt und die Schwarzseher verbannt" und markigen Ansprachen vor Soldaten gab er die Richtung seiner auf Konfrontation mit den anderen Großmächten und die Errichtung einer deutsche Weltherrschaft ausgerichteten Politik an. Berühmt und berüchtigt wurde der auch als "Wilhelm der Plötzliche" verulkte Monarch unter anderem durch seine am 27. Juli 1900 in Bremerhaven gehaltene Hunnenrede. Deren Wortlaut blieb durch das Stenogramm eines Journalisten erhalten, während die Reichsregierung nur eine entschärfte Fassung der Ansprache an das nach China zur Niederschlagung des Boxeraufstandes entsandte deutsche Expeditionscorps verbreiten ließ. Die so genannten Boxer waren Mitglieder eines chinesischen Geheimbundes, der sich "Fäuste der Rechtlichkeit und Eintracht" nannte. Er verschwor sich gegen die weißen Kolonialherren im Reich der Mitte und wurde von den damaligen Großmächten mit aller Grausamkeit bekämpft. Offizieller Anlass für die Entsendung deutscher Soldaten nach China war die Ermordung des deutschen Gesandten von Ketteler. Die Forderungen des Kaisers fanden ein großes, für ihn aber wenig schmeichelhaftes Echo.

Pardon wird nicht gegeben

Was Wilhelm II. tatsächlich erklärt hat, steht nicht ganz korrekt fest, denn es gibt verschiedene veröffentlichte Versionen. Eine lautet: "Kommt ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben, Gefangene nicht gemacht. Wer Euch in die Hände fällt, sei in Eurer Hand. Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch in der Überlieferung gewaltig erscheinen lässt, so möge der Name Deutschland in China in einer solchen Weise bekannt werden, dass niemals wieder ein Chinese es wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen!" Unverhohlen forderte der Kaiser seine Soldaten auf, Chinesen zu töten, wo immer sie vor deutsche Gewehre kommen, und auch keine Gefangenen zu machen. Im Krieg gegen die Boxer unterlag China, das Reich der Mitte musste 1901 im so genannten Boxerprotokoll die Ansprüche der europäischen Mächte auf chinesisches Territorium anerkennen. Wer sich bei der Niederschlagung des Boxeraufstandes besonders hervor getan hatte, durfte sich Auszeichnungsmedaillen an die Brust heften. Auch bei anderen Gelegenheiten wurden solche Medaillen verliehen. Belege dieser Art dürften in manchen Sammlungen liegen, der Münz- und Ordenshandel bietet die mit dem Kaiserbildnis und Allegorien geschmückten Stücke regelmäßig an.

Des deutschen Kaisers Hunnenrede war eine Provokation, denn 1899, also ein Jahr zuvor, hatte in der niederländischen Stadt Den Haag eine internationale Friedenskonferenz auf Anregung des russischen Zaren Nikolaus II. zur einvernehmlichen Regelung internationaler Streitfälle aufgerufen. Diese Haager Landkriegsordnung, die 1907 noch einmal modifiziert und ergänzt wurde, legte unter anderem den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten, die Unversehrtheit neutraler Staaten, den Verzicht auf Gas- und Dumdumgeschosse, den geregelten Umgang mit Kriegsgefangenen sowie die Respektierung von Bauwerken und Kulturdenkmälern und anderes fest. Leider wurden die seinerzeit von der internationalen Friedensbewegung so sehr begrüßten Regeln in den Kriegen des 20. Jahrhunderts über Bord geworfen, und auch die Genfer Konventionen von 1949 zur Behandlung von Kriegsgefangenen und Verwundeten sowie über die Behandlung von Zivilpersonen in Kriegszeiten wurden im Bedarfsfall außer Kraft gesetzt.

Massenmord an Herero und Nama

Zwischen 1904 und 1908 fielen rund 70 000 Herero und Nama den Massakern deutscher Kolonialtruppen im damaligen Deutsch-Südwestafrika zum Opfer, heute Republik Namibia mit Windhoek als Hauptstadt. Ihre Nachfahren fordern die Bundesrepublik Deutschland auf, diesen Völkermord als solchen anzuerkennen und endlich das nachzuholen, was bereits 1948 dazu von der UNO erklärt wurde. Wenn Deutschland feststelle, dass das, was 1915 bis 1917 den Armeniern durch Soldaten des mit dem deutschen Kaiserreich freundschaftlich verbundenen Osmanischen Reich angetan wurde, ein Völkermord war, so sei es nicht zu verstehen, warum sich die Bundesregierung bei den Verbrechen der kaiserlichen Truppen in Deutsch-Südwestafrika zurück hält und die Augen davor verschließt, dass damals die einheimische Bevölkerung brutal in die Wüste vertrieben wurde, um sie dort verhungern und verdursten zu lassen. Zuhause, im Deutschen Reich, wurden die Verbrechen der Kolonialtruppen nur von der linken Presse thematisiert. Offiziell sprach die Reichsregierung den weißen Kolonialherren und ihren Schergen Dank und Anerkennung aus und zeichnete die Kommandeure mit Orden aus.

Im Münzhandel werden Medaillen und Abzeichen angeboten, die das Geschehen als dem Kaiserreich dienend und gottgewollt feiern. Eine solche Medaille mit angeprägter Öse zeigt eine wildbewegte Germania mit einem Schild und einem Schwert, wie sie dabei ist, sich auf den Feind zu stürzen, wer auch immer das sein mochte. Die Umschrift IN TRUTZIGER WEHR ZU DEUTSCHLANDS EHR fasst zusammen, wie man damals den Massenmord an den Herero und Nama verstand und anerkannt wissen wollte. Die Widmung auf der Rückseite der am Band zu tragenden Medaille ist den KRIESGJAHREN IN DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA gewidmet. Das Gewehr und der Säbel unter der Inschrift waren jene Waffen, mit denen die Kolonialtruppen gegen die ausgebeuteten und unterdrückten Ureinwohner vorgingen. Die kaiserliche Krone deutet an, dass der Genozid unter dem Schutz und mit Billigung Wilhelms II. und seiner Regierung durchgeführt wurde. Wer die numismatischen Hinterlassenschaften der deutschen Kolonialgeschichte sammelt und sich näher mit der Rolle des Deutschen Reichs als Kolonialmacht befasst, wird weitere Belege dafür finden, wie weit Sein und Schein auseinander klaffen.

Jeder zweite Gefangene kam ums Leben

Etwa 15.000 deutsche Kolonialsoldaten unter dem Befehl des Generalleutnants Lothar von Trotha schlugen 1904 den Aufstand der Herero nieder. Die meisten von ihnen flohen nach der Schlacht von Waterberg im August 1904 in die fast wasserlose Omaheke-Wüste. Von Trotha ließ diese abriegeln und die Flüchtlinge von den wenigen vorhandenen Wasserstellen vertreiben, so dass tausende Herero mit ihren Familien und Rinderherden verdursteten. "Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. […] Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auch auf sie schießen", befahl der Generalleutnant. Die Überlebenden wurden enteignet, in Konzentrationslager gesperrt, die man damals aber noch nicht so nannte, und mussten Zwangsarbeit verrichten. In den Lagern starb fast jeder zweite Gefangene. Misshandlungen, Hunger und schlechte hygienischen Bedingungen führten zum Tod fast jedes zweiten Gefangenen. Insgesamt kamen bei den Kämpfen zwischen 24.000 und 64.000 Herero sowie etwa 10.000 Nama ums Leben, kein Vergleich zu denen, die auf deutscher Seite starben.

Generell galt in den deutschen Kolonien die nach der Reichsgründung von 1871 kreierte und in Mark und Pfennig ausgedrückte Einheitswährung. Daneben aber liefen die unterschiedlichsten Nominale um, so britische Pfund, französische Franc, amerikanische Dollar, holländische Gulden, italienische Lira, österreichische Maria-Theresien-Taler. Nicht jede deutsche Kolonie besaß eigenes Geld. In Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togo und Samoa bezahlten die Kolonialtruppen entweder mit deutscher Währung oder bedienten sich fremder Münzen. Größere Zahlungen wurden wie in den "Mutterländern" bargeldlos, mit Banknoten oder Goldbarren abgewickelt. Die autochthone, also ortsansässige Bevölkerung verwandte vormünzliches Geld wie Muscheln oder Gegenstände aus Bronze, Eisen oder Stein.

Kaiser mit dem Gardehelm

In der Geldbörse der deutschen Kolonialbeamten und -soldaten muss es bunt ausgesehen haben. Es wird berichtet, dass in den deutschen Kolonien der Versuch scheiterte, fremde Münzen und Banknoten durch das eigene Reichsgeld zu verdrängen. So wurden für Neu-Guinea, Deutsch-Ostafrika sowie in Kiautschou in Berlin und Hamburg spezielle Münzen geprägt. Eine Sonderstellung nehmen jene Notmünzen ein, die 1916 in Tabora, der zweitgrößten Stadt in Deutsch-Ostafrika, mangels deutscher Zahlungsmittel, hergestellt wurden. Dass man Kolonialmünzen und spezielle Geldscheine herstellte, hatte verschiedene Gründe. Für Deutschland war es zunächst wichtig, wie andere Kolonialmächte durch eigene Kolonialmünzen und -banknoten präsent zu sein und auf sich aufmerksam zu machen. Da Militärpersonen und Mitarbeiter der Kolonialbehörden das vor Ort umlaufende Reichsgeld wieder mitnahmen, wenn sie nach Hause heimkehrten oder dort Urlaub machten, machte sich ein gewisser Geldmangel bemerkbar. Indem die Reichsregierung für die genannten Kolonien spezielle Münzen und Banknoten herstellen ließ, die mit ihren Bildern und Inschriften vom normalen Reichsgeld abwichen und daheim nicht angenommen wurden, sorgte sie dafür, dass dieses Kolonialgeld dort blieb, wo es umlaufen sollte.

Bei einigen in Berlin im Auftrag der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (DOAG) zwischen 1891 und 1902 geprägten Silbermünzen fällt das martialische Brustbild Kaiser Wilhelms II. auf. Der Monarch ist in der Uniform seiner Elitetruppe Gardes du Corps mit aufgesetztem Adlerhelm dargestellt. Stempelschneider Otto Schultz richtete sich bei seinem Porträt nach einer Vorlage des bekannten Malers Franz von Lenbach. Das Wappen der DOAG, bestehend aus einer Kokospalme mit einem Löwen davor, nimmt die Rückseite ein. Die ursprünglich vorgesehene Umschrift WILHELM II. DEUTSCHER KAISER war vom Reichsoberhaupt verworfen worden, weil sie wegen des bis an den Perlrand ragenden Adlers auf der Helmspitze in zwei ungleiche Längen geteilt worden wäre. Deshalb wählte man bei den silbernen DOAG-Münzen in Werten zwischen einer Viertelrupie bis zu zwei Rupien die lateinische Umschrift GUILELMUS II IMPERATOR. Diese Version hatte den Vorteil, dass sie bei den anderen Kolonialmächten verstanden wurde. Zur lateinischen Legende auf der Vorderseite passt die deutsche Inschrift auf der Rückseite eigentlich nicht, aber die Münzgeschichte kennt gelegentlich solche kuriosen Sprachkombinationen.

Die Zweirupienstücke entsprachen in Größe und Gewicht etwa dem Maria-Theresien-Taler und anderen vergleichbaren Silbermünzen und hatten den Wert von einem Dollar. Das verschaffte ihnen weite Verbreitung. Da viele Stücke ziemlich abgegriffen vorkommen, kann man auf einen weiten und langen Umlauf schließen. Eine Besonderheit stellen die mit deutschen und arabischen Schriftzügen versehenen Einpesastücke dar. Wegen des geringen Wertes der Kupferstücke verzichtete man auf das Bild des Kaisers und versah sie mit der Angabe in arabischer Schrift "Gesellschaft Deutschlands" sowie die Jahreszahlen 1307 (für 1890), 1308 (für 1891) und 1309 (für 1892).

Augen auf beim Münzenkauf

Die bei Sammlern gegehrten Tabora-Münzen von 1916 aus Gold verdanken ihre Entstehung dem Geldmangel infolge der Kappung von Verbindungen zwischen Deutsch-Ostafrika zum Reich während des Ersten Weltkriegs. Da die Raritäten auch gefälscht wurden und werden, gilt hier und bei vielen anderen Seltenheiten der Satz "Augen auf beim Münzenkauf". Die deutsche Kolonialverwaltung hatte Schwierigkeiten, Löhne und Sold auszuzahlen, und half sich durch Ausgabe von zahllosen interimistischen Banknoten sowie durch Prägung von Messing-, Kupfer- und Goldmünzen. Man sieht den 15-Rupienstücken an, dass beim Stempelschnitt keine Könner der Gravierkunst am Werke waren. Verglichen mit den hohen Auflagen der mit Wertangaben und der Kaiserkrone versehenen, dazu noch gelochten Heller ist die Stückzahl der goldenen Fünfzehnrupienmünzen gering. Nach Katalogangaben wurden nur 6395 Exemplare der mit einem Elefanten vor dem Kilimandscharo sowie dem Reichsadler geschmückten Münzen geprägt. Mit ihnen wurde das vor Ort geschürfte Gold in klingende Münze verwandelt und zu Gehaltszahlungen genutzt. Wichtig für die Emission war wohl auch die Überlegung, dass das bei der Kolonialverwaltung vorhandene unverarbeitete Gold von englischen und belgischen Truppen nach der Einnahme von Tabora requiriert worden wäre, während in Privatbesitz befindliche Goldmünzen davor sicher waren.

Bliebe noch ein kurzer Blick auf die Geldscheine des Kaiserreichs mit kolonialem Hintergrund. Auf Banknoten der Deutsch-Ostafrikanischen Bank zu 50, 100 und 500 Rupien aus den Jahren erscheint Kaiser Wilhelm II. passend zu den geprägten DOAG-Rupien im Schmuck der Uniform der Garde du Corps beziehungsweise in Admiralsuniform. Ausgegeben in Daressalam zwischen 1905 und 1912, machen die rückseitig mit landestypischen Tieren und Landschaftsansichten geschmückten Banknoten einen ausgesprochen repräsentativen Eindruck. Das kann man von den vielen während des Ersten Weltkriegs gedruckten Interims-Banknoten der Deutsch-Ostafrikanischen Bank nicht sagen. Sie wurden mit einfachen Mitteln auf unterschiedlich gefärbtem Papier gedruckt und dürften auch nicht fälschungssicher gewesen sein. Es kommen sogar sogenannte Buschnoten vor, für deren Druck Gummibuchstaben verwendet wurden, wie sie bei Kindern beliebt waren. Neben diesem wenig ansehnlichen Notageldausgaben wurden während des Ersten Weltkriegs in Deutsch-Südwestafrika Kassenscheine zwischen fünf und einhundert Mark ausgegeben, wohl weil Reichsgeld dort nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden war.

Wie die Münzen von Kiautschou sind auch die Geldscheine der 1889 gegründeten Deutsch-Asiatischen Bank zweisprachig - deutsch und chinesisch. Versehen mit den Jahresangaben 1907 und 1917 lauten sie nicht auf Mark oder Rupien, sondern auf Dollar und Tael. In Anlehnung an das Reichsgeld schmückt eine gekrönte Germania diese mit dem deutschen Reichsadler und dem chinesischen Drachen gezeichneten Noten. Da die Scheine kaum in den Geldverkehr gelangten und die Auflage fast vollständig vernichtet wurde, nachdem sich Deutschland aus dem Reich der Mitte hatte zurückziehen müssen, zählen diese vorzüglich gestalteten Banknoten zu den großen und sehr teuer bezahlten Geldscheinen überhaupt.

4. Februar 2021

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