Zur Beförderung des Patriotismus
Warum Bayerns Könige Geschichtstaler prägten und wer sie auf diese Idee brachte



König Ludwig I. von Bayern war ein vom "Bauwurm" befallener Monarch, der München verschönte und sein Land mit klassizistischen Bauwerken wie der Walhalla und Feldherrnhalle beglückte und zahlreiche Denkmäler stiftete.





Auf die Gestaltung seiner Geschichtstaler nahm Ludwig I. persönlich Einfluss. Die Ausgaben von 1825 und 1848 erinnern an seine Thronbesteigung und seine Abdankung.



Die Grafik aus dem späten 19. Jahrhundert mit dem Denkmal Ludwigs I. auf dem Odeonsplatz in München, einer Schillerbüste aus der Walhalla und dem Nationaltheater auf dem Max-Joseph-Platz in München zitiert den um Kultur und Bildung verdienten Monarchen mit den Worten "Ohne Kunst und ohne Dichtung ist das Leben ohne Schwung."





Ein prächtiges, von Bertel Thorwaldsen geschaffenes Reiterdenkmal auf dem Wittelsbacherplatz in München ehrt Kurfürst Maximilian I., der dazu passende Geschichtstaler trägt die Jahreszahl 1839.





Die Weihe des Dürerdenkmals in Nürnberg wurde 1840 mit einem Gedenktaler gewürdigt, ungewöhnlich war 1826, dass Ludwig I. zwei Gelehrte durch einen Gedenktaler ehrte, das wurde erst nach Abschaffung der Monarchie ein Jahrhundert später üblich.



Die Spindelpresse auf dem Gedenktaler von 1837 zur Gründung des Süddeutschen Münzvereins war zu dieser Zeit ein antiquiertes Prägegerät, kommt aber als Symbol der Geldherstellung auf zahlreichen Medaillen vor.



Der Bau der Walhalla hoch über der Donau in Regenstauf bei Regensburg sowie der Feldherrnhalle in München wurde 1842 und 1844 durch Gedenktaler mit dem Kopf Ludwigs I. auf der Vorderseite gewürdigt. (Fotos/Repros: Helmut Caspar)

Schaut man deutsche Münzen des 19. Jahrhunderts an, fällt ihre Gleichförmigkeit, ja manchmal Langeweile auf. Gedenk- und Preismünzen sind eine Ausnahme und kommen vor allem in Baden, Bayern, Hannover, Sachsen und Württemberg vor, während die Könige von Preußen wenig Neigung hatten, mit solchen Ausgaben zu glänzen. Unter der Regentschaft von König Ludwig I. zwischen 1825 und 1848 und seines Sohns und Nachfolgers Maximilian II. bis 1864 leistete sich Bayern eine bemerkenswerte Folge von Geschichtstalern. Sie bilden sie ein reizvolles Sammelgebiet, und es bedarf einiger Mühen und erheblicher finanzieller Mittel, alle Stücke zusammen zu bekommen. Die Serie beginnt mit einem Konventionstaler von 1825 anlässlich des Regierungsantritts von Ludwig I. und endet 1856 mit einem Doppeltaler auf die Weihe eines Denkmals Maximilians II. in Lindau. Die davor und danach geprägten Gedenktaler und die nicht realisierten Ausgaben klammern wir aus unserer Betrachtung aus.

Mit der Prägung von Geschichtstalern knüpfte der kunstsinnige und baufreudige Ludwig I. an eine alte Tradition an, denn schon bei den alten Römern und dann nach langer Pause seit dem 16. Jahrhundert wurden Münzen zu Propaganda- und Erinnerungszwecken geprägt. Sie hatten ähnliche Aufgaben wie die Medaillen, die in der Zeit der Renaissance modisch wurden und der Verherrlichung von fürstlichen und anderen Personen sowie von wichtigen geschichtlichen und politischen Ereignissen dienten. Deutsche Fürsten schlugen die bei Sammlern beliebten Krönungs-, Jubiläums-, Sieges- und Sterbetalern, ohne dass das durch Reichsgesetze geregelt worden wäre. Warum die in Brandenburg und Preußen herrschenden Hohenzollern nicht auf die naheliegende Idee kamen, sich und ihr Land auch auf Gedenkmünzen zu feiern, können wir nicht beantworten. Dafür aber griff Bayern im frühen 19. Jahrhundert einen in Preußen gemachten Vorschlag auf, bei dem es um dieses Thema ging.

Ablehnung in Preußen

Der Berliner Theologe, Pädagoge, Bildungsreformer und Direktor des Friedrichs-Werderschen Gymnasiums Friedrich Gedicke hatte 1790 in der Akademie der Künste anlässlich des 46. Geburtstags von König Friedrich Wilhelm II. eine interessante Idee vorgestellt. Indem er in seiner Rede die hohe Kunst des Stempelschneidens bei den alten Griechen und Römer und die Verwendung von Münzen zu Propagandazwecken lobte, schlug er vor, diese Tradition neu zu beleben und preußische Münzen auch als Gedenkmünzen auszubringen. Abgedruckt in der von ihm herausgegebenen Berlinischen Monatsschrift Bd. XVI. (1790) stellt die Rede ein interessantes Dokument dafür dar, wie sich die Gelehrtenwelt damals Gedanken um die Verbesserung des Münzwesens und seine Nutzung als Mittel macht, Bildung und Kunstverstand des "gemeinen Mannes" zu heben und mit Hilfe von geprägtem Metall die Bindung an das Herrscherhaus zu festigen.

Friedrich Gedicke betonte in der blumigen Sprache seiner Zeit, ehrenvoller als der blutigste Lorbeer sei der friedliche Ölzweig, an dem kein Tropfen Blut klebt und auf den keine Träne rinnt. Vielleicht habe man bisher zu wenig daran gedacht, wie viele Künstler wirken können, wenn sie, vom Geiste des Patriotismus belebt, voll edlen Stolzes auf ihr Vaterland die ganze Zauberkraft ihrer Kunst gebrauchen, um ihre Empfindungen den Herzen ihrer Mitbürger mitzuteilen. Es sei bekannt, wie sehr sich bei den Griechen und Römern auch die Kunst mit vielen anderen Triebfedern vereinigte, um der Seele des Bürgers eine Spannkraft zu geben, die ihn der erhabensten Gesinnungen und Taten fähig macht.

Gedicke zufolge sollte die Kunst quasi als Magd in den Dienst des Staates gestellt und Künstler gewonnen werden, die für ihn und seine führenden Persönlichkeiten Stimmung machen. Das mag damals angebracht gewesen sein, wäre aber heute ausgesprochen suspekt und nach bösen Erfahrungen mit der "Volksaufklärung und Propaganda" unter dem Nationalsozialismus beziehungsweise "Klassenmäßiger Erziehung der Werktätigen in der DDR" durch die allwissende und alles regulierende Staatspartei SED ein Ding der Unmöglichkeit.

Kunst als Magd der Politik?

Friedrich Gedicke betonte in der blumigen Sprache seiner Zeit, ehrenvoller als der blutigste Lorbeer sei der friedliche Ölzweig, an dem kein Tropfen Blut klebt und auf den keine Träne rinnt. Vielleicht habe man bisher zu wenig daran gedacht, wie viele Künstler wirken können, wenn sie, vom Geiste des Patriotismus belebt, voll edlen Stolzes auf ihr Vaterland die ganze Zauberkraft ihrer Kunst gebrauchen, um ihre Empfindungen den Herzen ihrer Mitbürger mitzuteilen. Es sei bekannt, wie sehr sich bei den Griechen und Römern auch die Kunst mit vielen anderen Triebfedern vereinigte, um der Seele des Bürgers eine Spannkraft zu geben, die ihn der erhabensten Gesinnungen und Taten fähig macht. Gedicke zufolge sollte die Kunst quasi als Magd in den Dienst des Staates gestellt und Künstler gewonnen werden, die für ihn und seine führenden Persönlichkeiten Stimmung machen. Das mag damals angebracht gewesen sein, wäre aber heute ausgesprochen suspekt und nach bösen Erfahrungen mit der "Volksaufklärung und Propaganda" unter dem Nationalsozialismus beziehungsweise "Klassenmäßiger Erziehung der Werktätigen in der DDR" durch die allwissende und alles regulierende Staatspartei SED ein Ding der Unmöglichkeit.

Im Unterschied zur Kunst der Antike kritisierte Gedicke die zeitgenössische Kunst mehr als eine"Dienerin des Luxus", keinesfalls aber sei sie "Priesterin des Patriotismus und der Bürgertugend". Heutzutage seien viele Kunstwerke dem Auge des Publikums entzogen, anders als die Münzen, die täglich durch die Hände des Königs wie des Bauern gehen. Sie könnten und sollten zur Beförderung des Patriotismus und zur Verewigung großer Taten und Männer genutzt werden, "da diese Werke so leicht ins Unermessliche vervielfältigt werden können, und nicht bloß wie die Werke anderer Künstler ein bloßer Gegenstand des Vergnügens und des Geschmacks, sondern ein tägliches unentbehrliches Bedürfnis sind." Seit jeher habe man Denkmünzen zur Verewigung großer und kleiner Begebenheiten, großer und kleiner Menschen geprägt, und unser Zeitalter sei fruchtbarer als irgendein anderes an historischen und allegorischen Medaillen. Da aber diese Stücke geringe Verbreitung fänden und in den Münzkabinette verschwänden, gehe ihre Publizität und Wirkung verloren. Dem größten Teil des Volkes bleibe die Existenz dieser Medaillen völlig unbekannt. "Vielleicht hat man bisher zu wenig daran gedacht, wie viel der Künstler wirken kann, wenn er, selbst vom Geiste des Patriotismus belebt, selbst voll edlen Stolzes auf sein Vaterland, die ganze Zauberkraft seiner Kunst gebraucht, um seine Empfindungen den Herzen seiner Mitbürger mitzutheilen", fuhr Gedicke fort und erinnerte an die Griechen und Römer, die die Kunst mit anderen Triebfedern vereinigten, "um der Seele des Bürgers eine Spannkraft zu geben, die ihn der erhabensten Gesinnungen und Thaten fähig machte." Unzufrieden mit dem patriotischen Unterricht der Schuljugend, forderte der Theologe und Pädagoge, auch die Sinne und Fantasie ins Spiel zu bringen und die Künste als Triebwerk der Politik und zur Beförderung des Patriotismus zu nutzen.

Bloß keine Experimente

Aus nicht näher bekannten Gründen wurde Gedickes Vorschläge in Preußen nicht aufgegriffen, obwohl dort die Stempelschneidekunst hoch im Kurs stand, es eine reiche Münzen- und Medaillenproduktion gab und alle technischen Voraussetzungen für die Realisierung gegeben waren. Man kann nur vermuten, dass sich der vor allem an Musik und schönen Frauen interessierte Friedrich Wilhelm II., genannt dicker Wilhelm, und ab 1797 sein Sohn, der als wenig innovativ und geistig beweglich geschilderte Friedrich Wilhelm III., sowie deren Minister auf Experimente nicht einlassen wollten. Auf Gedenkmünzen herausragende geschichtliche Ereignisse zu würdigen, gar verdienstvolle Persönlichkeiten ohne Fürsten- und Adelstitel zu ehren und die Vaterlandsliebe durch eingängige Allegorien und wohlgesetzte Sprüche zu fördern, das war für die Hohenzollern und ihre Beamten ein neues, weites Feld, das sie ungern betreten wollten. Hinzu kam, dass die Zeiten vor und nach 1800 für solche Innovation ungünstig waren, denn der preußische Staat war in kostspielige Kriege gegen das revolutionäre Frankreich verwickelt. Außerdem mussten um 1800 massenhaft aus England nach Preußen einströmende gefälschte Münzen abgewehrt und neuartige Münzdesigns entwickelt werden, welche die Nachahmung von Hartgeld erschweren sollten. Damit hatten die Stempelschneider an der Berliner Münze und den anderen Prägeanstalten vollauf zu tun.

Da Friedrich Gedicke bereits 1803 mit nur 49 Jahren starb, konnte er nicht erleben, dass seine Ideen von1790 in Bayern auf fruchtbaren Boden fielen. Schaut man die im 1815 gegründeten Bund, dem lockeren Zusammenschluss von Königreichen, Großherzogtümern, Herzogtümern und Fürstentümern sowie Freien Städten, geprägten Münzen an, fällt ihre Gleichförmigkeit, um nicht zu sagen Langeweile auf. Gedenk- und Preismünzen sind eine Ausnahme und kommen vor allem in Baden, Bayern, Hannover, Sachsen, Württemberg und Frankfurt am Main sowie anderen Territorien vor. Ein buntes Bild bietet hingegen das prägefreudige Bayern. Hier gab es unter der Regentschaft von König Ludwig I. zwischen 1825 und 1848 und unter seinem Sohn und Nachfolger Maximilian II. bis 1864 eine geradezu üppige Emission von Geschichtstalern. Sie bilden sie ein reizvolles Sammelgebiet, und es bedarf viel Mühe und Kosten, um alle Stücke zusammen zu bekommen. Die Serie beginnt mit einem Konventionstaler von 1825 auf den Regierungsantritt Ludwigs I. und endet 1856 mit einem Doppeltaler auf die Weihe eines Denkmals König Maximilians II. in Lindau. In den Angeboten des Münzhandels sind die Gedenkmünzen gut vertreten, und auch die numismatische Literatur hat sie nach allen Richtungen beleuchtet und gedeutet.

Einrichtung von Denkmünzen

Der Konservator des königlichen Münzkabinetts in München, Franz Ignatz von Streber, trat bereits 1806 an den an Kunst, Architektur und der Numismatik interessierten Kronprinzen Ludwig heran, der 1825 als Ludwig I. den Thron bestieg, und regte an, bayerische Konventionstaler als Gedenkmünzen ausprägen zu lassen. Wie dem Buch von Walter Grasser über "Bayerische Geschichtstaler von Ludwig I. und Maximilian I." zu entnehmen ist, hielt von Streber am 11. März 1806 vor der Königlichen Akademie der Wissenschaften einen Vortrag mit dem Titel "Vorschlag, unsere Currentmünzen nach und nach die Einrichtung von Denkmünzen zu geben" und sprach ganz im Sinne von Friedrich Gedicke den Wunsch aus, die künstlerische Vollkommenheit des antiken Stempelschnitts bei der Herstellung historischer Denkmünzen zu beleben. Kronprinz Ludwig erhielt eine Abschrift der Rede, doch sah er zunächst keine Notwendigkeit, auf die Münzpolitik seines Vaters Maximilian I., der 1806 König von Bayern wurde und dies sogleich mit veränderten Münzbildern und mit Medaillen kundtat, Einfluss zu nehmen. Außerdem befand sich das Land in einer überaus schwierigen, kriegerischen Zeit, und wer hatte da Sinn, sich mit Gestaltungsfragen von Münzen zu befassen?

Im Jahr 1825 auf den Thron gelangt, setzte Ludwig I. alles daran, um das weitgehend agrarisch geprägte, zudem noch in unterschiedliche Kultur- und Kirchenlandschaften zerfallene Bayern zu einen und fit für die Herausforderungen des 19. Jahrhunderts zu machen. Mit vielfältigen Staatsbauten und Denkmalstiftungen bleibt der König bis heute als großer Bauherr und Förderer von Kunst und Wissenschaft im Gedächtnis und als einer, dem kriegerischer Sinn fehlte. Sein Regierungsantritt eröffnete dem Bauwesen und der Kunst ganz neue Möglichkeiten. Er wolle nicht für Jahrhunderte, sondern für Jahrtausende bauen, verkündete der König, und München solle ein Ort werden, "der Teutschland zur Ehre gereichen soll, dass keiner Teutschland kennt, wenn er nicht München kennt." Unter diesen Umständen fielen Strebers Vorschläge von 1806 auf fruchtbaren Boden. Seine neue Denkschrift "Vorschlag, die größeren Sorten der gegenwärtigen Courrent Münzen (z. B. Dukaten, Thaler und halbe do.) in historische Denkmünzen zu verwandeln" mit Hinweisen auf die Verwendung von Münzen zu Propagandazwecken in der Antike, aber auch einem Lob für den Verfassungstaler von 1818 wurden von Ludwig I. "sehr beyfällig" aufgenommen.

Großes pädagogisches Anliegen

Die Geschichtstaler erhielten im Denken und Handeln des Königs einen wichtigen Platz. Sie edel zu gestalten, war ihm ein großes pädagogisches Anliegen, viele Ausgaben gehen auf seine Ideen zurück. Indes blieben manche Entwürfe auf der Strecke. Interesse verdient eine Debatte zwischen dem König und seinem Münzdirektor Heinrich Joseph von Leprieur über das Für und Wider von lateinischen Inschriften. Leprieur favorisierte das Latein, weil diese Sprache bestimmte Sachverhalte viel treffender zum Ausdruck bringe als die deutsche Sprache. Das fand Ludwig I. zwar einleuchtend, doch da die Geschichtstaler Teil seines pädagogischen Programms waren, um das Nationalbewusstsein der Bayern und ihre Bildung zu heben, ließ er die Legenden, dem Zeitgeist folgend, auf deutsch abzufassen. Bilder und Widmungen sollten eine Einheit bilden und hier und heute verständlich sein.

Da Ludwig I. Auftraggeber der von Johann Baptist Stiglmaier, Carl Voigt und anderen gestalteten Münzserie war, machte er den beteiligten Künstlern und Stempelschneidern sehr zu deren Ärger Vorschriften, wie sie was darzustellen hätten. Doch da sie gut bezahlt wurden und solche Eingriffe "von ganz oben" in Schaffensprozesse üblich waren, leisteten sie keinen Widerstand. Auch andere für Fürsten, Städte und Privatpersonen arbeitende Künstler mussten sich in dieses Befehlssystem fügen, sonst wären sie bei Aufträgen leer ausgegangen. Zwischen den Geschichtstalern von 1825 und 1848 stets mit dem Königskopf auf der Vorderseite liegen prächtige Gepräge, die politische und kulturelle Aktivitäten Ludwigs I. in klassisch-kühler Form und stets mit einem sinnigen Spruch versehen publik machen. Ob sie bayerischen Patriotismus beförderten und die Bindung der Untertanen an das Herrscherhaus festigten, bleibt dahin gestellt. Als diese zu Beginn des Revolutionsjahrs 1848 der Eskapaden ihres für damalige Verhältnisse schon recht alt gewordenen Ludwig I. überdrüssig waren, vermochten auch die schönsten Geschichtstaler und romantischsten Gedichte dessen Abdankung nicht mehr aufzuhalten.

Staatsbauten, Säulen, Standbilder

Indem der Bayernkönig Gedenkmünzen mit Ansichten von prächtigen Staatsbauten, Säulen und Standbildern versehen ließ und weitere Themen und Darstellungen ins Programm nahm, sorgte er für eine größere Verbreitung der Bilder, als das bei Medaillen möglich war. Spezialsammler schätzen das breite Themenspektrum der Geschichtstaler, die anlässlich der Stiftung des Ludwigs-, Theresien- und Michaelsordens, der Weihe von Bauwerken wie der Walhalla bei Regensburg und der Feldherrnhalle in München geprägt wurden. Zu nennen sind Ausgaben anlässlich der Errichtung von Denkmälern unter anderem für den ersten bayerischen König Maximilian I. Joseph, den Kurfürsten Maximilian I., den Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn und den Kanzler Freiherr von Krettmayr. Zu ihnen gesellen sich Monumente wie das Dürerdenkmal in Nürnberg oder das Denkmal des Schriftstellers Jean Paul Richter (Jean Paul) in Bayreuth.

Ob die 38 Gedenktaler aus der Zeit Ludwigs I. und sechs weiterer von Maximilian II. bayerischen Patriotismus beförderten und die Bindung der Untertanen an das Herrscherhaus festigten, bleibt dahin gestellt. Als diese zu Beginn des Revolutionsjahrs 1848 von den Eskapaden ihres für damalige Verhältnisse schon recht alt gewordenen Monarchen genug hatten, vermochten auch die schönsten Geschichtstaler und romantischsten Gedichte dessen Abdankung nicht mehr aufzuhalten. Auslöser der Unruhen waren amouröse Abenteuer, die der König mit der zur Gräfin Landsfeld "erhobenen" Tänzerin Lola Montez hatte und die hinzunehmen die Bayern und speziell die Münchner nicht länger gewillt waren. Von der erregten Menschenmenge in die Enge getrieben, sah sich Ludwig I. gezwungen, seine Krone niederzulegen, nicht ohne zu betonen, er habe für Bayern nur das Beste gewollt. Der Regierungswechsel ganz im Zeichen der 1848-er Revolution war mit einigen schnellen Zugeständnissen wie die Aufhebung der Zensur und Neuwahlen für ein Landesparlament verbunden. Der auf die Übergabe der Krone an Maximilian II. am 20. März 1848 geprägte Geschichtstaler ist die seltenste Münze aus der ganzen Serie. Der Ex-König lebte noch 20 Jahre, überlebte seinen Sohn Maximilian II. und widmete sich als Privatmann der Vollendung seiner Bauten.

Dem Verdienste seine Kronen

In den Münzkatalogen sind die Geschichtstaler genau aufgelistet, so dass wir uns an dieser Stelle nähere Beschreibungen ersparen können. Regelmäßig tauchen die Silberstücke in den Angeboten des Münzhandels auf. Es gibt Ausgaben anlässlich der Stiftung von Orden, der Weihe von Bauwerken wie der Walhalla bei Regensburg und der Feldherrnhalle in München, der Errichtung von Denkmälern unter anderem für den ersten bayerischen König Maximilian I. Joseph, den Kurfürsten Maximilian I., den Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn, den Kanzler Freiherr von Krettmayr, den Nürnberger Maler Albrecht Dürer und den Dichter Jean Paul Richter. Geehrt mit einem Geschichtstaler wurden die in den Adelsstand erhobenen Wissenschaftler Georg Friedrich von Reichenbach und Joseph von Fraunhofer, verbunden mit der programmatischen Inschrift DEM VERDIENSTE SEINE KRONEN. Ludwig I. hatte bei diesen und anderen Gedenkmünzen wahr gemacht, was der Berliner Gelehrte Friedrich Gedicke schon 1790 angeregt hatte, nämlich herausragende Persönlichkeiten, vor allem Künstler und Gelehrte, durch Sonderprägungen zu ehren, die von Hand zu Hand gehen und den Ruhm ihres Landes und Herrschers bis in ferne Gegenden tragen.

Indem Ludwig I. Gedenkmünzen mit Ansichten von Denkmälern und Bauwerken versehen ließ und weitere Themen ins Programm nahm, sorgte er für eine größere Verbreitung dieser unter seiner Herrschaft errichteten Staatsbauten und die damit verbundenen Botschaften, als das durch Medaillen möglich gewesen wäre. Zu nennen sind die vom Grafen von Schönborn errichtete Verfassungssäule, die Denkmäler zur Erinnerung an die 30 000 im "russischen Krieg" gefallenen Bayern, ferner auf die Anhänglichkeit der Bayern an seinen Herrscherstamm sowie zur Trennung der Königin Therese von ihrem Sohn Otto, der nach Griechenland ging und dort als König herrschte. Wichtige politische Ereignisse wie der Abschluss des Zollvereins mit Preußen, Sachsen, Hessen und Thüringen und der Beitritt Badens zum Zollverein sowie die durch eine stehende Moneta mit kleiner Spindelpresse zu den Füßen symbolisierte Münzvereinigung süddeutscher Staaten, aber auch die Eröffnung der "ersten Eisenbahn in Teutschland mit Dampfkraft von Nürnberg nach Fürth" wurden auf Gedenkmünzen gewürdigt, um nur einige Themen zu nennen.

Einzigartige Histoire métallique

Die Geschichtsmünzen müssen sehr beliebt gewesen sein. Schon 1834 heißt es in einer "Bayerns Ehrenbuch" genannten Veröffentlichung von G. Krämer über die ersten von Carl Voigt gestalteten Gedenkausgaben des kunst- und baufreudigen Königs Ludwig I. von Bayern: "Die Reihe solcher Geschichts-Conventions-Thaler und Denkmünzen, die bereits aus der Königlichen Münzstätte zu München hervorgingen, bieten eine Erscheinung dar, wie sie gegenwärtig im ganzen Gebiet der Münzen kein anderer Staat aufzuweisen vermag. […] So bedeutend auch die Massen sind, in welchen die Geschichs-Thaler in der Königlichen Münze ausgeprägt und von da aus zahlreich verbreitet wurden, so kommen sie doch bis jetzt im täglichen Verkehr noch selten vor, - der Beweis, wie ganz besonders werth sie von ihrem jedesmaligen Besitzer gehalten werden; aber nichts desto weniger erreichen sie doch ihren Haupt-Zweck bei der lebenden Generation: den edlen Stolz der Nation auf solche Ehren-Monumente ihrer Tugend lebendig zu erhalten und zu nähren, was stets die sicherste Stütze der Vaterlandsliebe ist."

Die bayerischen Geschichtstaler stellen eine einzigartige "Histoire métallique" dar, die ihresgleichen in der deutschen und europäischen Münzgeschichte sucht. Ludwig I. ehrte mit ihnen nicht nur sich selbst und seine Familie, sondern auch Ereignisse und Gestalten, die für ihn und sein Land bedeutsam waren, und er deutete mit diesen Münzen das Woher und Wohin der Monarchie an. Die Geschichtstaler hatten eine klare politische und kulturelle Zielstellung. Sie sind mehr als eine sich in frisch geprägtem Silber ausdrückende Marotte eines schönheitsbegeisterten, von Griechenlandsehnsucht befallenen Monarchen, sondern eine für ihn charakteristische Antwort auf drängende Fragen seiner Zeit und auf die offenen beziehungsweise versteckt vorgetragenen Anfeindungen, derer er sich ausgesetzt sah. Jenseits der glänzenden Fassade, die der baubegeisterte König aufgerichtet hatte, litt Bayern unter einer unterentwickelten Infrastruktur. Der Zustand seiner Straßen entsprach nicht den Anforderungen der Zeit, Lehrer waren schlecht bezahlt, Schulen befanden sich in miserablem Zustand. Die Schere zwischen Arm und Reich, Anspruch und Wirklichkeit öffnete sich immer mehr. Hinzu kam, dass die breite Öffentlichkeit den königlichen Staatsbauten und Denkmalstiftungen wenig abgewinnen konnte. Sie hielt diese schlicht für viel zu kostspielig und überflüssig, wie später übrigens auch die Märchenschlösser, die später der egozentrische Ludwig II. zu seinem Privatvergnügen überall im Land errichten ließ.

Nach der Abdankung Ludwigs I. führte sein Sohn und Nachfolger Sohn Maximilian II. die Serie der Gedenkmünzen noch eine Zeitlang weiter. So finden wir auf ihnen unter anderem die Standbilder der Komponisten Willibald Ritter von Gluck und Orlando di Lasso. An die unter Ludwig I. geprägte Silbermünzen mit der Ansicht der als Ruhmeshalle berühmter Deutscher errichteten Walhalla bei Donaustauf unweit von Regensburg schloss sich die mit Bildnissen bedeutender Militärs geschmückte Feldherrnhalle in München an. Offenbar ließ unter Maximilian II. das Interesse an Geschichtsmünzen nach, sein Sohn Ludwig II. verzichtete ganz, vom bayerischen Siegestaler des Jahres 1871 abgesehen.

Zeitereignisse und Vaterlandsliebe Ungeachtet vieler Lobpreisungen fanden die bayerischen Geschichtstaler in den Staaten des damaligen Deutschen Bundes geringen Widerhall und Nachahmung, obwohl man auch anderenorts wichtige politische, militärische und andere Ereignisse sowie Gestalten der Geschichte durch Standbilder und Ehrensäulen feierte. Da und dort geprägte Gedenkmünzen unterstreichen das Bemühen einzelner Fürstentümer und Freier Städte, auf Zeitereignisse zu reagieren und patriotische Gefühle zu entfachen. Doch reichen sie nur selten an die Qualität der bayerischen Geschichtstaler heran. Erwähnt sei, dass es nach der deutschen Reichseinigung von 1871 nicht erlaubt war, Gedenkmünzen zu prägen. Als 1901 diese Bestimmung aufgehoben wurde, begann sogleich eine reichhaltige Emission. Allerdings wurden mit ihr keine bedeutenden Vertreter von Kunst und Kultur wie seinerzeit in Bayern gewürdigt, sondern Landesfürsten sowie staatliche Jubiläen. Erst nach dem Ende der Monarchie im Ergebnis der Novemberrevolution von 1918 und der Gründung der Weimarer Republik war es möglich, das Themenspektrum der Kurs- und Gedenkmünzen wesentlich auszuweiten, das Design den neuen politischen Verhältnissen anzupassen und bedeutende Vertreter der deutschen Geschichte und Kultur zu ehren.

20. September 2021

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