Falsch datiert und aus schlechtem Silber
Wie im 18. Jahrhundert Kriegskosten auf die mecklenburgischen Herzogtümer abgewälzt wurden



Herzog Christian Ludwig von Mecklenburg-Schwerin trägt die Insignien des russischen Andreas-Ordens,neben ihm sein Nachfolger Friedrich, genannt der Fromme, dessen Land im Siebenjährigen Krieg von preußischen Truppen heimgesucht und ausgebeutet wurde.



Das 1772 bis 1776 nach Plänen von Johann Joachim Busch erbaute Schloss Ludwigslust ist eine Perle spätbarocker Architektur, angefüllt mit Einrichtungsgegenständen und Kunstwerken aus dem berühmten Ludwigsluster Karton.



Das Achtgroschenstück von 1753 mit dem Brustbild von Christian Ludwig II. ist eine rückdatierte Kriegsprägung.



Wenn Kleinmünzen wie die in Neustrelitz geprägten Sechsteltaler in exzellenter Erhaltung angeboten werden, sind ihnen gute Preise sicher. Denn die meisten vor, im und auch nach dem Siebenjährigen Krieg geprägten Geldstücke verschwanden im Schmelztiegel, um aus ihnen neue Münzen oder Silbersachen herzustellen.



Der von dem Bildhauer Wilhelm Jäger gestaltete Mudder-Schulten-Brunnen ist eine liebevolle Verbeugung vor einer resoluten Neubrandenburgerin, die sich von ihrem Herzog nicht einschüchtern lässt.



Die borussische Propaganda gab sich im 18. und 19. Jahrhundert viel Mühe, die Kriege Friedrichs des Großen um Schlesien und weitere Kriege als gerecht und ihren königlichen Anführer als um seine Leute besorgtes Staatsoberhaupt zu preisen. Dabei ging es in diesen Kriegen auch um die Befriedigung persönlicher Eitelkeiten des Königs von Preußen, für die ein schrecklicher Blutzoll gezahlt wurde und Volkswirtschaften an den Rand des Zusammenbuchs gerieten.



Aus der Schweriner Münze stammt dieses Silberstück zu 32 Schilling. Es wurde 1764 geprägt und zeigt das mecklenburgische Wappen mit den Insignien des dänischen Elefantenordens. (Fotos/Repros: Caspar)

Als der preußische König Friedrich II., genannt der Große, am 29. August 1756 seine Truppen in Kursachsen einmarschieren ließ, war nicht abzusehen, dass dieser dritte Schlesische Krieg sieben Jahre dauern und sowohl Preußen als auch den Herrschaftsbereich des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II., der als König von Polen August III. hieß, an den Rand des Abgrundes bringen würde. Betroffen von dem Kampf um die zum Reich der Habsburger gehörenden Provinz Schlesien waren mit unterschiedlicher Härte auch Nachbarländer von Brandenburg-Preußen, darunter die beiden mecklenburgischen Herzogtümer Schwerin und Strelitz. Der Preußenkönig sah sich zur Eröffnung der Kampfhandlungen ermuntert, weil Frankreich und England gerade um ihre amerikanischen Kolonien Krieg führten und auf dem europäischen Kontinent abgelenkt waren. Außerdem wusste er, dass Österreich versuchen wird, Preußen die in den Schlesischen Kriegen von 1740 bis 1742 sowie von 1744/45 eroberten Herzogtümer wieder abzujagen.

In den ersten beiden Schlesischen Kriegen hatte Preußen sein Territorium um ein Drittel vergrößert. Doch richtig froh konnte sein König nicht sein, denn Schlesien war ein unsicherer Besitz. Kommendes Ungemach voraussehend, stockte Friedrich II. in den Friedensjahren bis 1756 seine Truppen auf, füllte den Staatsschatz, hielt Manöver ab und streckte seine Fühler zu potenziellen Verbündeten aus. Er hätte mit den Ergebnissen der Schlesischen Kriege zufrieden sein und seine Bauleidenschaft und andere Liebhabereien pflegen können, denn man nahm ihn als politischen Partner und Faktor im europäischen Machtgefüge wahr und machte ihm kostbare Geschenke.

Verlangen nach Ruhm und Süßigkeit der Ruhe

Aber es kam anders, denn der von seinem Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., gedemütigte Monarch war von dem Ziel getrieben, sein Land zu vergrößern und damit auch in der Riege der Großen und Mächtigen des damaligen Europa gleichberechtigt mitspielen zu können. "Meine Jugend, das Feuer der Leidenschaften, das Verlangen nach Ruhm, ja, auch um Dir nichts zu verbergen, selbst die Neugierde, mit einem Wort ein geheimer Instinkt, hat mich der Süßigkeit der Ruhe, die ich kostete, entrissen, und die Genugtuung, meinen Namen in den Zeitungen und dereinst in der Geschichte zu lesen, hat mich verführt", beschrieb Friedrich II. seinem literarischen Berater Jordan die Motive, sich in ein neues Kriegsabenteuer zu stürzen und damit hohe Opfer an Blut und Gut zu riskieren.

Herzog Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, genannt der Fromme, der 1756 seinem Vater Christian II. Ludwig auf dem Thron folgte und bis 1785 regierte, stellte sich auf die Seite der Gegner des Königs von Preußen, hoffte er doch auf dessen Niederlage und auf die Inbesitznahme verpfändeter Ländereien und neuen Gebietszuwachs. Seine Ansprüche reklamierte der Schweriner am kaiserlichen Hof in Wien, und um ihnen Nachdruck zu verleihen, stellte er im Siebenjährigen Krieg der kaiserlichen Streitmacht mecklenburgische Landeskinder, wie man sagte, zur Verfügung. Auch mit dem französischen König Ludwig XV. schloss der Herzog, der sich auf der siegreichen Seite wähnte, einen Hilfs- und Unterstützungsvertrag. Doch verrechnete sich der Mecklenburger, denn am Ende des Siebenjährigen Krieges 1763 zählte Preußen zu den Gewinnern, und Mecklenburg-Schwerin sah sich einem riesigen Staatsdefizit gegenüber.

Preußens Hunger nach Soldaten

Die die mecklenburgische Münz- und Geldgeschichte der mecklenburgischen Herzogtümer und ab 1815 Großherzogtümer zwischen 1492 und 1872 verlief, hat der Berliner Numismatiker Michael Kunzel 1994 in einem umfangreichen Katalog mit Bildern und Beschreibungen der betreffenden Geldstücke und ihrer vielen Varianten anhand kaum erschlossener Akten und Dokumente mustergültig erfasst und analysiert. Darin spielen auch die Kriegsprägungen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und andere Ausgaben als Beispiele eine Rolle, die man in Kriegs- und Krisenzeiten Geldsstücke für Militärausgabe, Kontributionen und die Schuldentilgung herangezogen hat. Was kleinen Gaunern streng verboten war und unbarmherzig mit Schwert und Strick geahndet wurde, haben Fürsten praktiziert, denn sie waren nach damaliger Rechtsauffassung unantastbar und standen über dem Gesetz.

Der Strelitzer Herzog Adolf Friedrich IV. verhielt sich in den Schlesischen Kriegen gegenüber Preußen neutral und vermochte damit sein kleines Land weitgehend aus dem Krieg herauszuhalten. Anders erging es dem Schweriner Landesteil, der von Plünderungen, Brandschatzungen, Truppendurchzügen und gewaltsamen Anwerbungen für die preußische Armee gebeutelt wurde. Zwar war Mecklenburg-Schwerin kein Hauptkriegsschauplatz, die Wirkungen des Kampfes um Macht und Ländereien aber lasteten schwer auf seinen Bewohnern. Wenn nicht preußische Regimenter im Lande hausten und sich nahmen, was zu holen war, dann waren es die Schweden, die auf der Seite der antipreußischen Koalition standen, obwohl eine Schwester des Preußenkönigs auf dem Thron in Stockholm saß. In Machtfragen zählten familiäre Bindungen wenig.

Von Schwein nach Ludwigslust

Angesichts der hohen Verluste an Soldaten bei seinen Kriegszügen entwickelte der König von Preußen einen regelrechten Hunger nach Soldaten. Da er das Schweriner Herzogtum als Feindesland betrachtete, ließ er mecklenburgische Männer in preußische Uniformen stecken. Der Herzog musste ohnmächtig zusehen, wie sich fremde Truppen in seinem Reich breit machten. Dass die in den blauen Rock des Königs von Preußen gezwungenen Mecklenburger wenig Lust zum Kämpfen für eine Sache hatten, die nicht ihre war, liegt auf der Hand. Wer konnte, versteckte sich in den vielen, meist kleinen Städten und auf dem Dorf. Unter diesen Bedingungen konnten Gewerbe und Landwirtschaft nicht gedeihen, was zusätzlich zu den Kriegsfolgen zum Niedergang der Wirtschaft beitrug.

Der Strelitzer Herzog Adolf Friedrich IV. förderte das Schulwesen und die Tuchfabrikation, und er nahm mecklenburgische Juden unter seinen Schutz. Er verlegte sein Residenz um 1763 von Schwerin nach Ludwigslust, wo er einen prächtigen Palast, die Hofkirche (heute Stadtkirche) und Bauten für seine Angestellten errichten ließ. Da er beim Schlossbau sparen musste, bestehen viele Bauelemente, Wandverkleidungen und Skulpturen nicht aus Marmor oder Bronze, sondern aus farbig bemalter und vergoldeter Pappe, auch Pappmaché genannt. Ihre Fertigung in der Herzoglichen Cartonfabrik waren so erfolgreich, dass man die Figuren und Architekturelemente auch in andere Ländern liefern konnte. Als Rohstoff wurde überall im Lande Altpapier gesammelt und in einem komplizierten Verfahren in Kunst verwandelt.

Mudder Schulten fordert Geld vom Herzog

Der Schriftsteller Fritz Reuter hat dem als "komischer Vogel" bezeichneten Herzog in seinem Roman "Dörchläuchting" ein eindrucksvolles literarisches Denkmal gesetzt. Ein Brunnen von 1923 zeigt in Neubrandenburg, wie die resolute Bäckersfrau Mudder Schulten den von Angst vor Blitzeinschlag und Aberglauben gepackten Adolf Friedrich IV. auffordert, die Rechnung für Backwaren zu bezahlen, die sie zwei Jahre lang an den Hof geliefert hat. Da sich aber die "kleine Durchlaucht" beim Bau eines Palais in Neubrandenburg verausgabt hatte, war er dazu nicht imstande. Es kam auf offener Straße zu einem, durch die Brunnenfiguren aus dem Jahr 1923 dargestellten heftigen Wortwechsel. Die Inschrift "Impertinentes Frauensmensch! Rep hei un stödd ehr de Reknung ut de Hand" ("Impertinentes Frauensmensch, rief er aus und riss ihr die Rechnung aus der Hand") ist ein Zitat aus Reuters Humoreske. Ursprünglich stand der Brunnen vor dem Rathaus, nach dessen Zerstörung am Ende des Zweiten Weltkriegs hat man ihn an seinen jetzigen Platz unweit des Bahnhofs, dem Fritz-Reuter-Denkmal gegenüber, umgesetzt.

Als im Februar 1763 der Siebenjährige Krieg durch den Frieden von Hubertusburg beendet wurde, der die preußischen Besitzansprüche auf Schlesien bestätigte, errechnete der Schweriner Hof einen Schaden von über 15 Millionen Talern. In Mecklenburg-Strelitz war die Lage günstiger. Das Herzogtum hatte sich weitgehend aus dem Krieg herausgehalten und stand es weniger lädiert als der Schweriner Nachbar da. Er wirkte sich, so paradox das klingt, sogar förderlich auf Strelitzer Handel und Wandel aus. Denn pfiffige Kaufleute und Gewerbetreibende nutzten die Neutralität ihres Landes, um mit allen Kriegsparteien Geschäfte zu machen.

Hoffnung auf gewaltigen Profit

Selbstverständlich rüttelten die Kriegsereignisse an den Finanzen der weitgehend agrarisch geprägten Herzogtümer, denn die Kosten wurden weitgehend auch auf die Bevölkerung abgewälzt. Dafür fand Friedrich Schiller in seinem Drama "Wallenstein" die Formulierung "Der Krieg ernährt den Krieg". Ein übliches Mittel dazu war die Herabsetzung des Feingehalts und Gewichts des Silbergeldes. Herzog Friedrich kurbelte die Geldfabrikation in seiner Hauptstadt Schwerin an, versprach er sich doch davon einen gewaltigen Schlagschatz, wie man zum Profit aus der Münzprägung sagte. Das war ein damals übliches, auch in anderen Territorien praktiziertes Verfahren, was regelmäßig zu Ärger und Verboten unterwertiger Sorten führte. Wenn man das Hartgeld nur ein wenig schlechter als nach Vorschrift ausbringt, konnte der Gewinn beträchtlich sein, wie überhaupt man mit der

Herzog Friedrich befahl die Anfertigung von minderwertigen Kriegsmünzen, doch sollten sie weder sein Bildnis noch seinen Namen tragen. Vielmehr ordnete er an, dafür Stempel seines Vaters Christian II. Ludwig zu verwenden. Die so produzierten Nominale taten so, als seien sie noch gute altes "Friedensgeld". Zahlreiche Drittel-, Sechstel- und Zwölfteltaler sowie kleinere Werte stammen also nicht aus der Regierungszeit von Christian II. Ludwig, sondern sind Erzeugnisse aus den Jahren 1758 und danach. Auf den Kriegsmünzen erkennt man das Brustbild "Unsers in Gott ruhenden Herrn Vaters Gnaden", wie es in einem herzoglichen Dekret heißt. Andere Werte sind mit dem Landeswappen oder dem Stierkopf geschmückt.

Verlagerung nach Eutin und zurück

Als die Landeshauptstadt Schwerin 1759 von preußischen Truppen heimgesucht wurde, war auch die herzogliche Münze nicht mehr sicher. Die technisch gut ausgerüstete Geldfabrik wurde mit fast aller Maschinerie kurzerhand nach Lübeck evakuiert. Was den Preußen in die Hände fiel, wurde rachsüchtig zerstört, ein Kriegsverbrechen, vor dem Friedrich II. auch in Sachsen nicht zurück schreckte. In Lübeck aber konnte die Münze nicht dauerhaft bleiben, und so wurde ein Ausweichquartier in Eutin eingerichtet. Dort stellte der Bischof Friedrich August von Holstein-Gottorp ein Münzhaus und weitere Immobilien zur Verfügung.

Nach dem Siebenjährigen Krieg ging Friedrich von Mecklenburg-Schwerin wieder zu regulärer Münzprägung über und ließ gutes Silbergeld mit seinem Namen und Wappenschild prägen, um das die Kette des dänischen Elefantenordens gelegt ist, dessen Ritter er war. Kleine Werte zeigen sein Monogramm "F" unter einer Krone. Die Abkehr vom minderwertigen Kriegsgeld war notwendig, weil man mit ihm keine Geschäfte mehr tätigen wollte und auch die Staatskasse neues und gutes Geld benötigte. Die Schweriner Münze wurde auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Dazu wurden auch Maschinen und Geräte aus Eutin herbeigeschafft.

Das in Schwerin hergestellte Geld reichte allerdings bei weitem nicht aus, dem Münzmangel im Lande abzuhelfen, der noch dadurch verschärft wurde, dass die guthaltigen Stücke in den Hamburger Silberhandel abwanderten. Die herzoglichen Untertanen, die Ämter und die Advokaten taten alles, sich des schlechten Kriegsgeldes zu entledigen und es in neues, besseres Geld umzutauschen, was allerdings mit erheblichen Verlusten und viel Verdruss verbunden war. Die meisten Münzen aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges wanderten in die Schmelztiegel. Sammler sind heute froh, wenn sie solche Zeitdokumente in ordentlicher Erhaltung preiswert bekommen.

2. Dezember 2021

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