Heilkunde im Spiegel der Medaillen
Zum Thema "Medicina in nummis" gibt es gute Literatur, und der Münzhandel hält interessante Angebote bereit



Als Amulette und Mutmacher waren im 16. Jahrhundert geprägte Pesttaler mit Szenen von der Kreuzigung und Auferstehung Christi beliebt.







Der Taler von 1682 sowie die Medaillen von 1683 und von 1831 feiern das Ende der Pest in Magdeburg und Erfurt sowie der Cholera in Breslau. Sie zeigen, wie die Pest aus der Stadt vertrieben und wie ein Engel die Epidemie bezwingt.



König Friedrich Wilhelm III. von Preußen belohnte um 1800 mit dieser Medaille Mediziner und andere Menschen, die sich für die Kuhpockenimpfung einsetzten und damit der Seuche Einhalt geboten.



Dem Lyoner Zahnarzt Dr. G. Martin wurde 1909 diese dem Jugendstil verpflichtete Plakette gewidmet, die ihn bei der Arbeit zeigt.



Rudolf Virchow und andere berühmte Mediziner auf Münzen und Medaillen sind beliebte Sammelstücke.





Mit Gedenkmünzen der beiden deutschen Staaten wie diesen zu Ehren von Albert Schweitzer sowie Robert Koch und Max von Pettenkofer könnten am Anfang einer Sammlung zum Thema "Medicina in nummis" stehen. Dort hinein gehören auch Verdienstmedaillen der DDR wie diese zum Titel "Verdienter Arzt des Volkes" mit dem Kopf von Robert Koch. (Fotos/Repros: Caspar)

Seit uralten Zeiten erfreuen sich Mediziner großer Wertschätzung, einige werden sogar als christliche Heilige oder auch als "Götter in Weiß" verehrt. Bereits im 18. Jahrhundert waren die Heilkunde und Vertreter dieses Faches Thema von Münzen und Medaillen. Doch erst im 19. Jahrhundert avancierte dieses Sujet zu einem beliebten Sammelgegenstand und Forschungsthema. Zahlreiche Publikationen beschäftigen sich mit dem umfangreichen Gebiet "Medicina in nummis". Spezialisten dürfte der Katalog der Sammlung des Triester Augenarztes Josef Brettauer (1835-1905) bekannt sein, den 1937 der Wiener Numismatiker Eduard Holzmair unter dem Titel "Medicina in nummis" veröffentlicht hat. Wer das illustrierte Buch und weitere Grundlagenwerke dieser Art besitzt, darf sich glücklich schätzen. In großen Bibliotheken und Münzkabinetten dürften sie zum Studium bereit liegen.

Erfasst werden darin Münzen und Medaillen, die anläßlich von Geburtstagen, Jubiläen und zum Tod von bedeutenden Ärzten und Pharmakologen geschaffen wurden. Eingeschlossen sind Prägungen, die mit Porträts, Gebäudesichten und Allegorien alles in Erinnerung halten, was mit Medizin und Gesundheitspolitik zu tun hat. Es geht weiter mit Belegstücken, die den Kampf gegen Krankheiten sowie mit ihnen oft verbunden mit Hungerkatastrophen sowie bedeutende Entdeckungen auf medizinischem Gebiet darstellen und auch dafür werben, gesund zu leben und zu ernähren. In eine solche Sammlung gehört nicht zuletzt auch geprägtes Metall, auf denen Heilpflanzen abgebildet sind. Von hier aus ist es nicht weit, um in das Nachbargebiet "Akademien, Universitäten und Hochschulen auf Münzen und Medaillen" zu gelangen. Wer sich Münzen und Medaillen zu medizinischen Themen verschrieben hat, beackert ein "weites Feld", um mit Theodor Fontage zu sprechen, der von Hause aus Apotheker war. In der Antike wurden Heilgötter auf Münzen gefeiert.

Amulette udn Zaubersprüche halfen wenig

Weiter in die Vergangenheit gehend, wird man erfahren, dass zur Abwehr der Pest vor Jahrhunderten spezielle Amulette am Körper getragen oder an der Kleidung befestigt wurden. Allerdings dürften sie udn allerlei Zaubersprüche und Flüche wenig geholfen haben, denn Viren und Bakterien rafften in vielen Ländern unzählige Menschen dahin. Im Umlauf waren Prägestücke, die an todbringende Seuchen erinnern und die Gläubigen zu gottesfürchtiger Lebensweise mahnen. Die oft mit Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament geschmückten Stücke kommen oft vergoldet und mit einem Henkel oder einem Schmuckrand versehen vor. Die große Zahl der Stempelvarianten deutet darauf hin, dass die Pestmedaillen oder Pesttaler beliebt und weit verbreitet waren. Sie sind in dem Werk von Ludwig Pfeiffer und Carl Ruland "Pestilentia in nummis" (Tübingen 1882) und in anderen Büchern publiziert. Man findet manche überdies zahlreiche Stücke auch in Auktionskatalogen und Verkaufslisten des Münzhandels.

Gottesfurcht, Reinlichkeit und Enthaltsamkeit

Die seit der Erfindung der Buchdruckerkunst Mitte des 15. Jahrhunderts überall in Umlauf gesetzte Pestliteratur riet, sich vor Totengräbern, Leichenwäschern, Abdeckern, Henkern, Krüppeln, Zigeunern, Hexen und Juden fernzuhalten und alles Saufen, Ehebrechen und andere Todsünden zu unterlassen. Als bestes Mittel, der nach Hunger und Krieg zu den großen Plagen der Menschheit zählenden Pest zu entkommen, wurden Gottesfurcht, Reinlichkeit und Enthaltsamkeit sowie Flucht in entlegene Gebiete gepriesen, was allerdings zur Folge hatte, dass die Pest auch dort eingeschleppt wurde und grassierte. Erst im Laufe des 16. Jahrhunderts schwante einigen besonders hellsichtigen Medizinern, dass nicht giftige Winde und sündiges Leben Auslöser der Pest sind, sondern gewisse "Körperchen", die die Seuche von Mensch zu Mensch übertragen. Deshalb wurde zur Abwehr geraten wurde, die Wohnungen auszuräuchern sowie allerlei Gewürze im Mund kauen und heilsame Kräuter in der Kleidung mit sich zu führen.

In der Literatur werden Pestmünzen und -medaillen aus Berlin, Braunschweig, Breslau, Erfurt, Hamburg, Magdeburg, Regensburg und Wien erwähnt, doch müssen weitere Ausgaben hinzu gerechnet werden, denn Seuchen und mit ihnen verbundene Abwehrmaßnahmen einschließlich von Impfkampagnen waren ein großes Thema. 1682 brachte Magdeburg einen Gedenktaler heraus, der an die Überwindung der Pest erinnert, die 1681 und 1682 in der Stadt an der Elbe gewütet und mindestens 2649 Todesopfer gefordert hatte. Auf der Vorderseite erkennt man unter dem Stadtwappen das von der aufgehenden Sonne bestrahlte Panorama an der Elbe, über die eine Brücke führt. Auf der Rückseite zeigen zwei in einer Flusslandschaft stehende Frauen auf den Tod, der am rechten Rand in ein Gebirge davon reitet, beobachtet vom göttlichen Auge. Auch für Erfurt war die Überwindung der Pest die Prägung einer Medaille von 1683 mit barocker Allegorie wert, auf der ein Engel über die Seuche triumphiert. Würden wir systematisch die numismatischen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren durchforsten, kämen wir auf eine stattliche Zahl solcher Zeugnisse der Dankbarkeit für die Überwindung einer tödlichen Gefahr.

Die Herstellung von Pesttalern mit Kreuzigungs- und Auferstehungsszenen war ein lukratives Geschäft, und eines der Zentren war die böhmische Bergstadt Sankt Joachimsthal, die uns als Geburtsort und Namensgeber des Joachimsthalers oder Talers bestens bekannt ist. Die kunstvoll gestalteten Prägungen zum Thema Pest zu bekommen, bedarf großer Mühe und Geduld, aber hier hilft der Münzhandel, der solche Stücke immer wieder im Angebot hat. Einfacher und preiswerter ist es, wenn man nach Münzen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland zu Ehren bedeutender Mediziner sowie nach Medaillen Ausschau hält, die an sie erinnern. Nach ihnen systematisch zu suchen, bringt auch medizinischen Laien viel Freude und neue Erkenntnisse.

29. August 2021

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