"Gottes Freund, der Pfaffen Feind"
Spottmünzen des braunschweigischen Herzogs Christian aus dem Jahr 1622 wurden bis ins 18. Jahrhundert nachgeprägt



Das Porträt des 1599 geborenen Christian von Braunschweig, der von 1617 bis 1627 auch Bischof von Halberstadt war, ist geschmückt mit einem Pfaffenfeindtaler von 1622 und einem Sterbetaler von 1627 mit dem Band des englischen Hosenbandordens, dessen Ritter der Herzog war, und macht zugleich Werbung für die aus Kirchensilber bestehenden Spottmünzen. Rechts wird auf dem Kupferstich eine Werbeszene gezeigt, wo einem jungen Burschen Geld gegeben und ihm in Aussicht gestellt, das Huren und Fluchen bald zu lernen.





Die Pfaffenfeindtaler des "tollen Christian" von 1622 waren sehr beliebt, worauf auch die Verwendung mehrerer Prägestempel und nachträgliche Veränderungen weisen (oben Original, darunter Nachprägung mit Jesuitenkäppchen).



Der Kupferstich nach Jacques Callot aus dem Jahr 1633 schildert, wie Bauern in ihrer Wut an Soldaten grausame Rache für Verbrechen an ihnen nehmen.



Das niederländische Flugblatt schildert die Transformation des in Paderborn von Christian erbeuteten Liborius-Schreins in die Pfaffenfeindtaler. Sie sind mit Szenen aus dem Dom St. Marien, St. Liborius und St. Kilian und rechts unten einer Münzwerkstatt abgebildet.



Der seltene Halbtaler von 1627 wurde zum frühen Tod des braunschweigischen Herzogs geprägt. der auch Ritter des englischen Hosenbandordebns war.

Es ist mehr als ein halbes Jahrtausend her, dass in Tirol der Taler aus der Taufe gehoben wurde. Anfangs Guldengroschen oder Neue Münze genannt, erhielt die rund 31 Gramm schwere, später aber leichtere Silbermünze im frühen 16. Jahrhundert den Namen Joachimsthaler, Thaler oder Taler. Wie man sie auch nannte, diese Silbermünzen spielten als Mittel fürstlicher oder städtischer Repräsentation sowie als geprägte Andenken und Amulette eine große Rolle. Dass sie gelegentlich als Schmuck getragen wurden, zeigen Löcher und angelötete Henkel. Nicht immer fällt es uns heute leicht, die Bilder und meist lateinisch und Abkürzungen abgefassten Inschriften von Münzen zu entschlüsseln. Da helfen durchaus Beschreibungen und Deutungen aus der Entstehungszeit weiter, weil die Autoren viel näher an der Entstehungsgeschichte dran waren und ihnen andere Quellen zur Verfügung hatten als die, die wir heute nutzen. Womit auch gemeint ist, mal wieder in alte Bücher und Zeitschriften zu schauen, die auf der einen Seite längst überholt sind, auf der anderen Seite aber lesens- und zitierenswert sind.

Rätselhafter Taler des "tollen Christian"

Viel Rätselraten gibt es seit dem frühen 17. Jahrhundert rund um den so genannten Pfaffenfeindtaler. Der braunschweigische Herzog Christian, den seine Feinde von der katholischen Liga auch den "tollen Christian" nannten, ließ die mit dem Motto GOTTES FREVNDT DER PFAFFEN FEINDT 1622 versehenen Spottmünzen aus dem Silber vor allem des Liborius-Schreins im Dom zu Paderborn prägen, nachdem er und seine Leute die alte Bischofsstadt erobert und geplündert hatten. Die Verwendung von Silbergeschirr, aber auch von Skulpturen und anderen Gegenständen aus dem Edelmetall für die Münzprägung, war damals gang und gäbe. Dass allerdings die Figur eines von den Katholiken verehrten Heiligen mitten im Dreißigjährigen Krieg von einem Heerführer aus dem protestantischen Lager eingeschmolzen und in Propagandamünzen verwandelt wird, war ein Politikum ersten Ranges und wurde je nach politischer und religiöser Ausrichtung als Teufelswerk und Ketzerei verurteilt beziehungsweise als Sieg über die "verdammten Papisten" gefeiert, wie man damals zu den Katholiken sagte.

Christian von Braunschweig kam am 20. September 1599 in Schloss Groningen an der Bode als Sohn von Herzog Heinrich Friedrich von Braunschweig-Wolfenbüttel zur Welt. Als Spätgeborener konnte er nicht die Nachfolge seines Vaters antreten, weshalb er zwecks standesgemäßer Versorgung im zarten Alter von 17 Jahren zum Bischof von Halberstadt gewählt wurde. Im Besitz weiterer Pfründe ging er allerdings nicht in seinem geistlichen Amt nach, sondern erwarb sich zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs einen Ruf als tollkühner General, die Söldner magisch anzog. Die bei seinen Kriegszügen erbeuteten Schätze erlaubten ihm, eine Art Privatarmee aufzustellen, die neben den großen Heerscharen und zum Ärger ihrer fürstlichen Anführer raubend und mordend durch die Lande zog und ihnen Beute abjagte.

Krieg ernährt den Krieg

Nach dem Motto "Krieg ernährt den Krieg" mussten die Bürger in den Städten und die Bauern auf dem Land für die Versorgung der Soldaten aufkommen und ihnen Lebensmittel und andere Güter liefern. Manchmal konnten sie sich durch Zahlung von zum Teil bedeutenden Geldsummen freikaufen und wurden in Ruhe gelassen. Welche Werte dem "tollen Christian" und seinen Leuten in die Hände fielen, mögen Angaben aus damaligen Chroniken erhellen. In Soest fiel dem Braunschweiger der Paderborner Domschatz im Werte von gewaltigen 330 000 Talern anheim, der dem Propst des Patroklistiftes zur Aufbewahrung anvertraut war. Im Kloster Olinghausen eignete er sich gewaltigen Schatz des verstorbenen Bischofs von Paderborn, Dietrich von Fürstenberg, an. Die gewaltige Menge von 50 Zentnern an Silbertalern, 63 Säcken mit Goldmünzen jeweils im Wert von 500 Reichstalern, und vielen anderen wertvollen Kunstgegenständen aus Gold und Silber. Diese und weitere Beutezüge setzten Christian in den Stand, seine militärischen Ambitionen auszuleben. Seine militärische Karriere hatte Christian 1620 als Dragonerhauptmann im Dienst des aus der Pfalz stammenden Kurfürsten Friedrich V. begonnen, der in Böhmen nur einen Winter lang als König regierte. Nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag am 8. November 1620, die die katholische Liga für sich entschied, floh der "Winterkönig" über Schlesien und Brandenburg in die Niederlande, wo er auch den "Halberstädter" traf. Ein von Friedrich V. erteiltes Patent berechtigte ihn zur Anwerbung von Reitern und Fußsoldaten. Damit begann Christians Karriere als Heerführer. Mangel an Gefolgsleuten hatte er nicht. In der Hoffnung auf "schnelles Geld" und raschen Aufstieg stellten sich Abenteurer, Glücksritter, Kriminelle und sogar Adlige aus dem Rheinland und Niedersachsen unter seinen Befehl. Was man von seinen Raubzügen hielt, geht aus diesem Lied hervor: "Horch Kind, horch wie der Sturmwind weht und rüttelt am Erker./ Wenn der Braunschweiger draußen steht, der fasst uns noch stärker./ Lerne beten, Kind und falten fein die Händ, / dass noch Gott den tollen Christian / von uns wend." Nicht immer war das Kriegsglück dem "tollen Christian" hold. Die Kaiserlichen waren ihm auf den Fersen. Da er auf Dauer nicht allein agieren konnte, schloss er sich König Christian IV. von Dänemark an und fand am 6. Mai 1626, erst 27 Jahre alt, in Wolfenbüttel den Tod. Dieser war die Prägung von seltenen Sterbemünzen wert.

Aufgespießtes Jesuitenkäppchen

Von den Pfaffenfeindtalern, auf denen ein geharnischter Arm mit Schwert aus einer Wolke herausschaut, gibt es zahlreiche Varianten und Abweichungen, und es kommen auch Nachprägungen aus der Zeit um 1671 vor, als sich Herzog Rudolph von Braunschweig-Wolfenbüttel mit dem Bischof von Münster, Christoph Bernhard von Galen, befehdete. Diese Stücke sind an einem von Jesuiten getragenen Käppchen, auch Birett genannt, an der Spitze eines Schwertes zu erkennen und erinnern an den Kampf der Protestanten gegen die Katholiken und speziell gegen die Jesuiten, der nach dem Dreißigjährigen Krieg an Fahrt aufnahm. Von den zur Bezahlung der herzoglichen Truppen, aber auch zur antikatholischen Propaganda verwendeten Silbermünzen kommen auch Doppelstücke sowie Dukaten vor, die ausgesprochen selten und teuer sind. Da sie mitunter gefälscht wurden und werden, müssen sie auf ihre Echtheit überprüft werden, eine Notwendigkeit, die auch für viele andere Raritäten gilt. Unklar ist, auf welcher rechtlichen Grundlage der "tolle Christian" seine Propagandamünzen prägen ließ, denn er besaß kein Münzrecht, da er "nur" Bischof von Halberstadt und kein braunschweigischer Landesherr war.

Paderborn erhielt noch im Dreißigjährigen Krieg einen neuen, heute im Diözesanmuseum ausgestellten Liboriusschrein als Stiftung des in Dringenberg residierenden Landdrosten Wilhelm von Westphalen und seiner Ehefrau Elisabeth von Loe. Der im Stil des verloren gegangenen Schreins von Hans Krako neu geschaffene Behälter aus vergoldetem Silber und Kupfer für die Gebeine des Heiligen Liborius trägt die Inschrift DISE ARBEIT HABE ICH HANS KRAKO ZVM DRINGENBERGE GEMACHG VON SOLGEN DALER(N) ALS ·HIR VNDEN BI GELACHT SINDT · Ao 1627. Zwei dieser Pfaffenfeindtaler sind in die Stirnseite eingelassen.

Von den mit manchen Legenden umgebenen Geldstücken, auf denen ein geharnischter Arm mit Schwert aus Wolken herausschaut, gibt es zahlreiche Varianten und Abweichungen, und es kommen Nachprägungen aus der Zeit um 1671 vor, als sich Herzog Rudolph von Braunschweig-Wolfenbüttel mit dem Bischof von Münster, Christoph Bernhard von Galen, befehdete. Diese Stücke sind an einem Käppchen (Birett) an der Spitze eines Schwertes zu erkennen und erinnern an den Kampf der Protestanten gegen die Katholiken und speziell gegen die Jesuiten. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurden Nachprägungen von den Pfaffenfeindtalern angefertigt. Es kommen von der ursprünglich zur Bezahlung der herzoglichen Truppen, aber auch zur religiösen Propaganda zu Beginn des Dreißigjährigen Krieg verwendeten Silbermünzen auch Doppelstücke sowie Dukaten vor, die ausgesprochen selten und teuer sind. Da sie mitunter gefälscht wurden und werden, müssen sie auf Echtheit überprüft werden, eine Notwendigkeit, die auch für viele andere Stücke dieser Art gilt.

Verlier ich gleich Arm und Bein...

Unklar ist, auf welcher rechtlichen Grundlage der "tolle Christian" die Propagandamünzen prägen ließ, denn er besaß kein Münzrecht. In seinem Talerbuch von 1735 berichtet Michael Lilienthal über die Bedeutung des aus einer himmlischen Wolke ragende Arms und der Hand mit dem Schwert. Dass sich die Allegorie auf den Arm bezieht, den der "tolle Christian" im Krieg verloren hat, ist eine Legende, die aber näherer Prüfung nicht standhält. Angeblich soll der Herzog das Bild gewählt haben, weil ihm nach dem Verlust des einen Arms noch ein zweiter zu Gebote steht, um den "Papisten" zu trotzen. Dem habe auch ein anderer Taler mit der Aufschrift "Verlier ich gleich Arm und Bein, so will ich doch der Pfaffen Feind sein." Lilienthal bemerkt, dass eine solche Prägung nicht zum Vorschein gekommen sei.

Interesse verdient die "Vermarktung" der Münzen mit Hilfe von Flugblättern. Einige Drucke kombinieren das Porträt des "tollen Christian" mit der Wiedergabe eines Pfaffenfeindtalers und machen sie damit weithin bekannt. Doch auch die Literatur zu diesem Thema kennt ein niederländisches Flugblatt, das ebenfalls einen solchen abbildet und mit kleinen Bildern und einem langen Gedicht schildert, wie es zur "Transformation" des Paderborner Kirchensilbers in diese Spottmünzen kam. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Münsterschen Wiedertäufertaler von 1534 der Verbreitung der täuferischen Lehre dienten und wie die Pfaffenfeindtaler von 1622 nachgeprägt wurden. Die Porträts des so genannten Wiedertäuferkönigs Jan van Leyden und seiner Frau sind mit einem Wiedertäufertaler von 1534 aus Münster verbunden. (Fotos/Repros: Caspar)

12. März 2021

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