Barocke Rektorentaler aus Ragusa
Republik an der Adria trumpfte mit anonymen Stadtoberhaupt, dem Heiligen Blasius und Maria Theresia auf



Ragusa heißt seit 1921 Dubrovnik. Der dort verehrte Heilige Blasius ist überall in der Stadt präsent. Das quergestreifte Wappen unter der Krone schmückt verschiedene Bauwerke und ist auch auf zahlreichen Souvenirs vertreten. Als Zeichen der Souveränität hat die Stadt an der Adria auch einen stattlichen Roland aus Stein aufgestellt.



Die größte Münze von Ragusa hieß Brandan und hatte einen Wert von 1,5 Ducato. Geprägt wurde die rückseitig mit dem gekrönten Stadtwappen geschmückte Münze aus 566/1000 Silber mit Unterbrechung von 1725 bis 1743.



Wie ein vergrößerter Denar sieht die mit Unterbrechungen von 1683 bis 1750 und dann noch einmal von 1801 bis 1803 geprägte Perpera mit dem Motto TVTA SALVS (Sichere Rettung) aus. Die kleine Silbermünze wiegt etwa 5,4 Gramm und hat einen Feingehalt zwischen 566/1000 und 666/1000. Abgebildet sind der segnende Christus mit der Weltkugel in der Hand sowie der Heilige Blasius mit dem Bischofstab.



Die Rektorentaler sind alles andere als Meisterwerke barocker Stempelschneidekunst, aber das war auch nicht wichtig. Denn sie und viele andere Münzen von Ragusa waren bis in die Levante hinein verbreitet, aber sie kamen gegen höherwertige Nominale nicht an.



Die Libertas-Taler von Ragusa, auch Libertine genannt, mit dem Motto DVCE DEO FIDE ES IVST (Unter Führung Gottes, des Glaubens und der Gerechtigkeit) galten zwei Gulden. Sie wiegen 28,8 Gramm und haben einen Feingehalt um 600/1000 Silber. Mit der Übernahme eines jugendlichen Bildnisses der Kaiserin Maria Theresia traten sie in Konkurrenz mit den österreichischen Maria-Theresien-Talern. Das Wort LIBERTAS unter der Krone auf der Rückseite gab der Münze den Namen.



Die Struktur des von einer starken Mauer umgebenen Stadtstaates ist auf einem im Museum ausgestellten Gemälde aus der Vogelschau gut zu erkennen.



Der Sponza-Palast stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist eines der wenigen Bauwerke, die das Erdbeben von 1667 überstanden haben. Das frühere Zollamt beherbergt heute das Dubrovniker Stadtarchiv. Hier waren auch die Münze von Ragusa und ein Kerker untergebracht.



Eine lateinische Inschrift im Rektorenpalast besagt in freier Übersetzung, hier werde ausschließlich dem Anliegen der Allgemeinheit gedient, und alles Private müsse draußen bleiben.



Kroatien prägt interessante Münzen, auf denen landestypische Tiere und Pflanzen abgebildet sind. Die Währungsbezeichnung Kuna bezieht sich auf den Marder, der auf der Wertseite abgebildet ist. (Fotos/Repros: Caspar)

Kroatien, das Land der 1158 Inseln, wird von Einheimischen und Besuchern als "Perle der Adria" gelobt und steckt voller Sehenswürdigkeiten und Naturreichtümer. Vier historische Bauensembles - von den Resten des Palasts des römischen Kaisers Diocletian in Split über die aus der Renaissance stammende Kathedrale des Heiligen Jakob in Sibenic bis zu den Altstädte von Porec und Dubrovnik, das bis 1918 Ragusa hieß - stehen auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes. Nach vielen Querelen wurde Kroatien 2013 Mitglied der Europäischen Union. Wann das Land seine traditionelle Kuna-Währung aufgibt und den Euro einführt, ist nicht bekannt. Schon jetzt kann man dort mühelos mit unserer Gemeinschaftswährung bezahlen. Eine Kuna (deutsch Marder) entspricht 100 Lipa (Linde). Der Name der Kuna bezieht sich auf die Verwendung von Marderfellen als Pelzgeld im Handel sowie bei der Bezahlung von Abgaben und Steuern.

Der Reichtum, den die Bewohner der Handelsmetropole Ragusa im Laufe der Jahrhunderte anhäuften, äußert sich in den repräsentativen Sakral- und Profanbauten aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, die durch eine fast zwei Kilometer lange, als Aussichtsplattform genutzte Stadtmauer geschützt werden. Zeitweilig von der Republik Venedig unterworfen und von dieser geprägt beziehungsweise dem Osmanischen Reich zu Tributzahlungen verpflichtet, gelang es Ragusa über mehrere Jahrhunderte, seine Souveränität zu bewahren. Erst das Vordringen der Franzosen unter Napoleon Bonaparte in den Mittelmeerraum vor und nach 1800 machte der Herrlichkeit ein Ende. Dalmatien und Ragusa sowie Istrien und Slowenien wurden als Illyrische Provinz dem französischen Imperium einverleibt.

Stolzer Stadtstaat, kleines Provinznest

Nach der Entmachtung Kaiser Napoleons I. im Ergebnis der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 gelang es Ragusa nicht, seine Selbstständigkeit zurückzuerlangen. Vielmehr wurden der Stadtstaat und weitere Ländereien an der Adria dem österreich-ungarischen Vielvölkerstaat zugeschlagen, und der ehemals so stolze Stadtstaat Ragusa sank auf das Niveau eines kleinen Provinznestes herab. Stummer Zeuge ehemaliger Größe ist im Zentrum der Stadt eine Rolandfigur. Wie in etlichen deutschen Städten, so sieht man auch im heutigen Dobrovnik in dem stehenden Ritter ein Sinnbild von Stärke, Unabhängigkeit und Beständigkeit.

Dass man im alten Ragusa beziehungsweise heutigen Dubrovnik schon immer sehr geschichts- und traditionsbewusst war, zeigen die Mühen, die Stadt nach dem verheerenden Erdbeben von 1667 stilgerecht unter Verwendung historischer Steine und Skulpturen wieder aufzubauen. Mit dem Naturereignis begann der Niedergang der Stadtrepublik. Beim Rundgang ist zu erfahren, dass die Stadt und ihre Umgebung im Krieg von 1991 schwer unter serbischem Beschuss geriet und außerordentlich gelitten hat. Der kroatische Staat unternahm mit großer ausländischer Unterstützung alles und hatte Erfolg, die schrecklichen Wunden dieses Krieges zu heilen.

Amtswechsel nach einem Monat Münzsammlern mögen die Rektorentaler bekannt sein, die Ragusa zwischen 1743 und 1799 mit einigen Unterbrechungen schlagen ließ. Da die Universität von Dubrovnik erst 2003 gegründet wurde, kann auf den mit einem Porträt und dem Stadtwappen geschmückten Silberstücken kein Universitätsleiter abgebildet sein. An der Spitze der Respublica Ragusina, so der lateinische Name der Kommune, stand ein "Rektor". Das Wort lateinischen Ursprungs ist mit Rex (König) verwandt; abgeleitet sind die Worte regieren, Regent und Regal. Der aus der adligen Oberschicht des Staatstaates stammende Rektor übte das Amt nur einen Monat aus, um dann seinen Stuhl einem Standesgenossen freizumachen. Im Umlaufverfahren kamen immer wieder die gleichen Personen, die ein einwandfreies, gottgefälliges Leben führen mussten, in das Rektorenamt.

Während der einmonatigen Tätigkeit durfte der Rektor seinen Amtssitz nicht verlassen, es sei, dass er einen amtlichen Termin in der Stadt hatte. Im Rektorenpalast, der zu den schönsten Gebäuden von Dubrovnik gehört, heute als Konzert- und Veranstaltungshalle dient und auch ein Museum beherbergt, empfing der Rektor ausländische Gesandte. Er beriet sich mit Spitzenvertretern der Verwaltung und nahm jeweils am Abend in einer feierlichen Zeremonie die Schlüssel der Stadttore an sich, um sie am Morgen der Stadtwache wieder auszuhändigen. Beim Besuch kann man die eisernen Utensilien sowie Urkunden und andere Hinterlassenschaften betrachten.

Mit Perücke und faltenreichem Talar

Die barocken Rektorentaler bilden keine konkrete Person ab, so wie auch Heiligenfiguren keine realistischen Porträts sind. Vielmehr ist auf ihnen in unterschiedlichen Versionen das Brustbild eines Mannes mittleren Alters zu sehen, der eine langwallende Perücke und einen faltenreichen Talar trägt. Das Kleidungsstück aus rotem Samt ist im Rektorenpalast ausgestellt. Es gehört zu den Eigenheiten in der Geschichte der Adriarepublik, dass sie keinem ihrer Oberhäupter je ein Denkmal errichtet hat, und wenn sie sich noch viele Verdienste um die Stadt und ihre Bürger erworben haben. Daher wird man auf den Rektorentalern vergeblich den Namen eines Politikers suchen, anders als man es in der Republik Venedig handhabte, deren Münzen wenigstens den Namen des jeweiligen Dogen in Kombination mit dessen Bildnis und dem geflügelten Markuslöwen tragen.

Einzelheiten über die Vielfalt und Eigenheiten der Ragusaner Münzen, die in unterschiedlichen Größen, Werten und Metallen geprägt wurden, vermittelt das Buch von Boze Mimica "Numizmaticka Povijest Dubrovnika - Historia Ragusiana in Nummis" (Rijeka 1994). Prägestätte war der Sponza-Palast neben dem Rektorenpalast und dem Dom Mariä Himmelfahrt. Vom Inventar der bis zum Untergang der Republik Ragusa in den Wirren der napoleonischen Kriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts betriebenen Geldfabrik ist nichts erhalten, lediglich künden die in zahlreichen Varianten existierenden Münzen davon, dass die Prägefabrik viel zu tun hatte. Die Rektorentaler wurden in großen Stückzahlen hergestellt und waren im Mittelmeerraum weit verbreitet. Weil sie auch heute relativ häufig sind, werden sie zu mäßigen Preisen angeboten. Allerdings kommen die meisten Stücke recht abgegriffen vor, was auf lange Umlaufzeiten hinweist.

Die Rektorentaler mit gestreiftem Stadtwappen unter einer Krone auf der Rückseite waren hauptsächlich für den Handel mit der Levante, also dem Vorderen Orient, bestimmt. Da sie bei einem Gewicht von etwa 28 Gramm je nach Ausgabezeit nur einen Feingehalt von 566 bis 600 Tausendteilen hatten, konnten sie mit den höherwertigen, ebenfalls für die Levante bestimmten Maria-Theresien-Talern aus Österreich und ähnlichen Nominalen nicht konkurrieren, die seit dem 18. Jahrhundert die Mittelmeerregion überschwemmten. Diese und weitere Konventionstaler enthielten bei einem Gewicht von 23,3 Gramm immerhin rund 21 Gramm Silber.

Maria Theresia und der Heilige Blasius

Um am Erfolg der mit dem Bildnis der römisch-deutschen Kaiserin Maria Theresia geschmückten, bis heute mit der Jahreszahl 1780 nachgeprägten Talern partizipieren zu können, änderte Ragusa im ausgehenden 18. Jahrhundert das Design und brachte 1791 und 1795 einen so genannten Ducato nuovo mit dem Bildnis einer Stadtgöttin heraus, für die das Bildnis der Maria Theresia Pate stand. Auf der Rückseite dieses doppelten Scudo mit einem Gewicht von rund 28,8 Gramm und einem Feingehalt von 601 Tausendteilen ist unter einer Krone in einer Art Wappenschild das Wort LIBERTAS (Freiheit) vermerkt, und die Umschrift beschwört Gottes Führung, Treue und Recht. Münzen mit patriotischen Sprüchen und Freiheitsymbolen auszustatten, war nach der Revolution von 1789 in Frankreich en vogue. In der Literatur über italienische und andere Münzen der Region und in Auktionskatalogen findet man ziemlich schnell die passenden Stücke.

Vorläufer der Rektorentaler waren die Sankt-Blasius-Taler, die von 1725 bis 1743 in großen Mengen aus minderwertigem Silber geprägt wurden. Der Name weist auf den auf der Vorderseite in einem Bischofsornat dargestellten Bischof Blasius, der in Ragusa als Stadtheiliger verehrt wurde und auch im heutigen Dubrovnik durch Skulpturen und Gemälde präsent ist. Über dem Portal der barocken Sankt-Blasius-Kirche hebt der Heilige, der zu den 14 Nothelfern zählt, segnend seine Hand, und auch über dem Stadttor ist seine Figur aufgestellt.

Der Heilige Blasius war Bischof von Sebaste, dem heutigen Sivas in der Türkei. Während der Christenverfolgung unter Kaiser Licinius erlitt er im Jahr 316 nach Christus den Märtyrertod. Da er ursprünglich Arzt war und nach der Legende einen Knaben, der eine Fischgräte verschluckt hatte, vor der Erstickung gerettet haben soll, verehrte man ihn als Schutzpatron der Kranken und speziell der unter Halsschmerzen leidenden Menschen. Doch auch Ärzte, Bäcker, Maurer, Schneider sowie Bildhauer und andere im Bauwesen tätige Handwerker riefen den heiligen Mann um Hilfe an, dessen Namenstag jeweils am 3. Februar in Dubrovnik mit einer großartigen Prozession gefeiert wird. Münzen von Ragusa sind hierzulande selten im Angebot, ab und zu findet man einen Rektorentaler, weniger einen Sankt-Blasius-Taler und kaum die seinerzeit in großen Stückzahlen geprägten Werte vom Scudo und Ducato abwärts bis zu Halb- und Viertelstücken und noch kleineren Werte. In Antiquitätengeschäften in Dubrovnik und auf Trödelmärkten wird man die Münzen nicht finden, wohl aber Nachgüsse aus Bronze.

Völkermord, Vertreibung, Bruderkrieg

Nach dem Ende der k. und k. Monarchie 1918 schlossen sich Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Bosnien, Herzegowina und weitere bisher von den Habsburgern beherrschte Territorien mit Serbien und Montenegro zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen zusammen. Ragusa verlor seinen Traditionsnamen und heißt seit 1921 Dubrovnik. Das Zusammenleben der Völker mit unterschiedlicher Geschichte und Kultur in dieser Monarchie beziehungsweise ab 1928 im Königreich Jugoslawien war von Rivaliäten, Nationalismus und politischen Morden geprägt. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dessen Verlauf die faschistische Ustaschabewegung einen von Nazideutschland abhängigen Vasallenstaat bildete und weitere Inseln und Landesteile in und an der Adria dem von Mussolini geführten italienischen Staat zugeschlagen wurden, gehörte das aus sechs Volksrepubliken bestehende Jugoslawien zu den blockfreien Staaten. Staatschef Josip Broz Tito, ein ehemaliger Partisanenführer, schlug den Weg des "gemäßigten Kommunismus" ein und machte sich bei den Machthabern in Moskau und den Ostblockstaaten unbeliebt. Als Tito 1980 starb, entfiel ein wichtiger Stabilisierungsfaktor. Die Spannungen zwischen den Teilrepubliken mündeten 1991 in einen Krieg zwischen Serbien und den sich für unabhängig erklärten Kroaten. Dabei kam es auf beiden Seiten zu Völkermord und Vertreibung. Noch heute kann man überall in Kroatien Spuren dieses Krieges erkennen, und viele Familien beklagen bi heute die Toten dieses sinnlosen und verlustreichen Bruderkrieges.

2. April 2021

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