Strahlen, Bären und die Magd über der Burg
Redende Wappen erleichtern die Identifizierung von Münzen und bilden ein reizvolles Sammelgebiet



Der dreifache Strahl und der Bär symbolisieren auf Pfennigen die Städte Stralsund und Bern.



Silbermünzen aus Magdeburg, Stralsund, Einbeck und Hameln sind an ihren Wappen und an dem Buchstaben E gut zu erkennen.



Der Falke ist auf dem Brakteaten das redende Wappen der der Herren von Falkenstein. Der Brakteat daneben zeigt einen Löwen in einer romanischen Architekturkulisse und spricht in der Ich-Form zum Betrachter.



Der Glückstädter Taler von 1629 verwendet die auf einer Kugel schwebende Glücksgöttin Fortuna als redendes Wappen.





Stolz thront die Henne auf dem Henneberger Bergbautaler von 1698 über einer Bergbaulandschaft, und auf dem Schaffhauser Taler von 1590 springt ein Schaf oder Bock aus einer Tür.



Das Mondgesicht ist das Symbol von Lüneburg auf einem Taler von 1546. Die kleine Gans über der Stadtburg auf der Vorderseite ist das Zeichen des Münzmeisters Hermann Gante. (Fotos: Caspar)

Wenn Münzen und Medaillen zu bestimmen sind, spielen Wappen, sofern vorhanden, eine große Rolle. In der Literatur sind diese Hoheitszeichen, deren Kenntnis für Münzfreunde nützlich ist, ausführlich beschrieben und abgebildet. Häufig taucht in der heraldischen und numismatischen Literatur der Begriff "redende Wappen" auf. Beispiele auf geprägtem Metall aufzuspüren und zu sammeln kann viel Spaß und geistigen Gewinn bringen. Wenn Münzen und Medaillen zu bestimmen sind, spielen Wappen, sofern vorhanden, eine große Rolle. In der heraldischen Literatur sind diese Hoheitszeichen beschrieben und abgebildet. Redende Wappen begegnen uns auf zahlreichen Prägungen und versinnbildlichen auf mehr oder weniger deutliche Weise den Namen des Wappeninhabers. Solche Darstellungen gab es bereits bei den alten Griechen, und wie im Altertum, so begegnen uns auch im Mittelalter und in der Neuzeit redende Wappen auf Geldstücken in Gestalt von Tieren, Pflanzen oder Waffen, manchmal auch nur als Buchstaben.

"Redend (nicht ,sprechend') nennt man ein Wappen", so schrieb Curt O. von Querfurth ein wenig umständlich in seinem "Kritischen Wörterbuch der Heraldischen Terminologie" (Nördlingen 1872), "durch welches entweder der Name des Wappeninhabers, oder auch irgend eine mit Verleihung oder mit Umbildung oder Vermehrung oder überhaupt absichtlicher Veränderung des Wappens zusammenhängende Thatsache durch das Wappen selbst, sei es nun im Schilde, im Kleinode oder in den Schildhaltern bildlich oder symbolisch dargestellt oder gleichsam abgespiegelt wird, und kann man sonach die redenden Wappen in eigentliche ,Namen-Wappen' und in historisch redende Wappen eintheilen". Kurt Regling schreibt im "Wörterbuch der Münzkunde" (Berlin 1930), dass es redende Abzeichen und Symbole schon bei den Griechen gegeben hat. So habe die Stadt Rhodos eine Rose im Wappen geführt. In Abdera wählten die Beamten Dionysas und Apollas einen Dionysos beziehungsweise einen Apollon als ihre Zeichen. Regling erinnert daran, dass bei den Römern, mehr noch bei den Griechen "oft weit hergeholte und unrichtige Etymologien des Beamtennamens zur Wahl des Bildes führten".

Ich bin Heinrich von Braunschweig, der Löwe

Ein Grund für die Übertragung eines Namens in ein Bild mag gewesen sein, dass vor langer Zeit der überwiegende Teil der Bevölkerung des Lesens und Schreibens unkundig war, wohl aber wissen wollte und sollte, woher ein Denar, Pfennig oder Groschen, ein Dukat oder Taler stammt. Ein berühmtes Beispiel für die Verwendung redender Wappen sind Münzen Herzog Heinrichs des Löwen. Die Löwenpfennige weisen auf den Beinamen dieses machtbewussten Herrschers, der es wagte, Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Stirn zu bieten, worauf er geächtet wurde. Auf einer besonders prächtigen Münze erscheint der Löwe, eingerahmt in romanische Architektur, nicht nur als redendes Wappen, denn der Herzog "spricht" selbst. Die ins Deutsche übersetzte Umschrift lautet: "Ich bin Heinrich von Braunschweig, der Löwe".

Es gibt weitere Beispiele für "redende" Münzen mit Inschriften wie "Otto hat mich gemacht" oder "Ich bin ein Denar des Robert". Bedeutende Zeugnisse der Stempelschneidekunst sind auch die mit Falken und Adlern geschmückten Brakteaten der Herren von Falkenstein und Arnstein, die ebenfalls Bezug auf den Namen der jeweiligen Münzherrn nehmen. Als im Jahre 1252 die oberitalienische Stadt Florenz damit begann, rund 3,5 Gramm schwere Goldmünzen zu prägen, wurde die Lilie als Symbol der Stadt und Anspielung auf ihren Namen die Lilie gewählt. Dieses redende Wappen auf der Rückseite des Goldstücks gab dem Floren den Namen und wurde in anderen Ländern nachgeahmt. Das Florentiner Design mit Johannes dem Täufer beziehungsweise der Lilie taucht auf vielen Goldstücken jener Zeit von Lübeck bis Ungarn auf.

Die Ende des 15. Jahrhunderts aufkommende Talerprägung bot den Stempelschneidern mehr Spielraum, ihr Können zu entfalten, als es bisher bei den kleineren Gulden, Groschen und Pfennigen möglich war. Prächtige Wappenschilder wurden auf Münzen obligatorisch, und in vielen Fällen kann man vor allem bei städtischen Prägungen schon beim ersten Hinschauen sagen, woher sie kommen. So weisen die Magd über der Burg auf Magdeburg, das Mondgesicht auf Lüneburg (Lunaburg) und der dreifache Strahl auf Stralsund. Das aus einem Haus springende Schaf symbolisiert Schaffhausen, und auch die auf einer Kugel stehende Glücksgöttin Fortuna erinnert an die von den Dänen gegründete Stadt Glückstadt. Hinzu kommt die auf einem kleinen Berg sitzende Henne als Wappenzier der Grafschaft Henneberg, und auch im Falle der Münzen der elsässischen Stadt Thann ist die Zuordnung nicht schwer, wo eine Tanne als redendes Wappen fungiert.

Spezielle Monogramme von Münzmeistern

Wer sich mit den Wappen von Beilstein (Beil), Bern und Berlin (Bär), Buchhorn (Baum und Horn), Hammerstein (Hammer), Lindau (Lindenblatt), Löwenberg (Löwe), Minden (Minze) und vielen anderen Herrschaften und Städten befasst, kann ähnliche Beobachtungen machen. Nicht immer ist die Zuordnung von Wappenschildern einfach. Bei der Stadt Isny etwa muss man eine Verbindung zwischen dem Namen und einem Hufeisen herstellen. Schwer erklärlich ist auch der auf Steinen stehende Elefant im Wappen der schwäbischen Grafschaft Helfenstein. Wenn man aber weiß, dass der Rüsselträger früher Helfant hieß, ist das Rätsel schon gelöst.

Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass sich auch viele Münzmeister und Münzbeamte "redender" Symbole und Monogramme auf die von ihnen gefertigten Gepräge bedienten. Erklärungen finden sich in zahlreichen Lexika und Münzkatalogen. Die individuelle Kennzeichnung hörte auf, als Regierungen immer die gleichen Buchstaben für ihre Münzen festzulegen. Schaut man sich deutsche Münzen mit dem "A" an, dann sollte man allerdings wissen, dass sie nicht aus Aachen oder Augsburg kommen, sondern aus Berlin. 1750 verordnete der preußische König der ersten Münzstätte seines Reiches den ersten Buchstaben des Alphabets, und dabei ist es bis heute geblieben.

Auch Buchstaben als Logo verwendet

In der Welt der redenden Wappen gibt es Beispiele für die Verwendung von Buchstaben als Logo für ein Land oder eine Stadt. Genannt seien das E auf Münzen von Einbeck, das G bei Göttingen, das H bei Hameln, das N bei Nördlingen und Northeim, das O bei Osterode, das P bei Passau, Perugia und Pisa, das Q bei Quedlinburg, das R bei Rostock und schließlich das T bei Tarragona, Tortola und Toul sowie das W auf Münzen von Breslau, lateinisch Wratislavia, und Donauwörth, das sich früher Donauwerda oder Werda nannte. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass manche Münzmeister und Münzbeamte "redende" Symbole und Monogramme auf die von ihnen gefertigten Gepräge setzten. Erklärungen finden sich in zahlreichen Lexika und Münzkatalogen. Die individuelle Kennzeichnung hörte auf, als Regierungen immer die gleichen Buchstaben für ihre Münzen festlegten.

29. April 2021



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