Sammler kennen die eine oder andere nur als Probe hergestellte Münzen, und manche Projekte kamen nicht einmal über das Stadium des Entwurfs hinaus. So erging es auch einer Gedenkprägung, die die DDR dem berühmten Ausgräber von Troja und Mykene widmen wollte. Aus dem Plan wurde nichts. Denn am 3. Oktober 1990 war der zweite deutsche Staat durch seinen Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland Geschichte. Zur Ausprägung der Schliemann-Münze kam es daher nicht mehr. Mit ihr blieben auch andere Projekte dieser Art auf der Strecke. Was da entworfen und diskutiert wurde, ist im Archiv der Kreditanstalt für Wiederaufbau am Berliner Gendarmenmarkt dokumentiert. Die Entwürfe zeigen das Porträt des Archäologen sowie Gefäße aus Mykene, das dort entdeckte Löwentor aus der der Mitte des 13. Jahrhunderts vor Christus und weitere Motive. Schaut man genauer hin, dann fehlen Bilder vom berühmten Schatz des Priamos, denn der befand sich damals und leider auch heute im Moskauer Puschkin-Museum. Stücke daraus auf einer DDR-Münze abzubilden, wäre von der Sowjetunion als Affront aufgefasst worden.
Der aus armen Verhältnissen in Mecklenburg stammende, überaus sprachbegabte und clevere Schliemann war in Russland als Handelsmann reich geworden und in Nordamerika mit der Vermarktung des dort gefundenen Goldes und mit dem Import von Tee befasst. Er war ein wahrer "Selfmademann von pionier-amerikanischen Ausmaß", wie C. W. Ceram seinem mehrfach aufgelegten Buch "Götter, Gräber und Gelehrte. Roman der Archäologie" schreibt. In Windeseile eignete er sich mehrere Sprachen an und konnte auch das Neu- und das Altgriechische fließend sprechen und schreiben.
Sensationeller Goldschatz
Zielgerichtet ging Schliemann daran, den Traum einer Kindheit zu erfüllen, quasi mit Homers "Ilias" in der Hand, das sagenhafte Troja zu finden und auszugraben. Nachdem er das Terrain erkundet hatte, grub er ab 1870 in Troja und meldete drei Jahre später in deutschen und ausländischen Zeitungen, er habe dort einen sensationellen Goldschatz entdeckt. Zu seiner Zeit hielt man Homer für eine mythische Figur und zweifelte an dem, was er über den Trojanischen Krieg geschrieben hat. Mit seinen Funden an die Öffentlichkeit zu treten und sie mit den Gesängen in der "Ilias" und den dort vorkommenden Helden in Verbindung zu bringen, war mutig und trug Schliemann sowohl Tadel als auch Bewunderung ein.
Geschickt nutzte Heinrich Schliemann die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich stark entwickelnde Massenpresse im In- und Ausland und das große Interesse der Öffentlichkeit an archäologischen Grabungen, um den "Mythos Troja" in die Welt zu tragen und sich als großartiger Visionär, Ausgräber und Geschichtsforscher zu inszenieren. Die von ihm hergestellte Verbindung seiner Funde mit Gestalten aus Homers Dichtung wie "Haus des Priamos" oder "Skälisches Tor" erhöhten die Wirkungsmacht seiner Grabungen und steigerte seinen Ruhm. Die Zuschreibungen waren gewagt, Schliemann einige später revidiert. Kurz vor seinem Tod im Jahr wurde deutlich, dass es sich bei den sagenhaften Goldfunde um die Hinterlassenschaften eines Herrschers handelt, der lange vor Priamos gelebt hat. Da war aber die Zuschreibung in der Welt, und sie wird dort auch bleiben!
Nach wie vor im Moskauer Museum
Heinrich Schliemann hatte die Aufsehen erregenden trojanischen Funde 1881 "dem Deutschen Volke zu ewigem Besitze und ungetrennter Aufbewahrung in der Reichshauptstadt" geschenkt. Kaiser Wilhelm I. bedankte sich bei dem zum Berliner Ehrenbürger ernannten Ausgräber und legte fest, dass die Fundstücke im Museum für Völkerkunde für immer ausgestellt werden sollen. Während des Zweiten Weltkriegs zunächst in einem Berliner Banktresor und dann im Flakturm im Ortsteil Tiergarten, bekannt auch als Zoobunker, eingelagert, fielen drei mit dem trojanischen Gold gefüllten Kisten der von Stalin eingesetzten Kunstbeutekommission der Roten Armee in die Hände. Der damalige Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte, Wilhelm Unverzagt, konnte den Abtransport nicht verhindern. Das Neue Museum mit dem darin befindlichen Museum für Vor- und Frühgeschichte und dem Ägyptischen Museum wurde nach seinem die alte Substanz weitgehend berücksichtigenden Wiederaufbau 2009 der Öffentlichkeit übergeben. Zu den dort gezeigten Highlights gehören die Büste der altägyptischen Königin Nofretete und ein kegelförmiger Goldhut, der in der späten Bronzezeit von Priestern im Zusammenhang mit dem Sonnenkult getragen wurde. So weit möglich, wurden die historischen Räume, hier der Niobidensaal, wiederhergestellt.
Offiziell hat die sowjetische Seite behauptet, dass die noch aus der Bronzezeit stammenden Goldschmiedarbeiten Kriegsverlust sind, weshalb die Suche nach ihnen unterblieb. Erst in den späten 1980er Jahren sickerte durch, dass sich der Schatz im Moskauer Puschkin-Museum befindet, und so konnten die zuständigen Stellen seine Existenz nicht mehr abstreiten. Berliner Museologen haben ihn 1994 vor Ort gesehen, doch ihr Antrag auf Rückgabe hatte keinen Erfolg. Wer die Originale sehen möchte, muss nach Moskau fahren, aber die Kopien im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte tun es auch.
Nicht verwirklichte Entwürfe
Im Konzernarchiv der KfW Bankengruppe befinden sich Entwürfe von nicht veröffentlichten beziehungsweise nicht genehmigten Gedenk- und Umlaufmünzen der DDR. Sie waren von der damaligen Partei- und Staatsführung aus künstlerischen, ästhetischen oder politischen Gründen abgelehnt worden oder konnten nach der Währungsunion am 1. Juli 1990 und der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 nicht mehr realisiert werden. In DDR-Archiven müssten sich Gründe finden lassen, wie die einzelnen Entscheidungen zustande kamen. Ein schöner Plan war nicht nur die Schliemann-Münze von 1990, sondern auch Fünfmarkmünzen von 1992 mit Ansichten des Erfurter Dombergs mit dem Dom und der Severikirche beziehungsweise einem gotischen Portal der Erfurter Universität, an der Martin Luther und viele andere Berühmtheiten studiert hatten. Auf der Strecke blieben auch Pläne, dem Konstrukteur des Otto-Motors, Erfinder des nach ihm benannten Motors, Nikolaus Otto, eine gleichwertige Münze zu widmen. Das Modell einer Münze mit der Ansicht der Neuen Synagoge an der Oranienburger Straße in Berlin lag 1990 bereit, zur Prägung ist es aber aus politischen Gründen nicht mehr gekommen.
Siehe auch Eintrag auf dieser Internetseite (Museen/Ausstellungen) vom 10. Oktober 2021
11. Oktober 2021
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